Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuerliche Optionsverschonung für geerbte Beteilung an einer Mutter-Personengesellschaft unter Geltung des ErbStG v. 24.12.2008 (im Folgenden ErbStG 2009): Ermittlung der Verwaltungsvermögensquote im Konzern
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Verwaltungsvermögensquote von 50 % in § 13a Satz 2 Nr. 3 ErbStG 2009 gilt auch bei Beantragung der Optionsverschonung, weil § 13a Abs. 8 ErbStG 2009 keine Änderung der Verwaltungsvermögensquote in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG 2009 vorsieht.
2. Im Rahmen des Verwaltungsvermögenstests nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG 2009 kommt es auf das Vermögen derjenigen Gesellschaft an, deren Anteile erworben worden sind. Ist diese eine Personengesellschaft und an einer weiteren Personengesellschaft (im Folgenden: Tochtergesellschaft) beteiligt, so werden der Muttergesellschaft die einzelnen Gegenstände des Verwaltungsvermögens der Tochtergesellschaft nicht als eigenes Verwaltungsvermögen zugerechnet, sondern nur im Rahmen von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG 2009 berücksichtigt.
3. Daher darf im Rahmen der Durchführung des Verwaltungsvermögenstests nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG 2009 und § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG 2009 auch das junge Verwaltungsvermögen der Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft nicht isoliert als „sonstiges” Verwaltungsvermögen zugerechnet werden (gegen leich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Umsetzung des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts v. 25.6.2009, BStBl 2009 I S. 713, Abschn. 34 Abs. 3 sowie gegen R E 13b.19 Abs. 4 ErbStR 2011). Das Tatbestandsmerkmal „Betrieb” im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG 2009 ist dahingehend auszulegen, dass es sich hierbei nur um den unmittelbar übertragenden Rechtsträger (= Muttergesellschaft) handelt und nicht um die Gesamteinheit (Konzern).
4. Eine mehrfache Berücksichtigung des Verwaltungsvermögens der Tochtergesellschaft, zum einen über § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG 2009 und zum anderen über § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ErbStG, § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG und § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ErbStG 2009, sieht das Gesetz nicht vor.
Normenkette
ErbStG 2009 § 13a Abs. 1 S. 1, Abs. 8, § 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Sätze 1, 2 Nr. 3, Sätze 3-4, Abs. 4; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; ErbStR 2011 R E 13 b. 19 Abs. 4; GG Art. 20 Abs. 3, Art. 97
Tenor
1. Die mit Erbschaftsteuerbescheid vom X. Juli 2019 festgesetzte Erbschaftsteuer wird auf … EUR herabgesetzt.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
5. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Erbschaftssteuerbescheides, wobei die Frage streitbehaftet ist, ob die vom Kläger beantragte Optionsverschonung für Betriebsvermögen nach den Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts vom 24. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 3018) vom Beklagten bei der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen ist.
Der Kläger ist aufgrund eines notariellen Überlassungs- und Erbvertrages vom X.XX 1995 Alleinerbe nach seiner Großmutter – Frau X –, die am X. XX 2009 verstarb. Zur Erbmasse gehörten neben Grundvermögen, Wertpapieren und Bankguthaben auch 50% der Anteile an der X KG (im Folgenden X KG). Letztere war mit X % an der Y KG beteiligt.
Mit Erbschaftsteuerbescheid vom X. Januar 2011 setzte der Beklagte gegen den Kläger Erbschaftsteuer i.H.v. X EUR fest. Der Bescheid erging gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit Bescheiden vom X. März 2013 sowie vom X. Januar 2014 änderte der Beklagte die Erbschaftsteuerfestsetzung, wobei der Vorbehalt der Nachprüfung bestehen blieb. Mit Schreiben vom X. Februar 2014 stellte der Kläger beim Beklagten einen Antrag auf Optionsverschonung gemäß § 13a Abs. 8 des Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetzes in der für den Streitfall geltenden Fassung (ErbStG). Mit Bescheid vom X. März 2014 änderte der Beklagte den Erbschaftssteuerbescheid vom X. Januar 2014 und setzte die Erbschaftssteuer unter Berücksichtigung eines Verschonungsabschlages i.H.v. 100 % auf X EUR herab. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb weiterhin bestehen. Mit Bescheid vom X. Februar 2015 änderte der Beklagte den Erbschaftssteuerbescheid vom X. März 2014 und setzte die Erbschaftssteuer auf X EUR herauf. Dabei ging der Beklagte auf Grundlage des Feststellungsbescheides des Finanzamts X vom X. Dezember 2014 von einem Wert der Beteiligung an der X KG i.H.v. X EUR aus und berücksichtigte nur noch einen Verschonungsabschlag in Höhe von 85 %. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom X. März 2015 Einspruch...