Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer Klage bei Bezeichnung der falschen Finanzbehörde als Beklagter. Umsatzsteuer 2000
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Bezeichnung des Beklagten gehört zu den sogenannten Muss-Inhalten einer zulässigen Klage.
2. Eine Klageschrift, in der ein Prozessbevollmächtigter versehentlich eine falsche Finanzbehörde als Beklagten benennt, ist einer berichtigenden Auslegung durch das Finanzgericht nicht zugänglich, wenn die Finanzbehörde ausdrücklich und unmissverständlich bezeichnet ist, und weder der angefochtene Steuerbescheid noch die Einspruchsentscheidung der Klageschrift beigefügt worden sind.
3. § 63 Abs. 1 Nr. 1 FGO bestimmt lediglich, welche Behörde richtigerweise zu verklagen ist. Die Vorschrift enthält keine gesetzliche Auslegungsregel für den Fall der falschen Bezeichnung des Beklagten in einem Klageschriftsatz.
Normenkette
FGO § 65 Abs. 1-2, § 63 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Frage der Zulässigkeit der Klage.
Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2002, eingegangen bei Gericht am 21. Oktober 2002, erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, einer OHG, Klage gegen das „Finanzamt A, …, wegen Nichtanerkennung der Umsatzsteuerfreiheit von Beförderungsleistungen in Gestalt des Umsatzsteuerbescheids 2000 vom 26.4.2002, bestätigt durch die Einspruchsentscheidung vom 23. September 2002, eingegangen am 24. September 2002”. Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung waren der Klageschrift nicht beigefügt.
In der vom Gericht angeforderten Stellungnahme des Finanzamts A vom 4. Dezember 2002 wird ausgeführt, dass sich die Klage gegen die falsche Behörde richte. Die Klägerin sei beim Finanzamt B steuerlich erfasst.
Der Schriftsatz des Finanzamts A wurde der Klägerin mit Schreiben des Gerichts vom 12. Dezember 2002 zur Stellungnahme übersandt.
Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2003 führt die Klägerin aus, dass die Klage gegen das Finanzamt A gerichtet worden sei. Aufgrund eines Tippfehlers sei das beklagte Finanzamt dabei widersprüchlich bezeichnet worden. Aus dem Namen der Klägerin sowie aus dem in der Klageschrift aufgeführten Postfach mit entsprechender Postleitzahl ergebe sich, dass das Finanzamt B die richtige beklagte Behörde sei. Im vorliegenden Fall handle es sich um ein Versehen bei der nummernmäßigen Bezeichnung der Finanzämter. Aus den genannten Angaben könne das Finanzamt B als Beklagter entnommen werden. Es werde deshalb beantragt, das Finanzamt B als gesetzlich bestimmten Beklagten zu behandeln.
Die Klägerin beantragt
zu entscheiden, dass mit Klageschrift vom 17. Oktober 2002 zulässig gegen das Finanzamt B Klage erhoben worden ist.
Das Finanzamt A beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unzulässig.
1. Die bei Gericht am 21. Oktober 2002 eingegangene Klageschrift vom 17. Oktober 2002 benennt das Finanzamt A als Beklagten. Diese Klage ist unzulässig, da sie einen falschen Beklagten bezeichnet und ein zulässiger Wechsel des Beklagten nicht erfolgt ist.
Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) muss die Klage den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, bei Anfechtungsklagen auch den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf bezeichnen. Der Klage soll die Urschrift oder eine Abschrift des angefochtenen Verwaltungsakts und der Einspruchsentscheidung beigefügt werden (§ 65 Abs. 1 Satz 4 FGO).
Danach gehört die Bezeichnung des jeweiligen Beklagten zu den sog. Muss-Inhalten einer zulässigen Klage.
Zwar ist eine nicht eindeutige Erklärung in einer Klageschrift als prozessuale Willenserklärung in gleicher Weise wie eine bürgerlich-rechtliche Willenserklärung der Auslegung zugänglich. Dabei ist nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern der in der Erklärung verkörperte Wille anhand der erkennbaren Umstände zu ermitteln (vgl. etwa BFH-Urteile vom 14. Juni 1995 II R 70/92, BFH/NV 1996, 142, und vom 29. Oktober 1998 XI R 25/98, BFH/NV 1999, 633). Somit ist auch die Frage, gegen welche Finanzbehörde sich eine Klage richtet, nach den allgemeinen Auslegungsregeln zu beantworten (BFH-Beschluss vom 30. Januar 1997 I B 69/96, BFH/NV 1997, 588). Jedoch ist grundsätzlich zu beachten, dass für die Bedeutung einer verfahrensrechtlichen Willenserklärung im Allgemeinen ohne Bedeutung ist, was bei vernünftiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage hätte erklärt werden müssen, wenn der klare Wortlaut der tatsächlich abgegebenen Erklärung ergibt, dass dies nicht erklärt worden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 8. September 2000 VII B 92/00, BFH/NV 2001, 605).
Dementsprechend ist eine Klageschrift, in der ein Prozessbevollmächtigter versehentlich eine falsche Finanzbehörde als Beklagten benennt, einer berichtigenden Auslegung durch das Finanzgericht nicht zugänglich, wenn die Finanzbehörde ausdrücklich und unmissverständlich bezeichnet ist (BFH-Beschluss vom 11. März 1999 V B 154/98, BFH/NV ...