Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld für ein in Berufsausbildung befindliches Kind. Besuch der Berufsschule als Berufsausbildung
Leitsatz (redaktionell)
Ein Kind, das an einem Tag in der Woche die Berufsschule zum Zweck der Erfüllung der Berufsschulpflicht besucht, sich aber in keinem Berufsausbildungsverhältnis befindet und auch keine ausbildungsfördernde Aktivitäten neben dem Besuch der Berufsschule entfaltet, befindet sich nicht in Berufsausbildung.
Normenkette
EStG § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1, § 32 Abs. 4
Tatbestand
Streitig ist, ob sich die Tochter V ab Juni 2001 in Berufsausbildung befand und damit gemäß §§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in Verbindung mit § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG für sie ein Kindergeldanspruch besteht.
Die am 15. Mai 1983 geborene Tochter V des Klägers hat von September 1999 bis Juli 2002 die Berufsschule besucht. Sie besuchte die Berufsschule zur Erfüllung der Berufsschulpflicht, ohne in einem Berufsausbildungsverhältnis zu stehen. Die Schule wurde während der Schulzeit einmal wöchentlich besucht mit einem Umfang von 9 Unterrichtsstunden. Auf ihren Wunsch wurde V der Klasse für Einzelhandel zugeteilt. Auf die Gesprächsnotiz vom 16. Januar 2003 mit der ehemaligen Lehrerin von V wird Bezug genommen. Vom Ferienbeginn am 30. Juli 2001 bis zum 21. September 2001 stand V in einem befristeten Arbeitsverhältnis als Hilfsarbeiterin bei der Firma B. Von Oktober 2001 bis Juni 2002 war V bei einer Reinigungsfirma mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von maximal 15 Stunden je Woche beschäftigt.
Das beklagte Arbeitsamt – Familienkasse – lehnte mit Bescheid vom 17. April 2002 den vom Kläger für die Zeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres gestellten Kindergeldantrag ab mit der Begründung, V befinde sich nicht in Schul- oder Berufsausbildung, da der Besuch der Berufsschule nur in Teilzeitunterricht stattfinde. Dies stelle keine Ausbildung im kindergeld-rechtlichen Sinne dar. Der dagegen eingelegte Einspruch, mit dem geltend gemacht wurde, der wöchentliche Besuch der Berufsschule erfülle den Berufsausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG, blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 28. August 2002).
Dagegen richtet sich die Klage. Der Kläger vertritt die Auffassung, V befinde sich in Berufsausbildung, weil sie berufsschulpflichtig sei und regelmäßig die Berufsschule besucht habe. Ausreichend sei es, dass die Vermittlung von Wissen an einer schulischen Einrichtung erfolge und das Kind in eine schulische Mindestorganisation eingebunden sei, die eine gewisse dauernde Lernkontrolle ermögliche. Neben den neun Unterrichtsstunden pro Woche verbringe V auch Zeit für die häusliche Vor- und Nachbereitung des Unterrichtsstoffes. Denn es erfolgten regelmäßig mündliche und schriftliche Leistungskontrollen. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Zeitaufwand für die Vor- und Nacharbeit den wöchentlichen Unterrichtsstunden entspreche. Ergänzend verweist der Kläger auf das Bayerische Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG). Nach § 11 Abs. 1 BayEUG sei die Berufsschule eine Schule mit Teilzeit- und Vollzeitunterricht im Rahmen der beruflichen Ausbildung, die die Aufgabe habe, die Schüler beruflich zu bilden und zu erziehen und die allgemeine Bildung zu fördern. V habe während des gesamten Zeitraums den Wunsch gehabe, den Beruf einer Einzelhandelskauffrau bzw. einer Verkäuferin zu erlernen. Aufgrund ihrer schulischen Leistungen, bedingt auch durch die geringen Deutschkenntnisse, habe sie jedoch keine Ausbildungsstelle gefunden. Nachdem der Kläger zunächst Kindergeld für die Zeiträume Juni 2001 bis März 2002 und ab Juli 2002 begehrte, schränkte er seinen Klageantrag mit Schreiben vom 5. Mai 2003 auf Kindergeld für die Zeit Juni 2001 bis März 2002 ein.
Der Kläger beantragt,
den Kindergeldablehnungsbescheid vom 17. April 2002 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 28. August 2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, Kindergeld für die Zeit Juni 2001 bis März 2002 festzusetzen.
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung. Der Besuch der Berufsschule sei im Streitfall keine Berufsausbildung, weil dieser nicht dazu gedient habe, V auf einen künftigen Beruf vorzubereiten. Mit dem Besuch der Berufsschule habe V kein konkretes Berufsziel verfolgt, da die Schule nur zur Erfüllung der Berufsschulpflicht besucht worden sei. Auch sei bei einem Schulbesuch von lediglich 9 Wochenstunden die Zeit und Arbeitskraft des Kindes nicht dermaßen in Anspruch genommen, dass ein greifbarer Bezug zu irgendeinem angestrebten Berufsziel hergestellt werden könne. Dies wäre nur der Fall, wenn zusätzliche ausbildungsfördernde Aktivitäten stattgefunden hätten und das in der Berufsschule Gelernte praktisch angewendet worden wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (Schreiben des Klägers vom 4. Dezember 2002, Schreiben des Beklagten vom 20. Januar 2003).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Ein Kindergeldanspruch...