Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrten zwischen Wohung und Arbeitsstätte von der weiter entfernt liegenden Wohnung aus bei Vorliegen mehrere Wohnungen
Leitsatz (redaktionell)
Der Steuerpflichtige trägt die Feststellungslast dafür, dass sich sein Lebensmittelpunkt in der vom Beschäftigungsort weiter entfernt liegenden Wohnung befindet. Kann er nicht belegen, dass er dort seine überwiegeden Freizeitaktivitäten durchführt oder seine Anwesenheiten zur Kontaktpflege mit seinem sich angeblich ausschließlich dort befindlichen Freundes- und Bekanntenkreis nutzt, kann er die Fahrtkosten von der weiter entfernt liegenden Wohnung nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend machen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 7
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung von Fahrtkosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Die Klägerin erzielt als Journalistin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). In ihrer Einkommensteuererklärung 2001 machte sie bei den Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit u.a. Fahrten mit dem Fahrrad zwischen ihrer Wohnung in M und ihrer Arbeitsstätte in M an 230 Tagen mit einer einfachen Entfernung von 6 km geltend. Im Einkommensteuerbescheid 2001 vom 31. Januar 2005 folgte das beklagte Finanzamt (das Finanzamt – FA –) im Wesentlichen den Angaben der Klägerin in der Einkommensteuererklärung. Dagegen erhob die Klägerin Einspruch und beantragte u.a. erstmals den Abzug von insgesamt 30 Fahrten zwischen ihrer Arbeitsstätte in M und dem weiter entfernt liegenden Wohnort in W als Werbungskosten. Sie führte zur Erläuterung aus, dass sie die Wohnung in M erst am 1. Oktober 2000 angemietet habe. In W unterhalte sie jedoch schon seit Längerem eine Wohnung im Haus ihrer Eltern, die ihr – ohne Mietvertrag – unentgeltlich überlassen werde. W sei der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen, dort befinde sich ihr gesamter Freundes- und Bekanntenkreis und der Wohnort ihrer Eltern. Einen eigenen Festnetzanschluss habe sie in W nicht. Wenn sie in dieser Zeit Ferngespräche führe, nutze sie den Anschluss ihrer Eltern oder das Mobiltelefon. Die Fahrten nach W seien teilweise mit dem Pkw und teilweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt worden. Da ihr die steuerliche Relevanz nicht bekannt gewesen sei, habe sie Belege wie Fahrscheine nicht aufbewahrt. Unter Berücksichtigung von 30 in 2001 durchgeführten Familienheimfahrten und einer einfachen Entfernung zwischen W und M von 375 km ergebe sich eine zusätzliche Entfernungspauschale von 8.970 DM.
Mit Änderungsbescheid vom 2. Dezember 2005 erkannte das FA andere nachträglich geltend gemachte Werbungskosten für Dienstreisen und Beiträge zu Berufsverbänden an. Im Übrigen blieb der Einspruch ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 2005). Nach Auffassung des FA hat die Klägerin nicht den Nachweis erbracht, dass sich in W der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befand. Dagegen spreche, dass die Klägerin unmittelbar vor ihrem Umzug nach M nicht im Elternhaus in W, sondern in dessen näherer Umgebung in K gewohnt habe und dort mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen sei. Solange sie in K gelebt habe, seien keine Fahrten nach W geltend gemacht worden. Da sie zeitgleich zum Bezug der Wohnung in M die Wohnung in K aufgelöst habe und keinen Nachweis über die Durchführung der geltend gemachten Fahrten nach W habe vorlegen können, sei davon auszugehen, dass der Lebensmittelpunkt unmittelbar von K nach M verlagert worden sei bzw. die Wohnung im Elternhaus nur für Besuchszwecke vorgehalten habe. Aufgrund der nachträglich eingereichen Aufstellung der Dienstreisen, die überwiegend an den Wochenenden stattgefunden hätten, erscheine es zumindest auch fraglich, wann die Klägerin ihre geltend gemachten Fahrten zum Lebensmittelpunkt bei einer einfachen Entfernung von 375 km durchgeführt habe. Als weiteres Indiz für die Verlagerung der Lebensinteressen nach M sei die offensichtlich zeitnah zum Umzug erfolgte Kontoumstellung von der Stadtsparkasse K zur Stadtsparkasse M zu werten.
Dagegen richtet sich die Klage. Die Klägerin trägt vor, dass sie ihre Wohnung in W nicht nur gelegentlich, sondern an jedem dienstfreien Wochenende, insgesamt an 30 Wochenenden aufgesucht habe. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung befinde sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen dort, wo die engeren familiären Beziehungen vorherrschten und sich der Freundeskreis befinde. Er sei nicht, wie es das FA fordere, durch Vorlage von TÜV-Bescheinigungen, Benzin- oder Reparaturrechnungen eines Kraftfahrzeugs nachzuweisen. Sie sei in W aufgewachsen und habe im Streitjahr eine Wohnung im elterlichen Anwesen genutzt. Neben der persönlichen Beziehung zu ihren Eltern sei sie auch durch den über Jahre hinweg aufgebauten Bekannten- und Freundeskreis sehr eng mit ihrem Heimatort W verbunden. Diese Beziehungen habe sie auch in der Zeit nach ...