Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine doppelte Berücksichtigung behinderungsbedingter Heimunterbringungskosten als außergewöhnliche Belastung. Kein Doppelabzug von Heimunterbringungskosten und Behindertenpauschbetrag. Einkommensteuer 1997 (2. Rechtsgang)
Leitsatz (amtlich)
Macht ein Steuerpflichtiger einzeln aufgelistete krankheitsbedingte Heimunterbringungskosten als außergewöhnliche Belastung (gem. § 33 EStG) geltend, kann er nicht daneben auch noch den erhöhten Behindertenpauschbetrag gem. § 33 Abs. 3 Satz 3 EStG in Abzug bringen.
Normenkette
EStG §§ 33, 33b Abs. 3 S. 3
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 1997 vom 15.6.1998 in Gestalt der EE wird in der Weise geändert, dass die Einkommensteuer auf 1.092 DM herabgesetzt wird.
2. Der Kläger trägt ¼ und der Beklagte ¾ der Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens im ersten Rechtsgang.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist im 2. Rechtsgang, inwieweit Heimunterbringungskosten eines Schwerbehinderten als außergewöhnliche Belastung in Abzug gebracht werden können und ob daneben der Behinderten-Pauschbetrag nach § 33 b Abs. 3 EStG gewährt werden kann.
Der am 27.12.1922 geborene Kläger (Kl) ist pensionierter Finanzbeamter. Er ist im Besitz eines Schwerbehindertenausweises, der u. a. mit den Merkmalen G, aG und H versehen ist. In einem Nachtrag zur Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1997 machte er Aufwendungen für seine Unterbringung im Wohnstift … in Höhe von 30.060 DM (42.060 DM ./. 12.000 DM Haushaltsersparnis) als außergewöhnliche Belastung geltend. Die Heimkosten betrugen im ersten Halbjahr 1997 monatlich 3.479 DM und im zweiten Halbjahr monatlich 3.531 DM. Zusätzlich fielen noch Nebenkosten für Strom und Telefon an. Außerdem hatte der Kl, wie die anderen Heimbewohner auch, einen monatlichen Pflegekostenzuschlag in Höhe von 30 DM zu zahlen. Eine Beihilfeleistung des Staates für die monatlichen Zahlungen an das Wohnstift erhielt der Kl nicht.
Im Einkommensteuerbescheid 1997 vom 15.6.1998 berücksichhtigte der Beklagte (Finanzamt – FA –) die geltend gemachten Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung. Lediglich der Pauschbetrag gem. § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG für hilflose Behinderte in Höhe von 7.200 DM sowie der Pflegepauschbetrag gem. § 33b Abs. 6 Satz 1 EStG in Höhe von 1.800 DM wurden gewährt.
Im Einspruchsverfahren beantragte der Kl statt der Pauschbeträge die tatsächlichen Kosten der Heimunterbringung in Ansatz zu bringen. Außerdem legte er einen Bescheid des Versorgungsamtes München II vom 17.8.1990 vor, in dem dem Kl ab 1.6.1990 wegen verstärkter Hilflosigkeit eine Pflegezulage nach Stufe II zugestanden wurde. In den Gründen ist ausgeführt, dass ein außergewöhnliches Pflegebedürfnis im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 2 BVG bestehe.
Ferner trug der Kl vor, dass er 1991 mit 69 Jahren nicht aus Altersgründen in das Wohnstift eingezogen sei, sondern ausschließlich deshalb, um seine Behinderung bzw. Krankheit (Amputation des rechten Oberarms und des rechten Unterschenkels, Bandscheibenoperation, Handoperation, dreimalige Krebsoperationen) erträglicher zu gestalten. Als Schwerstbehindertem (Kriegsbeschädigter mit MdE von 100%) komme ihm die Struktur des Wohnstiftes sehr entgegen. Er habe sich aber Kosten aufbürden müssen, die ihm als Gesundem niemals entstanden wären. Mit Schreiben vom 15.9.1998 legte der Kl eine Kostenübersicht über zusätzliche Leistungsangebote (insbesondere über Pflegeleistungen) des Wohnstiftes samt Anlagen vor, auf die Bezug genommen wird. Derartige Leistungen wurden vom Kl im Streitjahr nicht in Anspruch genommen.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung –EE– vom 30.10.1998).
Mit der Klage im ersten Rechtsgang (Aktenzeichen: 1 K 4839/98) wurde vorgetragen, dass der Kl an verschiedenen Krankheiten leide. Hierzu gehörten Gefühllosigkeit des linken Beines, Phantom- und Nervenschmerzen an den Amputationsstrümpfen, Arthrose am linken Knie-, Schulter- und Ellenbogengelenk, Versteifung des linken Daumens und dadurch eingeschränkte Bewegungsfähigkeit der einzigen Hand, Spondylitis und Rückenschmerzen, Bluthochdruck, Gicht, Magen- und Darmprobleme, chronische Bronchitis und Kurzatmigkeit.
Seit 1991 sei der Kl familiär völlig auf sich allein gestellt. Die Trennung von seiner Frau sei im Jahr 1991 und die Scheidung im Jahr 1993 erfolgt. Wegen seiner Hilflosigkeit habe er seinen Haushalt in seiner Eigentumswohnung in Kirchheim im Jahr 1991 auflösen und sich in die Betreuung des Wohnstiftes begeben müssen. Das Wohnstift habe keine eigene Pflegeabteilung. Eine etwa erforderliche Pflege erfolge nach dem Wohnstiftvertrag im Einzelfall oder auf Dauer im eigenen...