Entscheidungsstichwort (Thema)
Halbteilungsgrundsatz bei der Erbschaftsteuer (ErbSt)
Leitsatz (redaktionell)
Der Halbteilungsgrundsatz gilt nicht bei der Erschaftsteuer.
Normenkette
GG Art. 14
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist die Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuergesetzes wegen eines angeblichen Verstoßes gegen den sog. Halbteilungsgrundsatz.
I.
Der Kläger ist zu ¼ gesetzlicher Miterbe seiner am 5. Februar 2004 verstorbenen Tante … (Erblasserin). Der Nachlass bestand überwiegend aus Bankguthaben und Wertpapieren. Mit Erbschaftsteuerbescheid vom 22. Juli 2005 setzte der Beklagte (das Finanzamt –FA–) für einen steuerpflichtigen Erwerb von 92.800 EUR Erbschaftsteuer in Höhe von 15.776 EUR fest (Steuersatz 17 %).
Der Kläger trägt mit seiner Sprungklage, der das FA fristgerecht zugestimmt hat, unter Hinweis auf … ZEV 2005, 1 ff vor, dass das Erbschaftsteuergesetz wegen Verstoßes gegen Art. 14 Grundgesetz verfassungswidrig sei aufgrund seiner Steuersätze, zumindest in seinem Fall, soweit eine Steuer über 15.000 EUR festgesetzt worden sei.
Mit dem dem streitgegenständlichen Bescheid zugrunde liegenden Nachlassvermögen in Höhe von ca. 100.000 EUR ließen sich Erträge von maximal 6 % p.a. erzielen. Diese unterlägen grundsätzlich einer Einkommensbesteuerung mit einem Grenzsteuersatz in Höhe von –jedenfalls zukünftig – 42 %. Der Barwert der zukünftigen Bruttoerträge bei einer typisiert zugrunde liegenden Nutzungsdauer von 30 Jahren betrage ca. 92.000 EUR bei einem Abzinsungsfaktor von 5 % p.a. Die Gesamtsteuerlast dürfe höchstens die Hälfte, mithin 46.000 EUR betragen. Die abgezinste Ertragsteuerlast betrage ca. 38.500 EUR, mithin verblieben für die Belastung mit weiteren Steuern noch ca. 7.500 EUR. Eine Erbschaftsteuer in Höhe von 15.776 EUR sei daher entschieden zu hoch und führe zur Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes, mithin wegen Verstoßes gegen das grundrechtlich geschützte Erbrecht zur Rechtswidrigkeit der Steuererhebung.
Der Kläger beantragt,
den Erbschaftsteuerbescheid vom 22. Juli 2005 auf 15.000 EUR herabzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt
Klageabweisung.
Am 12. Oktober 2005 hat vor dem Senat mündliche Verhandlung in öffentlicher Sitzung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift vom gleichen Tage wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist nicht begründet.
Die streitgegenständliche Besteuerung verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Der für das Ertragsteuerrecht geltende Halbteilungsgrundsatz (s. Bundesverfassungsgericht – BVerfG –. Beschluss des 2. Senats vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91, BStBl II 1995, 655) gilt nicht für die Erbschaftsteuer (so auch Schmidt/Seeger, EStG, § 2 Rz. 12; Moench, ErbStG, Einführung Rz. 6). Die Aussagen des BVerfG zur Vermögensteuer lassen sich nicht auf die Erbschaftsteuer übertragen. Bei der Vermögensteuer wird nämlich laufend der Sollertrag erfasst (s. BVerfG, a.a.O., BStBl II 1995, S. 662), so dass sie zu den übrigen Steuern auf den Ertrag zählt (s. BVerfG, a.a.O., BStBl II 1995, S. 661 r. Spalte), während bei der Erbschaftsteuer einmalig eine (anfallende) Vermögenssubstanz erfasst wird (sofern eine Bereicherung vorliegt). Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das BVerfG (2 BvR 552/91, BStBl II 1995, 671) lediglich betont, dass die Erbschaftsteuer nicht konfiskatorisch wirken dürfe (BVerfG, a.a.O., BStBl II 1995, 673; s.a. BFH-Beschluss vom 11. März 1998 II B 59/97, BStBl II 1998, 395, wonach das BVerfG sich bei seinem Urteil nicht auf das Übermaßverbot gestützt habe).
Die Folgerungen des Klägers, wonach die Erbschaftsteuer nur auf die Ertragsfähigkeit des vererbten Vermögens zugreifen darf, sind demnach unzutreffend. Ein Steuersatz von nur 17 % der geerbten Substanz wirkt nicht erdrosselnd, zumal auch noch ein Freibetrag in Höhe von 10.300 EUR gewährt wurde. Der BFH hat sogar eine Belastung mit knapp 70 % des Erwerbs nicht als gegen das Willkür- und Übermaßverbot verstoßend angesehen (s. Urteil vom 30. Mai 2001 II R 4/99, BStBl II 2001, 606).
Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Wegen Fehlens grundsätzlicher Bedeutung war die Revision nicht zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 1453732 |
EFG 2006, 131 |
DB 2006, 363 |
DStZ 2006, 60 |