Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1991

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

(Kurzurteil gem. § 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung – FGO–).

I.

Die Klägerin ist Englischlehrerin an einem Bayerischen Gymnasium.

Sie nahm vom 12.07.–02.08.1991 an einem sog. Fortbildungsseminar in Boston/USA teil. Wegen des Reiseprogramms verweist der Einzelrichter auf Anlage 4 der Klagebegründung (beim Gericht eingegangen am 01.03.1995, Bl. 21 des Weißen Gehefts in der FG-Akte) sowie auf die Erläuterungen der Klägerin hierzu (S. 2–5 der Klagebegründung, Bl. 7, Rs./8 FG-Akte). Diese Veranstaltungen gruppierten sich um den Schwerpunkt „Landeskunde vor Ort” (Bl. 19 Weißes Geheft). Zur Durchführung dieser Reise erhielt die Klägerin eine 14-tägige Dienstbefreiung, eine Erstattung der Reisekosten durch den Dienstherren erfolgte aber nicht.

Die Seminare in Boston und zwei anderen Städten der USA sind vom Ministerium für Kultus und Sport Baden-Württemberg, als Fortbildungsmaßnahmen anerkannt. Nach übereinstimmenden Verfügungen der Oberfinanzdirektionen Freiburg und München sind die Reiseaufwendungen nicht als Werbungskosten anzuerkennen, da eine ausschließliche bzw. weitaus überwiegende berufliche Veranlassung der Reiseteilnahme nicht gegeben sei (Bl. 2–8 ESt-Akte).

Die Klägerin machte 4.269 DM (Klageverfahren: 4.028 DM) Reiseaufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte (das Finanzamt) lehnte den Abzug ab. Der Einspruch blieb erfolglos (s. die Einspruchsentscheidung – EE– vom 16.12.1995, Bl. 25 f ESt-Akte).

Mit Ihrer Klage hält die Klägerin daran fest, daß die Aufwendungen für Fortbildungsreise nach … als Werbungskosten abziehbar seien. Sie erläutert in ihrer Klagebegründung den beruflichen Aspekt des Begleitprogramms und betont, daß sich der Aufenthalt in … grundlegend von den allgemeinen Bildungs- oder Erholungsreisen unterschieden habe und daß sie die gewonnenen Erkenntnisse in ihrem Unterricht haben nutzen können. Außerdem legt sie Auszüge aus Fachlehrplänen und Lehrbüchern vor, die deutlich machen sollen, daß die vermittelten Informationen verbindlichen Lehrstoff des Englischunterrichts am Gymnasium darstellten (Bl. 23–40 Weißes Geheft).

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung der EE vom 16.12.1995 den ESt-Bescheid 1991 vom 03.01.1994 dahingehend zu ändern, daß 4.028 DM als weitere Werbungskosten berücksichtigt werden und die ESt 1991 entsprechend ermäßigt wird.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

Der Einzelrichter sieht von einer näheren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt auf die Gründe der EE (Abschn. II.) Bezug.

Er bemerkt hierzu noch folgendes: Es ist nicht zu beanstanden, daß das Finanzamt übereinstimmend mit den beiden Oberfinanzdirektionen eine nicht unerhebliche private Mitveranlassung angenommen hat, die zu einer Aberkennung der Aufwendungen gem. § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) führt. Es beinhaltet keinen Widerspruch, daß das Kultusministerium in Baden-Württemberg die Reise demgegenüber als Fortbildungsveranstaltung gewürdigt hat. Denn das Ministerium legt seiner Beurteilung dienstrechtliche und fachpädagogische, die Oberfinanzdirektion allein steuerrechtliche Gesichtspunkte zu Grunde. Der Streitfall weist keine wesentlichen Unterschiede zu den Sachverhalten der Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21.08.1995 VI R 47/95 (BFHE 179, 37, BStBl II 1996, 10) und vom 21.01.1997 VI R 83/96 (BFH/NV 1997, 647) auf. Auch vorliegend wurde die Reise ohne besonderen Anlaß (Halten eines Vortrags vor Ort u.a.m.) unternommen. Dabei wird weder vom Finanzamt noch vom Einzelrichter verkannt, daß die Reise großenteils den Charakter einer Fortbildungsveranstaltung hatte und der Klägerin für ihren Beruf sehr nützliche Informationen vermittelte. Dabei kommt es aber nicht entscheidend an, da das sehr rigorose Abzugs- und Aufteilungsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG schon dann eingreift, wenn sich eine nicht zu vernachlässigende private Mitveranlassung, welche durch allgemein bildende Veranstaltungen des Programms dokumentiert wird, feststellen läßt.

Dies ist im Streitfall zu bejahen: Von den 20 Tagen, die die Reise ohne An- und Abreise dauerte, waren neben einem 1/2 (14.7.) und einem ganzen (20./21.7.) freiem Wochenende 3 volle Tage (24., 27./28.7.) mit allgemein bildenden bzw. allgemeintouristischen Veranstaltungen ausgefüllt, wobei es keine Rolle spielt, daß 2 dieser Tage auf ein Wochenende fielen. Hinzu kamen gleichartige der Allgemeinbildung förderliche Vorträge und Exkursionen an verschiedenen Halbtagen (15., 17., 23., 25., 26. und 31.7.). Abgerundet wurde dieser zur privaten Lebensführung gehörende Bereich noch durch diverse kulturelle Veranstaltungen am Abend (14., 23., 25., 29. und 30.7.). Dabei ist der allgemeintouristische Aspekt der Reise nicht deshalb als unschädlich anzusehen, weil dadurch die landeskundlichen Kenn...

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