rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Die Wiedereinsetzungsfrist beginnt bereits dann, wenn der Kläger die Eingangsmitteilung des Gerichts erhält und aus dem mitgeteilten Eingangsdatum der Klage erkennbar ist, dass er die Klagefrist versäumt hat

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) beginnt bereits dann, sobald der Beteiligte bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, und nicht erst, sobald er erkannt hat, dass die Frist des § 56 Abs.1 FGO versäumt worden ist.

2. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Kläger die Eingangsmitteilung des Gerichts mit der Mitteilung des Tages des Eingangs der Klageschrift erhält, spätestens jedoch dann, wenn dem Kläger ausdrücklich mitgeteilt worden ist, dass er die Klagefrist versäumt hat.

 

Normenkette

FGO § 47 Abs. 1, § 56 Abs. 1, § 2 S. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob wegen der Versäumnis der Klagefrist Wiedereinsetzung gewährt werden kann.

I.

Der Kläger erhob vertreten durch den Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 12. März 2007 Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. Februar 2007 und die Einkommensteuerbescheide 2002 und 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 12. Februar 2007 (Montag). Der Schriftsatz ging beim Finanzgericht am 16. März 2007 (Freitag) ein.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 19. März 2007 teilte die Geschäftsstelle des 13. Senats dem Prozessbevollmächtigten mit, dass seine Klage am 16. März 2007 bei Gericht eingegangen ist. Die Geschäftsstelle stellte die Klage dem Beklagten – das Finanzamt [Q-Stadt] (FA) – am 22. März 2007 zu. Mit Schreiben vom 5. April 2007 – das am 11. April 2007 bei Gericht eingegangen ist – teilte das FA mit, dass die Klage i.S. Einkommensteuer 2002 und 2003 verspätet erhoben worden sei, denn die Einspruchsentscheidungen seien am 12. Februar 2007 mit einfachem Brief zur Post gegeben worden.

Mit Schreiben vom 13. April 2007 forderte das Gericht den Prozessbevollmächtigten auf, die Erfolgsaussichten seiner Klage i.S. Einkommensteuer 2002 und 2003 zu überdenken und diese gegebenenfalls zurückzunehmen oder aber zu begründen, aus welchen Gründen die Klage auch insoweit zulässig erhoben worden sei.

Mit Schriftsatz vom 23. April 2007 beantragte der Prozessbevollmächtigte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil der Klageschriftsatz am 12. März 2007 (Montag) zur Post gebracht worden sei und bei einem Zugang bei Gericht am 16. März 2007 eine überlange Postlaufzeit vorläge. Deshalb träfe ihn kein Verschulden an der verspäteten Klageerhebung.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 30. April 2007 wurde der Prozessbevollmächtigte darauf hingewiesen, dass bereits im Schreiben vom 19. März 2007 mitgeteilt worden sei, dass die Klage erst am 16. März 2007 eingegangen sei. Der Kläger lässt durch seinen Prozessbevollmächtigten nun vortragen, dass kein Anlass bestanden habe, aufgrund des gerichtlichen Schreibens vom 19. März 2007 die Fristwahrung zu überprüfen. Am selben Tag wie die Klage habe der Prozessbevollmächtigte auch einen Einspruch an das Finanzamt T-Stadt […] zur Post gegeben, der dort am 14. März 2007 eingegangen sei und mit dem Stempel der dortigen Poststelle „Frühleerung” versehen worden sei.

Mit Senatsbeschluss vom 25. Mai 2007 wurde das Verfahren i.S. Einkommensteuer 2001 abgetrennt.

Der Kläger beantragt

unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumnis der Klagefrist, die Einkommensteuerbescheide 2002 und 2003 und die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 12. Februar 2007 abzuändern und die Einkommensteuer 2002 auf 2.403,00 EUR und die Einkommensteuer 2003 auf 4.620,00 EUR herabzusetzen.

Das Finanzamt beantragt

die Klageabweisung.

Das FA ist der Auffassung, dass die Klage i.S. Einkommensteuer 2002 und 2003 verspätet erhoben und deshalb unzulässig sei. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unzulässig; die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Finanzgerichtsordnung – FGO –) ist nicht zu gewähren.

Der Kläger hat seine Klage nicht innerhalb der Klagefrist (§ 47 Abs. 1 FGO) erhoben. Der Klageschriftsatz ist erst am 16. März 2007 beim Finanzgericht eingegangen, die Klagefrist war jedoch bereits am 15. März 2007 abgelaufen.

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldloser Verhinderung an der Einhaltung der Frist sind im Streitfall nicht erfüllt. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO setzt die Wiedereinsetzung grundsätzlich einen Antrag voraus, für den eine Frist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gilt. Ein Wiedereinsetzungsantrag ist nicht erforderlich, wenn die versäumte Rechtshandlung innerhalb der Antragsfrist nachgeholt worde...

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