Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerliche Entgeltminderung bei einem Einzelhändler durch Beteiligung an einem von einem Dritten angebotenen Punktesystem im Wege einer Punktekarte für die Kunden. Barsauszahlungsverpflichtung für das Punktekonto keine Voraussetzung für Entgeltminderung. Überweisung des Gegenwerts von für Kunden gutgeschriebenen Punkten bei einem Systembetreiber als für die Entgeltminderung maßgeblicher Zeitpunkt
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Bemessungsgrundlage der an die Kunden eines Unternehmers bei dem „ersten Einkauf” unter Einsatz einer Kundenkarte ausgeführten Leistungen mindert sich nachträglich, wenn dabei ein System eingesetzt wird, das zur Gutschrift der Punkte auf einem Konto des Kunden bei dem Systemträger und zur entsprechenden Belastung des Unternehmers mit dem Gegenwert der erworbenen Punkte führt.
2. Dabei gebietet es die nach der Rechtsprechung des EuGH zu berücksichtigende wirtschaftliche Realität, dass die Möglichkeit der Verwendung als unbares Zahlungsmittel durch den Kunden bei einem späteren Einkauf als Wahlmöglichkeit zur Annahme einer Entgeltminderung ausreicht. Für eine Entgeltminderung ist es nicht erforderlich, dass beim Systembetreiber eine Barauszahlungsverpflichtung über den Punktewert besteht und diese Barauszahlungsverpflichtung dem Mindesteinlösewert für eine Sachprämie entspricht (gegen abgestimmten Verwaltungsauffassung der Bundesländer, z. B. OFD Frankfurt v. 12.11.2011, S 7200 A-219-St 111; OFD Magdeburg v. 29.9.2011, S 7200-168-St 244; OFD Niedersachsen v. 21.1.2013, S 7200-331-St 182; Landesamt für Steuern und Finanzen Sachsen v. 22.10.2012, S 7200-198/9-213; Thüringer Landesfinanzdirektion v. 28.2.2012, S 7200 A-53-A 5.15 und Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein v. 2.10.2012, VI 358-S 7200-621).
3. Die Änderung der Bemessungsgrundlage tritt jeweils zum Zeitpunkt der wirtschaftlichen Belastung des Unternehmers mit dem Gegenwert der Punkte ein (Abgrenzung zur EuGH-Rspr.).
4. Eine Entgeltminderung durch ein Punktesystem, das von einem fremden Dritten betrieben wird, ist auch nicht bereits deshalb zu verneinen, weil das Kundenbindungsprogramm allgemeinen Werbezwecken dient, denn ein derartiger Zweck ist bei jedem Kundenbindungsprogramm und Rabattsystem anzutreffen.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 17 Abs. 1 Sätze 1, 7, § 10 Abs. 1 S. 1; MwStSystRL Art. 90 Abs. 1, Art. 73, 79 S. 1 Buchst. b
Nachgehend
Tenor
1. Die Umsatzsteuer für wird unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides vom um EUR herabgesetzt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3.Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist die umsatzsteuerrechtliche Würdigung von sogenannten „A-Card-Punkten” als Entgeltminderungen durch die Klägerin.
Die Klägerin ist eine in das Handelsregister beim Amtsgericht unter der Nr. eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in …. Der Gegenstand ihres Unternehmens ist ….
Die A-Card ist ein seit März 2008 bestehendes Bonus- und Rabattsystem der Firma A-Card GmbH, einem Tochterunternehmen von …. Dieses Unternehmen betreut und organisiert die A-Card als Herausgeberin und Vertragspartner der Kunden sowie als Dienstleisterin der sogenannten Partnerunternehmen.
Die Klägerin ist seit dem auf Großhandelsebene Partnerunternehmen (Vertragspartner) der A-Card GmbH. Sie ist über ihre Organtochtergesellschaften auch im Einzelhandel tätig; sie tätigt dabei Umsätze zum ermäßigten sowie zum Regelsteuersatz.
Kunden, die Inhaber einer A-Card sind, können bei den teilnehmenden Organgesellschaften der Klägerin umsatzabhängige Punkte bei ihren Einkäufen sammeln. Dazu müssen diese Kunden zunächst einen Vertrag mit der A-Card GmbH über die Eröffnung eines Punktekontos unter Anerkennung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der A-Card GmbH – auf die hier verwiesen wird – abschließen. Den Kunden wird sodann ihre persönliche A-Card sowie eine PIN zugesendet. Der Kunde erhält dann bei Vorlage seiner A-Card bei einem Einkauf bei der Klägerin in der Regel für 2 EUR Umsatz des Bruttobetrages einen Punkt, der einen Cent wert ist. Diese Punkte werden von der A-Card GmbH für jeden einzelnen Kunden auf seinem Punktekonto gutgeschrieben. Zum Zeitpunkt des ersten Einkaufs kann der Kunde noch nicht über die dadurch erworbenen Punkte verfügen; sie sind technisch bedingt frühestens am Folgetag für den Kunden verfügbar. Der Kunde kann den Stand seines Punktekontos bei Angabe seiner Kartennummer und PIN online oder telefonisch abrufen.
Der Kunde hatte im Streitjahr verschiedene Möglichkeiten zur Verwendung seiner erworbenen A-Card-Punkte:
- er kann diese bei einem weiteren Einkauf in einem Markt oder bei einem weiteren Partnerunternehmen der A...