Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinterziehungszinsen zur Einkommensteuer 1985 und 1987 sowie Hinterziehungszinsen zur Umsatzsteuer 1986 und 1987
Tenor
1. Die Hinterziehungszinsen zur Einkommensteuer 1985 werden auf 20.404 DM herabgesetzt.
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens werden, soweit es die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zur Einkommensteuer betrifft, den Klägern auferlegt. Soweit das Verfahren die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zur Umsatzsteuer betrifft, werden die Kosten dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Streitig ist, ob Hinterziehungszinsen erhoben werden durften.
Die Kläger (Kl) sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kl ist selbständiger Versicherungsmakler. Daneben bezieht er von der F. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin (Klin) ist Mannequin. Nachdem die Kl vom Beklagten (Finanzamt – FA–) nach Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist vergeblich zur Abgabe der ESt-Erklärungen für die Jahre 1985 und 1987 aufgefordert worden waren, schätze das FA die Besteuerungsgrundlagen und setzte mit Bescheiden vom 9.2.1987 und 6.2.1989 die ESt auf 4.110 DM (1985) bzw. 10.810 DM (1987) fest. Eine Schätzung der ESt erfolgte auch in den Jahren 1982–1984, 1986 und 1988–1990. Nachdem aufgrund einer Kontrollmitteilung der ESt-Bescheid für 1985 berichtigt worden war, reichten die Kl am 4.10.1991 die ESt-Erklärungen für die beiden Jahre beim FA ein. Entsprechend diesen Erklärungen setzte das FA mit Bescheiden vom 14.5.1992 die ESt 1985 auf 98.096 DM und vom 9.12.1991 die ESt 1987 auf 60.038 DM fest. Nach Abzug bereits geleisteter Tilgungs- und Abzugsbeträge ergab sich eine Restschuld von 67.550 DM für 1985, die am 8.5.1992 beglichen wurde, und von 29.750 DM für 1987, die am 26.2.1992 bezahlt wurde.
Nachdem der Kl für die Jahre 1986 und 1987 zunächst keine Umsatzsteuer(USt)erklärungen abgegeben hatte, schätzte das FA auch insoweit die Besteuerungsgrundlagen und setzte mit USt-Bescheiden vom 1.2.1988 und 6.2.1989 die USt auf 1.015 DM (1986) bzw. 5.530 DM (1987) fest. Nach Einreichung der Steuererklärungen am 4.10.1991 setzte das FA die ÜSt mit Berichtigungsbescheiden vom 11.11.1991 entsprechend auf 9.080 DM (1986) bzw. 16.525 DM (1987) herauf. Die sich daraus ergebenden USt-Restschulden in Höhe von 8.065 DM (1986) und 10.995 DM (1987) wurden am 23.12.1991 beglichen.
Die zuständige Bußgeld- und Strafsachenstelle wertete die eingegangenen Erklärungen als Selbstanzeige i.S.d. § 371 AO. Ein strafrechtliches Verfahren wegen Steuerhinterziehung wurde nicht eingeleitet. Mit Bescheid vom 5.6.1992 setzte das FA Hinterziehungszinsen zur Einkommensteuer für 1985 in Höhe von 20.587 DM und für 1987 in Höhe von 5.197 DM fest. In einem weiteren Bescheid vom 5.6.1992 wurden Hinterziehungszinsen zur USt 1986 und 1987 über insgesamt 3.598 DM festgesetzt. Auf diese Bescheide und die darin enthaltene Berechnung der Zinsen wird Bezug genommen. Die Einsprüche blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidungen –EE– vom 2.3.1993).
Mit der Klage wird vorgetragen, daß der Kl in der fraglichen Zeit beruflich sehr belastet gewesen sei und außerdem mit großen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt habe. Wegen der enormen Überbelastung sei er auch gesundheitlich sehr angeschlagen gewesen. Die verspätete Abgabe der Erklärungen sei deshalb nicht mit Absicht erfolgt, sondern allein auf Nachlässigkeit zurückzuführen. Aus diesem Grund liege im Streitfall lediglich eine leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) vor, die nicht zur Festsetzung von Hinterziehungszinsen berechtige.
Die Kl beantragen,
die Bescheide über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zur ESt und USt vom 5.6.1992 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die EE.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Mit Beschluß des Gerichts vom 31.5.1995 wurden die ursprünglich getrennten Verfahren wegen Hinterziehungszinsen zur ESt und USt zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden sowie der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zum Teil begründet.
1. Gem. § 235 AO sind hinterzogene Steuern zu verzinsen. Zinsschuldner ist derjenige, zu dessen Vorteil Steuern hinterzogen worden sind. Die Erhebung von Hinterziehungszinsen setzt demgemäß voraus, daß objektiv und subjektiv die Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung i.S.d. § 370 AO vorliegen. Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe hindern die Entstehung des Zinsanspruchs
(vgl. Urteil des BFH vom 27.8.1991 VIII R 84/89, BStBl II 1992, 9). Mit der Vorschrift des § 235 AO soll der steuerliche Vorteil des Nutznießers der Hinterziehung abgeschöpft werden. Straf Charakter kommt dieser Vorschrift demnach nicht zu. Der erlangter Vorteil liegt darin, daß die geschuldete Steuer erst verspätet gezahlt wird (vgl. Urteil des BFH vom 27.9.1991 VI R 159/89, BStBl II 1992, 13).
Im Streitfall ist in der Person der Kl eine Steuerhinterz...