Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von Ruhestandszahlungen des Europäischen Patentamts (Grundpension, Haushaltszulage, Steueranpassungsbeträge, Kinderzulage)
Leitsatz (redaktionell)
1. Die einem unbeschränkt steuerpflichtigen, ehemaligen Beschäftigten beim Europäischen Patentamt (EPA), einem Exekutivorgan der Europäischen Patentorganisation (EPO), als Pension/Ruhegehalt zufießenden Zahlungen aus seiner ehemaligen Tätigkeit beim EPA sind insoweit als steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen und als Versorgungsbezüge zu behandeln, als sie nicht auf übertragenen Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung (BfA, DRV) beruhen (im Streitfall: Steuerpflicht der Grundpension, der Haushaltszulage, der Steueranpassungsbeträge sowie des Teils der Kinderzulage, der das gesetzliche Kindergeld i. S. d. § 66 EStG übersteigt).
2. Soweit die EPA-Ruhestandszahlungen aus auf das Versorgungssystem der EPO übertragenen Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung stammen, sind sie als sonstige Einkünfte in Gestalt wiederkehrender Bezüge i. S. d § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a EStG (Leibrenten) zu besteuern.
3. Nach der BFH-Rechtspr. zu koordinierten Organisationen (z.B. NATO, OECD) sind Altersbezüge, soweit sie auf dem mit Wirkung vom 1.7.1974 eingeführten einheitlichen Pensionssystem für in den Ruhestand getretene Bedienstete beruhen, wonach die Ruhegehälter aus dem laufenden Haushalt der einzelnen Organisationen gezahlt werden und nicht auf der Übertragung von vor dieser Zeit angesammelten Guthaben aus Versorgungsfonds stammen, als Ruhegelder i. S. d. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zu qualifizieren. Die EPO hat für ihre Bediensteten ein Versorgungssystem eingerichtet, das in vollem Umfang dem Pensionssystem für die ehemaligen Bediensteten der koordinierten Organisationen entspricht, so dass die diesbezügliche Rechtsprechung grundsätzlich auch auf Ruhebezüge aus einer ehemaligen Tätigkeit beim EPA Anwendung findet (Anschluss an BFH-Rechtspr.; im Streitfall Streitjahr 2005).
Normenkette
EStG 2005 § 19 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa, § 66; VersO Art. 40 Abs. 1, Art. 41 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der am 16. April 1938 geborene Kläger war beim Europäischen Patentamt vom 1. November 1980 bis 30. April 2003 tätig. Er bezog im Streitjahr 2005 aufgrund dieser Tätigkeit Ruhestandsbezüge. Laut Auskunft der Gemeinde … vom 28. Dezember 2005 meldete sich der Kläger zum 1. Januar 2006 ins Ausland ab.
Das Europäische Patentamt ist ein Exekutivorgan der Europäischen Patentorganisation (EPO), einer zwischenstaatlichen Einrichtung, die am 7. Oktober 1977 auf der Grundlage des 1973 unterzeichneten Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) gegründet wurde. Die EPO hat zwei Organe, zu denen neben dem Europäischen Patentamt ein Verwaltungsrat zählt, der die Tätigkeit des Amts überwacht. Gemäß Art. 40 Abs. 1 der Versorgungsordnung (VersO) für das Europäische Patentamt werden die in der VersO vorgesehenen Leistungen zu Lasten des Haushalts der Organisation gewährt. Art. 41 Abs. 1 VersO legt daneben den jeweiligen Beitrag der Bediensteten zur Finanzierung des Versorgungssystems fest (z.B. 9,1 % des Gehalts 2007; 9,3 % in 2012) und bestimmt den monatlichen Einbehalt vom Gehalt. Nach Art. 2 Abs. 1 des Statuts der Reservefonds für Pensionen und soziale Sicherheit der Europäischen Patentorganisation (RFPSS-Statut) bilden die Fonds ein zweckgebundenes Sondervermögen der EPO und besitzen keine eigene Rechtsfähigkeit. Die Mittel der Fonds werden durch Zuweisungen aus dem Haushalt der EPO an die jeweiligen Fonds gebildet (Art. 3 Abs. 1 RFPSS-Statut).
Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) übertrug im Jahr 1999 Versorgungsanwartschaften des Klägers auf das Versorgungssystem des Europäischen Patentamts. Als deren Wert zum Zeitpunkt des Diensteintritts des Klägers im November 1980 wurde 67.477,98 DM errechnet.
Nach einer Bestätigung des europäischen Patentamts bezog der Kläger im Jahr 2005 Ruhegehalt und Zulagen in Höhe von insgesamt 71.473,32 EUR (Grundpension inkl. Nachzahlungen 62.957,28 EUR; Kinderzulage 3.128,88 EUR; Haushaltszulage 3.777,48 EUR). Ferner erhielt er Steueranpassungsbeträge von 30.873 EUR. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2005 erklärte der Kläger Ruhestandsbezüge inklusive Nachzahlungen in Höhe von 89.585 EUR als Rente. Demgegenüber berücksichtigte das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 14. März 2007 die Ruhestandszahlungen als Versorgungsbezüge nach § 19 EStG.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und wandte sich gegen die Besteuerung des Ruhegehalts als Versorgungsbezüge nach § 19 EStG. Er machte geltend, dass die Versorgungsbeiträge an einen unabhängigen Pensionsfonds überwiesen worden seien. Die Situation sei vergleichbar mit der beim allgemeinen Rentena...