Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage. Voraussetzungen für eine Kontenpfändung
Leitsatz (redaktionell)
1. Um eine Wiederholungsgefahr zu bejahen, reicht es nicht aus, dass eine Pfändung grundsätzlich möglich ist. Eine solche Pfändung muss potentiell erneut drohen.
2. Ein Ermessensfehler und damit die Rechtswidrigkeit einer Pfändung liegen dann nicht vor, wenn eine Einziehungsverfügung nach Ablauf einer Wartefrist von einer Woche nach Zugang der Zahlungserinnerung erfolgt.
Normenkette
FGO § 100 Abs. 1 S. 4; AO 1977 § 281 Abs. 1, §§ 259, 309 Abs. 1, § 314 Abs. 1
Tatbestand
I.
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung und die Überprüfbarkeit im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage.
Mit Bescheid vom 17. Januar 2001 wurden Nachzahlungen für Einkommensteuer 1995 in Höhe von 6.740 DM, für Zinsen zur Einkommensteuer 1995 in Höhe von 1.507 DM und für Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 1995 in Höhe von 505,50 DM, insgesamt damit 8.752,50 DM, festgesetzt, zum 20. Februar 2001 fällig. Eine Mahnung hierzu erging am
25. April 2001 und eine Vollstreckungsankündigung am 25. Mai 2001.
Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) lehnte zunächst die Aussetzung der Vollziehung (AdV) ab. Nachdem bezüglich eines Grundlagenbescheides AdV gewährt wurde (…) setzte das FA mit Bescheid vom 28. September 2001 insgesamt 8.158,02 DM von der Vollziehung aus. Für die verbleibenden 594,48 DM (Einkommensteuer 1995 553,00 DM und Solidaritätszuschlag 41,48 DM) wurde ebenfalls im Bescheid vom 28. September 2001 die sofortige Fälligkeit verfügt. Diesen Bescheid erhielt der Kläger nach eigenen Angaben am Dienstag, den 2. Oktober 2001. Der Kläger trägt vor, er habe binnen 7 Arbeitstage, die Restzahlung veranlasst.
Nach eigenen Angaben hat das FA am 11. Oktober 2001 noch keinen Zahlungseingang feststellen können und fertigte eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung, die am 12. Oktober 2001 versandt wurde. Am Vormittag des 12. Oktober 2001 konnte der Zahlungseingang durch das FA festgestellt werden. Die Pfändungs- und Überweisungsverfügung wurde umgehend aufgehoben, dies wurde dem betroffenen Kreditinstitut unverzüglich per Fax mitgeteilt.
Mit Klage vom 31. Oktober 2001 begehrt der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung / Kontenpfändungsmaßnahme, um einer möglichen Wiederholungsgefahr zu begegnen.
Das FA hält die Klage für unzulässig, weil kein Feststellungsinteresse, insbesondere keine Wiederholungsgefahr, erkennbar sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Ob die Klage zulässig ist, kann dahingestellt bleiben, denn sie ist jedenfalls unbegründet.
Eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 S. 4 FGO ist zulässig, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder anders erledigten Verwaltungsaktes hat. Unerheblich ist, dass sich der Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hat (vgl. BFH vom 10. April 1990 VIII R 415/83, BStBl II 1990, 721). Für das berechtigte Interesse genügt jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art; es genügt insbesondere die begründete Annahme, dass unter im wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (vgl. BFH vom 28. Juni 2000 X R 24/95, BFH/NV 2000, 1414; BFHE 192, 32).
Wie der Kläger darlegt handelt es sich bei der streitigen Kontenpfändung nicht um die erste Pfändung ihm gegenüber. Der Kläger schließt offensichtlich nicht aus, dass auch künftige Situationen entstehen können, bei denen eine weitere Pfändung ihm gegenüber nicht auszuschließen ist. Ob damit eine Wiederholungsgefahr zu bejahen ist, erscheint fraglich, denn es reicht nicht aus, dass eine Pfändung erneut möglich ist, sondern eine Pfändung, mit den Umständen, die sich aus der Klage ergeben, muss potentiell erneut drohen. Dafür sind jedoch keine Umstände erkennbar.
2. Die Klage ist jedenfalls unbegründet.
Das FA war grundsätzlich befugt, aufgrund der bestehenden Steuerrückstände eine Kontopfändungen gemäß §§ 281 Abs. 1, 309 Abs. 1 und 314 Abs. 1 AO durchzuführen. Es war nicht daran gehindert, weil ihm unter Umständen mildere Vollstreckungsmaßnahmen – z. B. Mobiliarvollstreckung – zur Verfügung standen. Eine Vollstreckung nach §§ 249 ff AO hat vorrangig den Zweck, den Steueranspruch zugunsten der Allgemeinheit effektiv durchzusetzen, wozu die Bankpfändung ein geeignetes Mittel ist (vgl. FG Brandenburg, Urteil vom 16. Mai 2001 4 K 616/00, EFG 2002, 1277).
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Pfändung nicht rechtswidrig gem. § 259 AO erfolgt. Demnach soll der Vollstreckungsschuldner in der Regel vor Beginn der Volls...