rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung nach § 14 a Abs. 4 EStG bei Tilgung von Abfindungsverbindlichkeiten. Einkommensteuer 1996 und 1997
Leitsatz (redaktionell)
1. Einem Land- und Forstwirt kann der Freibetrag nach § 14 a Abs. 4 EStG auch dann zustehen, wenn er in sachlichem Zusammenhang mit der Hoferbfolge zur Abfindung weichender Erben einen Kredit aufgenommen, innerhalb von zwölf Monaten nach der Kreditaufnahme Grundstücke des Betriebsvermögens veräußert und mit dem Erlös den Kredit wieder getilgt hat.
2. § 14 a Abs. 4 EStG begünstigt nicht nur die Fälle, in denen Erlöse aus der Veräußerung von Grundstücken erst nach der Veräußerung bzw. Entnahme der Grundstücke zur Abfindung weichender Erben eingesetzt werden.
3. Bei der Hoferbfolge nicht berücksichtigte Geschwister des Hoferben, die ihren Pflichtteil geltend machen, sind „weichende Erben” i.S. von § 14 a Abs. 4 EStG.
Normenkette
EStG 1996 § 14a Abs. 4 S. 2 Nr. 1, S. 4
Tenor
1. Unter Abänderung der Einkommensteuerbescheide 1996 und 1997, jeweils vom 24. Januar 2000, und der Einspruchsentscheidung vom 28. Juli 2000 wird die Einkommensteuer 1996 auf … DM und die Einkommensteuer 1997 auf … EUR (…) festgesetzt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Kläger, Ehegatten, wurden in den Streitjahren 1996 und 1997 von dem Beklagten (dem Finanzamt) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte u.a. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb hatte er am 14. Februar 1993 von seiner verstorbenen Mutter geerbt. Den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft ermittelt der Kläger nach § 4 Abs. 1 EStG durch Vermögensbestandsvergleich. Das Wirtschaftsjahr des Klägers läuft vom 1. Juli bis 30. Juni.
Durch Urteil des Landgerichts D. vom 29. November 1995 wurde der Kläger verpflichtet, seinen drei Schwestern die Pflichtteile von jeweils 300.000 DM auszubezahlen. Die durch Kreditaufnahme finanzierten Zahlungen von jeweils 300.000 DM erfolgten am 21. Dezember 1995, am 27. Dezember 1995 und am 20. September 1996. In den Wirtschaftsjahren 1995/1996, 1996/1997 und 1997/1998 veräußerte der Kläger folgende zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörende Grundstücke:
Datum |
ertragsteuerliche |
steuerpflichtiger |
Notarvertrag |
Gewinnzurechnung |
Veräußerungspreis |
10.06.1996 |
1995/1996 |
50.640 DM |
27.09.1996 |
1996/1997 |
132.340 DM |
30.09.1996 |
1996/1997 |
197.032 DM |
20.11.1996 |
1996/1997 |
14.366 DM |
01.07.1997 |
1997/1998 |
90.528 DM |
16.07.1997 |
1997/1998 |
180.360 DM |
18.08.1997 |
1997/1998 |
23.188 DM |
16.09.1997 |
1997/1998 |
74.382 DM |
Mit den vereinnahmten Veräußerungserlösen zahlte der Kläger die für die Abgeltung der Pflichtteilsansprüche aufgenommenen Kredite wieder zurück. In den Einkommensteuererklärungen 1996 und 1997 erklärte der Kläger die Gewinne aus den Grundstücksverkäufen als laufenden Gewinn und beantragte wegen Abfindung von drei weichenden Erben einen Freibetrag nach § 14 a Abs. 4 EStG in Höhe von 143.290 DM (1996) und 199.565 DM (1997).
Die Freibeträge hatte er wie folgt ermittelt:
1996 |
|
Erträge aus Verkäufen landwirtschaftlicher Grundstücke |
394.378,50 DM |
./. Buchwerte dieser Grundstücke |
107.798,00 DM |
Veräußerungsgewinn |
286.580,50 DM |
davon ½ für Wirtschaftsjahr 1996/1997 |
143.290,00 DM |
1997 |
|
Erträge aus Verkäufen landwirtschaftlicher Grundstücke |
368.458,00 DM |
./. Buchwerte dieser Grundstücke |
255.906,23 DM |
Veräußerungsgewinn |
112.551,77 DM |
davon ½ für Wirtschaftsjahr 1997/1998 |
56.275,00 DM |
Veräußerungsgewinn im Wirtschaftsjahr 1996/1997 |
286.580,50 DM |
davon ½ für Wirtschaftsjahr 1997/1998 |
143.290,00 DM |
Freibetrag insgesamt |
360.000,00 DM |
./. Freibetrag Kalenderjahr 1996 |
143.290,00 DM |
./. Freibetrag Kalenderjahr 1997 |
199.565,00 DM |
verbleibender Freibetrag Kalenderjahr 1998 |
17.145,00 DM |
Die Veranlagungen erfolgten antragsgemäß. Auf die Einkommensteuerbescheide 1996 vom 8. Mai 1998 und 1997 vom 24. Juni 1999, die jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergingen, wird verwiesen. Nach einer Betriebsprüfung machte sich das Finanzamt die Rechtsaufassung des Prüfers zu eigen, wonach dem Kläger in den Streitjahren mit Ausnahme der Grundstücksveräußerung vom 10. Juni 1996 kein Freibetrag zustehe, weil die Abfindung der weichenden Erben bereits vor den Grundstücksveräußerungen stattgefunden habe. Auf die Einkommensteueränderungsbescheide 1996 und 1997, jeweils vom 24. Januar 2000, wird Bezug genommen.
Die Einsprüche blieben erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 28. Juli 2000 vertrat das Finanzamt die Auffassung, die Tilgung von Abfindungsschulden stelle keine begünstigte Verwendung des Veräußerungspreises im Sinne des § 14 a Abs. 4 Nr. 1 EStG dar.
Dagegen richtet sich die Klage. Zur Begründung wird vorgetragen, die Auffassung de...