Entscheidungsstichwort (Thema)
Die Feststellungslast dafür, dass im Jahr 1986 die Voraussetzungen zur Ermittlung des Nutzungswerts für die selbstgenutzte Wohnung durch die Einnahme-Überschussrechnung vorgelegen haben, trägt der Steuerpflichtige
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach der großen Übergangsregelung in § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG kann bei einer Wohnung im eigenen Haus der Nutzungswert für die selbstgenutzte Wohnung weiter bis zum Jahr 1998 durch Einnahme-Überschussrechnung ermittelt werden.
2. War der Nutzungswert einer selbstgenutzten Wohnung im Jahr 1986 nach § 21a EStG pauschal zu ermitteln, ist die sog. große Übergangsregelung nicht anzuwenden.
3. Die Grundnorm des § 21a Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG (pauschale Nutzungswertbesteuerung) ist anzuwenden, wenn sich die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung des Satzes 3 der Vorschrift nicht feststellen lassen. Das Risiko der Unaufklärbarkeit eines Sachverhalts (Feststellungslast) trägt insoweit der Steuerpflichtige.
Normenkette
EStG § 52 Abs. 21 S. 2, § 21a Abs. 1 S. 3 Nrn. 1-2, § 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1
Tenor
1. Die Einkommensteuerbescheide vom 19. September 2007 für 1997, 1998 und 1999 werden abgeändert. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderten Steuerfestsetzungen nach Maßgabe der Urteilgründe (Tz. II.4.) zu errechnen, ferner das Ergebnis dieser Berechnungen den Klägern unverzüglich mitzuteilen und die Bescheide nach Rechtskraft des Urteils neu bekannt zu geben.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Der Kläger zu 1) trägt die Kosten des Verfahrens der Jahre 1997 und 1998 zu 78/100, im Übrigen trägt der Beklagte die Kosten des Verfahrens.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Kläger in den Streitjahren die Nutzungswertsbesteuerung für die eigengenutzte Wohnung fortführen können und aus der Vermietung der Einliegerwohnung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt haben.
I.
Die seit Dezember 1986 verheirateten Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Mit notarieller Urkunde vom 12. September 1986 erwarb der Kläger das Hausgrundstück […] L1 in R-Stadt für einen Kaufpreis in Höhe von 450.000 DM nebst Nebenkosten und führte anschließend größere Renovierungsarbeiten durch. In dem Gebäude mit einer Gesamtwohnfläche von 172 qm wird die Wohnung im Erdgeschoss und Dachgeschoss zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Das Gebäude verfügt im Untergeschoss über eine Einliegerwohnung mit einer Gesamtwohnfläche von ca. 33 qm. Das Grundstück war ursprünglich als Einfamilienhaus bewertet (Zurechnungsfortschreibung zum 1. Januar 1987 vom 28. Oktober 1986) und wurde später zum 1. Januar 1987 als Zweifamilienhaus bewertet (Artfortschreibung vom 26. November 1993).
Nach den Angaben in den Einkommensteuererklärungen 1986 bis 2000 haben die Kläger seit dem Jahr 1987 bis zum Dezember 2000 Einnahmen aus der Vermietung der Einliegerwohnung erzielt. In der Einkommensteuererklärung 1986 ermittelten die Kläger die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV) für das Hausgrundstück L1 durch die Gegenüberstellung des Mietwerts der eigengenutzten Wohnung und der Werbungskosten. Die Kläger führten nach den Angaben in den Einkommensteuererklärungen die Nutzungswertbesteuerung für die selbstgenutzte Wohnung bis zum Veranlagungszeitraum 1998 fort.
In ihren Einkommensteuererklärungen erklärten die Kläger aus dem Hausgrundstück L1 einen Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus VuV für das Jahr 1997 in Höhe von 68.288 DM und für das Jahr 1998 von 51.247 DM. Für das Jahr 1999 machten die Kläger einen Werbungskostenüberschuss für die Einliegerwohnung L1 in Höhe von 6.687 DM geltend. Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – folgte den Angaben in den Einkommensteuererklärungen für das Hausgrundstück L1 nicht und ließ in den drei Streitjahren die geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse für das Hausgrundstück L1 bei den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerfestsetzungen unberücksichtigt (Einkommensteuerbescheide für 1997 vom 21. Juli 1999, für 1998 vom 9. März 2000 und für 1999 vom 21. Februar 2001). Das FA war der Auffassung, dass ein Mietverhältnis über die Einliegerwohnung im Jahr 1986 nicht vorgelegen habe und das Mietverhältnis über die Einliegerwohnung in den Streitjahren steuerlich nicht anzuerkennen sei.
Mit ihren dagegen gerichteten Einsprüchen trugen die Kläger im Wesentlichen vor, dass die Einliegerwohnung durchgehend seit 1. November 1987 an das Ehepaar […] OS vermietet sei. Zuvor sei die Einliegerwohnung ab 1. Dezember 1986 an den am 25. April 1987 verstorbenen […] H vermietet gewesen. Als Nachweis für dieses Mietverhältnis mit H legten die Kläger einen auf den 21. November 1986 datierten schriftlichen Mietvertrag vor. Da dieser Mietvertrag auf einem Vordruck erstellt war, de...