Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungsänderung von Grundstücken im landwirtschaftlichen Betriebsvermögen und Entnahme
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine durch den Ehevertrag erfolgte unentgeltliche Begründung einer Gütergemeinschaft ist als unentgeltliche Aufnahme i. S. d. § 6 Abs. 3 EStG zu qualifizieren, wenn zum Gesamtgut ein Unternehmen gehört.
2. Durch die unentgeltliche Aufnahme wird ein Grundstück soweit es zuvor im landwirtschaftlichen Einzelunternehmen des Ehemannes Betriebsvermögen war auch Betriebsvermögen der Ehegatten-Mitunternehmerschaft.
3. Als schlüssige Entnahmehandlung ist eine bloße Nutzungsänderung landwirtschaftlich genutzter Flächen nur dann anzuerkennen, wenn das Grundstück damit notwendiges Privatvermögen geworden ist. Dazu reicht eine Verpachtung einer landwirtschaftlichen Teilfläche an die Gemeinde als Spielplatz nicht aus.
4. Zuvor landwirtschaftlich genutzte Grundstücke bleiben auch nach einer Nutzungsänderung, die sie nicht zu notwendigem Privatvermögen werden ließ, ohne eindeutige Entnahmehandlung landwirtschaftliches Betriebsvermögen, ohne dass es dafür auf die Gewinnermittlungsart ankommt.
5. Die Einführung der Bodengewinnbesteuerung ab 1.7.1970 führte nicht dazu, dass Grundstücke, die zuvor in Folge einer Nutzungsänderung vom notwendigen zu gewillkürtem, geduldeten Betriebsvermögen geworden waren, nur aufgrund einer erneuten Widmung Betriebsvermögen bleiben konnten.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 13 Abs. 7, § 6 Abs. 3, § 4 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob im Streitjahr ein Grundstück aus dem Betriebsvermögen entnommen wurde.
Der Kläger erzielte bis zur Vereinbarung der Gütergemeinschaft Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aus einem landwirtschaftlichen Betrieb, den er als Einzelunternehmer geführt hatte. Mit Ehe- und Erbvertrag vom […] Oktober 2004 […] vereinbarten die Kläger den Güterstand der Gütergemeinschaft. Vorbehaltsgut wurde nicht bestimmt; der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers wurde zum Gesamtgut, das die Kläger gemeinschaftlich verwalteten. Mit Übergabevertrag vom […] Dezember 2004 […] übertrugen die Kläger den Hof auf ihren Sohn [… XY]. In Tz. II. des notariellen Übergabevertrag behielten sich die Kläger u.a. eine noch zu vermessende Teilfläche von ca. 1,4 Hektar aus dem Grundstück Flur-Nr. [… 919] mit dem darauf befindlichen Anwesen [… R-Straße 33] zurück […]. Aus dieser zurückbehaltenen, noch zu vermessenden Teilfläche wurden die späteren Teilflächen mit der Flur-Nr. [… 919/65] und der [… Flur-Nr. 919/66]. Außerdem übertrugen die Kläger mit notariellen Verträgen vom […] Oktober 2004 an ihre Töchter [… AB] und [… CD] jeweils eine noch weg zu messende Teilfläche von ca. 1.100 qm […] aus dem Grundstück Flur-Nr. 919 (die späteren Grundstücke Flur-Nr. 919/62 für AB und Flur-Nr. 919/61 für CD […]).
In der am 6. März 2006 beim Beklagten (dem Finanzamt) eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 erklärten die Kläger einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 39.329 EUR. Der Gewinn des Jahres 2004 setzte sich neben einem anteiligen Verlust aus dem Wirtschaftsjahr 2003/2004 von 3.922 EUR und aus einem Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. Juli 2004 bis 1. Dezember 2004 von 43.251 EUR (laufender Gewinn 9.329,57 EUR, Entnahmegewinne 33.922,00 EUR; 9.329 + 33.922 = 43.251) zusammen. Den Gewinn ermittelten die Kläger in beiden Wirtschaftsjahren durch Betriebsvermögensvergleich; beide Jahresabschlüsse wiesen jeweils den Kläger als Einzelunternehmer aus. In der Schlussbilanz zum 1. Dezember 2004 führten die Kläger in den Erläuterungen zum Anlagevermögen aus, dass sie wegen der Übertragung von Bauplätzen an die Töchter zwei Teilflächen von insgesamt 848 qm sowie eine weitere Teilfläche von 445 qm als Straßengrund steuerpflichtig entnommen hätten (Buchwerte insgesamt 42.001,84 EUR). Nach Abzug der Buchwerte und der Freibeträge für weichende Erben (zweimal 61.800 EUR) ermittelten sie einen steuerpflichtigen Entnahmegewinn von 33.922 EUR ([…]: 2.258 + 2.258 + 29.406 = 33.922). In dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid 2004 vom 29. November 2006 (in dem die Kläger antragsgemäß zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden) folgte das Finanzamt aufgrund eines Flüchtigkeitsfehlers den Angaben zum Gewinn nicht und berücksichtigte einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft 2004 von 34.813 EUR […].
In der in der Zeit […] durchgeführten betriebsnahen Veranlagung überprüfte das Finanzamt die Entnahmen der Teilflächen aus dem Grundstück Flur-Nr. 919. Dabei vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft 2004 374.857 EUR ([…] BNV-Bericht, Tz. 1.2) betragen habe. Das Grundstück Flur-Nr. 919 sei nur teilweise landwirtschaftliches Betriebsvermögen gewesen. Durch die Entnahme der Teilflächen aus dem zum Betriebsvermögen zählenden Teil des Grundstücks Flur-Nr. 919, den spä...