rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldanspruch für die Zeit zwischen der Beendigung der Schulausbildung und dem Beginn des freiwilligen Wehrdienstes bzw. während des freiwilligen Wehrdienstes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes kann nicht als Beginn einer Ausbildung zum Offizier bzw. Unteroffizier gewertet werden, wenn sich der volljährige Sohn erst nach Ableistung des Wehrdienstes entscheiden will, ob er eine Offiziers- bzw. Universitätsausbildung bei der Bundeswehr aufnehmen wird. Allein der Umstand, dass die Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes für den Fall der Bewerbung um einen Studienplatz bei einem Auswahlgespräch positiv bewertet würde, genügt nicht, um einen Bezug zu einem noch nicht einmal konkret geplanten Studiengang herzustellen.

2. Befindet sich das volljährige Kind nach Beendigung des Gymnasiums bis zum Beginn des freiwilligen Wehrdienstes in einer Übergangszeit von nicht mehr als vier Monaten zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b SG (Soldatengesetz), ist es kindergeldrechtlich nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG berücksichtigungsfähig. Allein aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber die vom Gesetzesentwurf der Bundesregierung für ein Jahressteuergesetz 2013 vorgesehene Aufnahme einer ausdrückliche Regelung der Übergangszeit zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes in § 32 Abs. 4 S. Nr. 2 Buchst. b EStG nicht beschlossen hat, kann nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber § 32 EStG aus der Anwendbarkeitsregelung der §§ 56 WPflG bzw. 58f SG hatte ausnehmen wollen.

 

Normenkette

EStG 2013 § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, b, d, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 S. 2; SG § 58b; WPflG § 56

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 13.11.2015; Aktenzeichen III B 2/15)

 

Tenor

1. Unter teilweiser Aufhebung der ablehnenden Entscheidung vom 19. November 2013 und der Einspruchsentscheidung vom 27. März 2014 wird die Beklagte verpflichtet, gegenüber der Klägerin für A für die Monate August und September 2013 Kindergeld festzusetzen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 75 v.H. und die Beklagte zu 25 v.H..

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird hinsichtlich des Kindergeldes für die Monate August und September 2013 zugelassen.

 

Tatbestand

Strittig ist, ob die Beklagte, die Familienkasse, zu Recht die Kindergeldfestsetzung für den Sohn A, geb. am 23. Juni 1993, der Klägerin ab August 2013 abgelehnt hat.

A besuchte bis 28. Juni 2013 das Gymnasium in B. Mit der Erklärung vom 6. Juni 2013 zu weiteren Berücksichtigungstatbeständen nach Beendigung der Schulausbildung gab die Klägerin an, dass ihr Sohn spätestens vier Monate nach Schuljahresende ein Studium bei der Bundeswehr beginnen wolle. Am 1. Oktober 2013 trat A zur Ableistung eines 10-monatigen freiwilligen Wehrdienstes bei der Bundeswehr an.

Mit Bescheid vom 19. November 2013 lehnte die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für A gemäß § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) ab, weil er die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG nicht erfülle.

Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Wenn vier Monate nach Schuljahresende mit einer Ausbildung, hier dem Studium bei der Bundeswehr, begonnen werde, bestehe zumindest für die Übergangszeit ein Anspruch auf Kindergeld. A müsse sich während der Zeit seines ein Jahr dauernden freiwilligen Wehrdienstes mit Grundausbildung für die Bundeswehruniversität bewerben. Die Anspruchsvoraussetzungen seien während des freiwilligen Wehrdienstes, ungeachtet der Tatsache, dass er sich gegebenenfalls für die Bundeswehruniversität bewerben werde, erfüllt. Mit Schreiben vom 7. Januar 2014 teilte die Klägerin mit, dass sich A mit Ablauf des freiwilligen Wehrdienstes entscheiden werde, ob er eine Universitätsausbildung bei der Bundeswehr aufnehmen werde.

Mit Schreiben vom 12. März 2014 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht … mit dem Antrag, Kindergeld für A ab August 2013 bis zum Ende der Grundausbildung bei der Bundeswehr zu gewähren. Mit Einspruchsentscheidung vom 27. März 2014 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Sie begründet ihre Entscheidung damit, dass sich A nur bis Juli 2013 in Berufsausbildung befunden habe und der Zeitraum zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes kein Übergangszeitraum im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG darstelle. Mit Beschluss vom 8. April 2014 hat das Sozialgericht … den Rechtsstreit an das Finanzgericht München verwiesen.

Zur Begründung der vorliegenden Klage trägt die Klägerin vor, dass ihr Sohn die Grundausbildung und ein freiwilliges Jahr bei der Bundeswehr in der Intention ableiste...

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