Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung einer fehlerhaften Festsetzung des steuerlichen Einlagekontos wegen offenbarer Unrichtigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Aus dem Inhalt der Steuerakten ist zwar nicht ersichtlich, ob der zuständige Bearbeiter die Angaben in der eingereichten Erklärung einfach übernommen hat oder als Ergebnis einer rechtlichen Überlegung keine Veranlassung sah, von den erklärten Besteuerungsgrundlagen abzuweichen. Die unzutreffende Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos mit "0" war für das Finanzamt jedoch nicht als offenbare Unrichtigkeit zu erkennen. Allein die Einstellung der Kapitalrücklage in die Bilanz hat nicht zwingend die steuerliche Erfassung beim steuerlichen Einlagenkonto zur Folge, da die Zuführung zur Kapitalrücklage laut Steuerbilanz nicht zwangsläufig einen Zugang bei der gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos auslöst, insbesondere muss eine Einlage auch tatsächlich geleistet werden (Bauschatz in Gosch, KStG, § 27 Rz. 35).
Normenkette
AO § 129; KStG §§ 27-28, 38
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Bescheid vom 19. Dezember 2011 über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) und des Sonderausweises nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31. Dezember 2009 wegen einer offenbaren Unrichtigkeit gemäß § 129 der Abgabenordnung (AO) zu ändern ist.
Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in München. Der Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist seit einer Neufassung der Satzung am 6. März 2009 die Verwaltung eigenen Vermögens, auch durch Beteiligung an anderen Unternehmen.
Nachdem die Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2009 zunächst mit Bescheiden jeweils vom 13. Dezember 2010 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung vom damals zuständigen Finanzamt im Schätzungswege festgesetzt worden waren, reichte die Klägerin am 21. November 2011 Steuererklärungen für das Jahr 2009 einschließlich der dazugehörigen Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung beim Finanzamt ein, darunter befand sich auch die vom Geschäftsführer der Klägerin unterschriebenen Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.Dezember 2009. In Zeile 5 des amtlichen Vordrucks (KST1) war der festzustellende Bestand des steuerlichen Einlagekontos mit 0 EUR angegeben. Im Jahresabschlussbericht zum 31. Dezember 2009 war unter dem Bilanzposten „Kapitalrücklage” ein Betrag von 10.000.000 EUR ausgewiesen, zum 31. Dezember 2008 war unter dem Bilanzposten Kapitalrücklage der Ansatz mit 0 EUR erfolgt. Unter dem Bilanzposten „Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks” war zum 31. Dezember 2009 ein Betrag von 10.099.039,10 EUR ausgewiesen, zum 31. Dezember 2008 war insoweit ein Ansatz mit 0 EUR erfolgt.
Am 22. November 2011 wurden dem Finanzamt weitere Unterlagen vorgelegt, unter anderem eine Übersicht des steuerlichen Vertreters der Klägerin zur „Zinsentwicklung” im Zusammenhang mit einem „Treuhanddarlehen an XY” über 10.000.787,38 EUR, Kontoauszüge der A Bank und der B Bank, aus denen sich Zahlungen von und an XY ergeben. Außerdem wurde ein Treuhandvertrag zwischen der Klägerin als Treugeber und XY als Treuhänder vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass der Treuhänder für den Treugeber einen Betrag von 10.000.000 EUR auf einem bei der A Bank geführten Visa-Card-Konto einzahlen werde und bis auf weiteres angelegt lasse.
Das Finanzamt nahm mit Bescheid vom 19. Dezember 2011 eine erklärungsgemäße Veranlagung vor und stellte das steuerliche Einlagekonto zum 31. Dezember 2009 mit 0 EUR fest. Gleichzeitig wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Die Klägerin legte gegen den Bescheid keinen Einspruch ein.
Mit Schreiben vom 11. Dezember 2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagte (nachfolgend Finanzamt), dem nach der Verlegung ihres Sitzes zuständigen Finanzamt, den Bescheid vom 19. Dezember 2011 über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.Dezember 2009 und des Sonderausweises nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG wegen offenbarer Unrichtigkeit zu ändern. Die Gesellschafterversammlung habe im Jahr 2009 eine bare Dotierung der Kapitalrücklage von 10.000.000 EUR beschlossen. Die zugeführten Finanzmittel und die gegenüber dem Vorjahr von 0 EUR auf 10.000.000 EUR erhöhte Kapitalrücklage wären aus dem bei der Veranlagung vorliegenden Jahresabschluss auch offen erkennbar gewesen. In der Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 KStG wäre die Einzahlung versehentlich nicht als Einlage in das steuerliche Kapitalkonto eingetragen worden. Mit der mechanischen Übernahme der fehlerhaften (Nicht-)Eintragung sei bei Erlass des Steuerbescheids ein Schreibfehler bzw. eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit unterlaufen. Der Bestand des steuerlichen Einlagekontos habe sich unmittelbar aus der baren Dotierung der Kapitalrücklage ergeben und hätte ohne weitere Prüfung festgestellt werd...