Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1991
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Bargebotszinsen i.S.v. § 49 Abs. 2 des Zwangsversteigerungsgesetzes (ZVG) gem. § 34 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 24 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit einem ermäßigten Steuersatz zu versteuern sind.
Die Kläger (Kl) sind Eheleute, die für das Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt wurden. Der Kl war mit seiner Cousine zu je 1/6 und zu 4/6 in Erbengemeinschaft Eigentümer des … M. (M) bei … (R). Es handelt sich dabei um eine mittelalterliche Burg mit Nebengebäuden sowie ca. 40 ha Land- und Forstwirtschaft. Wegen der seit dem 19. Jh. gegebenen Besitzverhältnisse und der Abtretungen von zum Schloßgut gehörenden Grund und Boden für öffentliche Zwecke verweist der Senat auf Tz. 1–4 der Klagebegründung vom 29. April 1994.
Nach jahrzehntelangen Erb- und Titelstreitigkeiten übertrug die Cousine des Kl ihren Hälfteanteil auf die Gemeinde M gegen Leibrentenzusage. Im Rahmen der Gebietsreform wurde die Stadt R am 01. Mai 1978 Rechtsnachfolgerin der eingemeindeten Gemeinde M und daher als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Der Senat verweist auf die Vereinbarung vom 10. Dezember 1975/22. Januar 1976 über den freiwilligen Zusammenschluß, insbes. auf Tz. 2, 3 und 5 (Bl. 52 f. FG-Akte).
Schon vorher hatte die Gemeinde M am 09. Juli 1970 beim zuständigen Landratsamt beantragt, zur Erweiterung des Friedhofs eine Teilfläche von rd. 2.450 qm aus einem rd. 5.250 qm großem Flurstück, dem ehemaligen Schloßgarten, zu enteignen und sie in den Besitz dieser Teilfläche einzuweisen. Die Enteignung scheiterte wegen mangelnder Bestimmtheit des Enteignungs- und Besitzeinweisungsbeschlusses (rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 14. Mai 1973, Bl. 32–35 FG-Akte).
Auch die geplante Turnhallenerweiterung, für die eine Fläche von 140 qm benötigt wurde, kam nicht zustande. Lt. telefonischer Auskunft des zuständigen Liegenschaftsbearbeiters der Stadt R soll der Kl für seinen Hälfteanteil derart überzogene Kaufpreisforderungen gestellt haben, daß eine Einigung nicht vertretbar erschien (siehe Aktenvermerk vom 07. April 1993, Bl. 28 f. ESt-Akte, und Seite 2 der Gesprächsniederschrift vom 09. Juli 1993, Bl. 186 ESt-Akte).
Da die Rechtsstreitigkeiten bezüglich des Schloßguts vom Kl gegen die neue Mieteigentümerin fortgesetzt wurden und Bemühungen um eine gütliche Einigung erfolglos blieben, beantragte die Stadt R am 16. November 1978 die Zwangsvollstreckung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft (Bl. 78 FG-Akte; siehe auch Schreiben der Stadt R an den Kl vom 24. Juli 1978). Auf den Vorschlag des Kl im Schreiben vom 19. Dezember 1978 (Bl. 79–81 FG-Akte), eine Teilung in Natur gem. § 752 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorzunehmen, soll die Stadt nicht eingegangen sein (so Schriftsatz vom 18. August 1994, Seite 3). Mit Beschluß vom 20. März 1979 wurde die Zwangsversteigerung durch das zuständige Amtsgericht angeordnet. Nach Abschluß diverser Rechtsbehelfsverfahren fand die Zwangsversteigerung am 18. November 1986 statt (auch die Kl haben – Tz. 9 des Schriftsatzes vom 29. April 1994 – hierzu angegeben, daß sich die Zwangsversteigerung wegen Widerstandes des Kl in die Länge gezogen habe). Bei der Versteigerung bot der Kl mit. Den Zuschlag erhielt die Stadt R für ein Bargebot von 3,7 Mio. DM. Der Kl wandte sich ohne Erfolg gegen den Zuschlagsbeschluß. Der Verteilungstermin wurde hierdurch aber immer wieder hinausgeschoben und der Kl konnte mit seiner Familie weiterhin in der Burg wohnen. Für das Bewohnen des Schlosses ab Zuschlagsbeschluß hatte der Kl an die Stadt eine Nutzungsentschädigung zu entrichten (siehe zu den obigen Vorgängen auch den Zeitungsartikel vom 12. September 1991, Bl. 18 FG-Akte).
Für das Schloßgut als Ganzes bestand kein öffentlich-rechtliches Interesse, das ein Enteignungsverfahren gerechtfertigt hätte. Dies hätte man allenfalls für geringfügige Teilflächen bejahen können. Auch für die voraussichtliche Nutzung des Schlosses und des weit überwiegenden Teils der Ländereien gab es keine konkreten Pläne. Das teuer ersteigerte denkmalgeschützte Schloß stellte und stellt vielmehr wegen des zu erwartenden Renovierungsaufwands von über 20 Mio. DM ein ernstes Haushaltsrisiko dar (siehe die Zeitungsartikel vom 17. Juni und Juli 1993 über die mangelnde Verkehrssicherheit des Schlosses, Bl. 172 ESt-Akte, Bl. 101 FG-Akte; ferner den Zeitungsartikel vom 14. April 1992 über den voraussichtlichen Renovierungsaufwand und die Nutzungsabsichten, Bl. 100 FG-Akte). Für die Ländereien, die sich größtenteils im Landschaftsschutzgebiet befinden, besteht keine konkrete Verwendung, sie dienen als Vorrats- und u.U. einmal als Tauschgut.
Nachdem die Stadt R Alleineigentümerin geworden war, widmete sie allerdings in großzügigerem Umfang als vorher de...