rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Im Konkursverfahren (Insolvenzverfahren) über das Vermögen einer GmbH erst mit Abschluss des Konkursverfahrens regelmäßige Realisierung von Auflösungsverlust
Leitsatz (redaktionell)
1. Ausnahmsweise kann der Zeitpunkt der Entstehung eines Auflösungsverlustes schon vor der Liquidation durch Konkurs (Insolvenz) liegen, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlustes wegen Vermögenslosigkeit der GmbH nicht mehr zu rechnen sei.
2. Vermögenslosigkeit in diesem Sinne liegt dann vor, wenn die GmbH über kein oder nur noch über ein geringfügiges Aktivvermögen verfügt.
3. Keine Vermögenslosigkeit in diesem Sinne ist die Überschuldung einer Kapitalgesellschaft.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 4; GmbHG § 60 Abs. 1 Nr. 4, § 64; InsO § 19 Abs. 2; FGG § 141a; KO § 207; GmbHG a.F. § 63
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Steuerbescheid nachträglich geändert werden kann.
I.
Der Kläger war seit der Gründung wesentlich – in Höhe von 27,50 vom Hundert (v.H.) – beteiligter Gesellschafter der […] A-GmbH. Am […] 00. April 1998 beantragte die A-GmbH die Eröffnung des Konkursverfahrens wegen Überschuldung. Die Auflösung der Gesellschaft durch Eröffnung des Konkursverfahrens beim Amtsgericht […] N-Stadt (Az. […]) wurde am […] 00. Mai 1998 im Handelsregister eingetragen. Durch Beschluss vom […] 00. Februar 2001 wurde das Konkursverfahren aufgehoben und am […] 00. Juni 2001 wurde die A-GmbH wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht.
In der am 26. Mai 1999 eingereichten Einkommensteuererklärung für 1998 machte der Kläger einen Verlust aus Gewerbebetrieb wegen der Auflösung der A-GmbH, an der er wesentlich beteiligt sei, in Höhe von 156.500 DM geltend. Der geltend gemachte Verlust setzte sich aus der verlorenen Einzahlung auf das Stammkapital in Höhe von 137.500 DM und einer Bürgschaftsinanspruchnahme über 19.000 DM (Sparkasse […] T-Stadt) zusammen. Der Einkommensteuererklärung für 1998 war eine Kopie des Zwischenabschlusses der A-GmbH zum […] 00. Februar 1998 beigefügt, aus dem sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von 148.890,74 DM ergibt (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Zwischenabschluss verwiesen; Einkommensteuer-Akte 1998, Bl. 23 ff.). Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – folgte den Angaben des Klägers und berücksichtigte den geltend gemachten Verlust aus der Auflösung der A-GmbH im Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 30. Juli 1999. Der negative Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 77.154 DM wurde vollständig auf die Jahre 1996 und 1997 zurückgetragen. Mit Bescheid vom 30. August 1999 lehnte das FA die Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrages auf den 31.12.1998 ab. Das FA änderte die Einkommensteuerfestsetzung für 1998 wegen nicht streitiger Punkte mit Bescheid vom 20. Februar 2001 gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) und mit Bescheid vom 15. Oktober 2002 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Außerdem änderte das FA mit weiteren Bescheiden vom 20. Februar 2001 und vom 15. Oktober 2002 die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1998; mit Bescheid vom 15. Oktober 2002 wurde der verbleibende Verlustabzug in Höhe von 18.780 DM festgestellt.
In der am 30. April 2002 eingereichten Einkommensteuererklärung für 2001 machte der Kläger einen weiteren Verlust aus Gewerbebetrieb aus der Auflösung der A-GmbH in Höhe von 162.680 DM geltend. Der Kläger habe auf die Bürgschaft für die Verbindlichkeiten der A-GmbH Zahlungen in Höhe von 162.680 DM ([…] K-Bank) geleistet. Das FA lehnte die Berücksichtigung dieses Verlustes aus Gewerbebetrieb ab, da sich aus den eingereichten Unterlagen ergebe, dass der Kläger aus diesen Bürgschaften bereits im Jahr 1998 in Anspruch genommen worden sei (Einkommensteuerbescheid 2001 vom 8. November 2002). Mit seinem dagegen gerichteten Einspruch machte der Kläger als Verlust neben der Bürgschaft über 162.680 DM eine weitere Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft über 18.000 DM ([…] R-Bank) geltend. Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 10. März 2003 als unbegründet zurück. Denn Bürgschaften seien als nachträgliche Anschaffungskosten bei den Verlusten aus Gewerbebetrieb aus der Auflösung einer GmbH in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem der wesentlich beteiligte Steuerpflichtige aus der Bürgschaft in Anspruch genommen worden sei; dies sei das Jahr 1998 gewesen. Der Zeitpunkt der Zahlung auf die Bürgschaften im Jahr 2001 sei nicht entscheidend. Gegen diese Einspruchsentscheidung wegen der Einkommensteuer 2001 wurde keine Klage erhoben.
Neben dem Einspruch beantragte der Kläger hilfsweise, dass die Inanspruchnahme aus den beiden Bürgschaften über 180.680 DM im Jahr 1998 berücksichtigt werden solle und der geltend gemachte Verlust aus Gewerbebetrieb aus der Auflösung der A-GmbH um diesen Betrag erhöht werden solle. Die Einkommensteuerfestsetzung sei wegen des nachträglichen...