rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt der Entstehung eines Auflösungsverlustes im Rahmen eines Gesamtvollstreckungsverfahrens
Leitsatz (redaktionell)
Werden zu Beginn eines Gesamtvollstreckungsverfahrens gegen eine GmbH Anfechtungsansprüche von der Verwalterin noch als werthaltig und für die Masse realisierbar bewertet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Auflösungsverlust gem. § 17 Abs. 4 EStG ausnahmsweise bereits zu diesem Zeitpunkt entstanden und steuerlich anzusetzen ist.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 2, 4; GesO § 16
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob ein Auflösungsverlust gem. § 17 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) anzusetzen ist.
Der Kläger (Kl) erzielte im Streitjahr (1998) selbständige Einkünfte aus einem Ingenieurbüro, gewerbliche Einkünfte aus einer Schreinerei in … sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus mehreren Objekten einschließlich Beteiligungen an Grundstücksgemeinschaften.
Nachdem der Kl keine Einkommensteuererklärung abgegeben hatte, schätzte der Beklagte (das Finanzamt -FA-) die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Einkommensteuer mit Einkommensteuerbescheid 1998 vom 9. November 1999 auf 21.122 DM fest.
Im Jahr 2001 fand eine Außenprüfung statt, die u.a. die Einkommensteuer des Kl der Jahre 1996 – 1998 betraf (Prüfungsbericht vom 26. November 2001). Im Rahmen dieser Prüfung wurden insbesondere die steuerlichen Verhältnisse des Ingenieurbüros des Kl überprüft. Für das Jahr 1998 konnte bis zum Ende der Außenprüfung keine Bilanz vorgelegt werden, da die Buchführung erst Anfang 2002 erstellt wurde. Steuererklärungen für 1998 lagen bis zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nicht vor. Aufgrund der Ergebnisse der Außenprüfung erließ das FA am 8. März 2002 einen Einkommensteueränderungsbescheid, in dem die Einkommensteuer 1998 auf 22.820 DM festgesetzt wurde. Zugleich wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben.
Während des dagegen laufenden Einspruchsverfahrens reichte der Kl die Einkommensteuererklärung für 1998 und die Bilanz des Ingenieurbüros zum 31. Dezember 1998 beim FA ein. Zusätzlich wurde ein gewerblicher Verlust gem. § 17 EStG aus der Beteiligung an der A GmbH, … (im Folgenden: GmbH), in Höhe von 241.968 DM geltend gemacht, deren Gesellschafter (im Streitjahr zur Hälfte) und alleiniger Geschäftsführer der Kl war. Gegenstand dieses Unternehmens war das Betreiben und die Vermietung eines Gewerbeparks, später wurde er um die Tätigkeit als Bauträger und Grundstücksgeschäfte aller Art erweitert.
Hierzu wurde mitgeteilt, dass der Kl am 26. Mai 1998 beim Amtsgericht … den Konkursantrag wegen Zahlungsunfähigkeit der GmbH gestellt habe. Aufgrund seiner hälftigen Beteiligung hafte er für folgende Verbindlichkeiten der Gesellschaft:
♢ |
… Leasing |
4.311,46 DM |
♢ |
Notar … |
7.318,55 DM |
♢ |
StB/WP … |
17.037,53 DM |
♢ |
H-Bank … 1/2 von 472.000 DM |
236.000,00 DM |
♢ |
Finanzamt … – Steuerverbindlichkeiten |
2.300,00 DM |
|
Zwischensumme |
266.967,54 DM |
Abzüglich der Anschaffungskosten (25.000 DM) ergebe das einen Verlust nach § 17 EStG in Höhe von 241.967,54 DM.
Mit Schreiben vom 11. September 2002 reichte der Kl Kopien eines Teils der vom FA angeforderten Unterlagen (Aufstellung über die Forderungen des Notars … gegenüber dem Kl; Darlehenszusage der H-Bank über 472.000 DM gegenüber dem Kl und dem Mitgesellschafter der GmbH, Herrn …; Zins- und Tilgungsbescheinigung vom 6. August 2002) beim FA ein. Nach Prüfung dieser Unterlagen vertrat das FA die Auffassung, dass die übersandten Unterlagen und Belege zur Anerkennung des beantragten Verlustabzugs nicht ausreichten. Ferner wurde der steuerliche Vertreter gebeten, die Bilanzen 1997 und 1998 der GmbH einzureichen, was aber nicht mehr erfolgte, weil die Bilanzen der GmbH nicht mehr erstellt wurden.
Am 11. Juni 2003 ging beim FA ein Schreiben des Kl (datiert auf den 30. April 2003) ein, dem u.a. der Konkursantrag vom 26. Mai 1998 beilag, den der Kl in seiner Eigenschaft als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH unterzeichnet und in dem er die GmbH für zahlungsunfähig erklärt hatte. Ferner war ein Vermögensverzeichnis der GmbH als Anlage beigefügt, in dem unter Ziffer 22 sonstige Forderungen (Schadensersatzansprüche gegenüber der Gemeinde …) in Höhe von 650.000 DM ausgewiesen sind. Hierzu wurde mitgeteilt, dass insoweit eine Klage anhängig sei. Aus einem Ergänzungsblatt zu Nummer 24 des Vermögensverzeichnisses ist unter Punkt 9 angeführt, dass Außenstände der GmbH gegenüber drei Schuldnerinnen in Höhe von zusammen 294.078,45 DM vorlägen. Des Weiteren ist in einer Anlage zum Vermögensverzeichnis die Anhängigkeit von vier gegen die GmbH eingereichten Klagen angegeben, deren Streitwerte mit zusammen 254.278,80 DM beziffert worden waren.
In der Aufstellung der Passiva zum Konkursantrag – mit nachträglicher Korrektur – sind folgende Passiva aufgeführt:
a) |
Schulden (z.B. Finanzamt, Sozialversicherungsträger, Lieferanten, Kreditinstitute) |
330.000 DM |
b) |
ausstehender Mietzins |
1.160... |