Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadstoffarmut eines Kraftfahrzeugs. Briefeintrag als Grundlagenbescheid. Kraftfahrzeugsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

Die im Kraftfahrzeugbrief eingetragene Einstufung eines Kraftfahrzeugs als schadstoffarm ist ein Grundlagenbescheid, an den die Finanzbehörde bei der Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer gebunden ist. Sonstige Mitteilungen der Zulassungsbehörde (hier im Rahmen eines Datenabgleichs anlässlich einer Kassenprüfung durch die Oberfinanzdirektion) entfalten hingegen keine Bindungswirkung.

 

Normenkette

AO 1977 § 175 Abs. 1 Nr. 1, § 171 Abs. 10; KraftStG 1979 § 2 Abs. 2 S. 2; StVZO § 23 Abs. 7, § 27 Abs. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte, das Finanzamt (FA), eine Steuerbefreiung von der Kraftfahrzeugsteuer (KraftSt) nach § 3 b Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) aufheben durfte.

I.

Der Kläger (Kl) ist Halter des Pkw, Ford, Otto-Motor, Hubraum 1954 ccm, amtliches Kennzeichen XYZ. Am 14. Juli 1986 ließ er das Fahrzeug erstmals für den Straßenverkehr zu. Unstreitig (Bl. 13/St) war lt. Vermerk der Zulassungsstelle vom 14. Juli 1986 auf dem dem FA zugehenden Antrag auf Steuerbefreiung das Fahrzeug seit dem 14. Juli 1986 als schadstoffarm anerkannt. Mit Bescheid vom 24. Juli 1986 teilte daraufhin das FA dem Kl mit, daß das Halten seines Fahrzeugs gemäß § 3 b KraftStG von der KraftSt befreit sei, da es als schadstoffarm anerkannt sei. Aufgrund eines sog. Datenabgleichs durch die Kassenprüfung der Oberfinanzdirektion (OFD). Im Jahr 1989 ergab sich, daß der Pkw nur bedingt Schadstoffarm Stufe A war (Bl. 3/St). Mit Bescheid vom 15. September 1989 setzte das FA gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) für die Zeit ab dem 14. Juli 1986 die KraftSt auf jährlich 264 DM fest, was zu einer Nachforderung von 1.056 DM bis zum 13. Juli 1990 führte (s. Bl. 4/St). In den Erläuterungen des Bescheids teilte es dem Kl mit, daß die Steuerbefreiung am 13. Juni 1986 geendet habe, weil der Pkw nicht mehr als schadstoffarm anerkannt sei. Ab 14. Juli 1986 sei er als bedingt Schadstoffarm Stufe A anerkannt.

Der dagegen erhobene Einspruch blieb erfolglos (s. Einspruchsentscheidung -EE- vom 12. Dezember 1989). Nach Klageerhebung wurde der Pkw mit einem 3-Wege-Katalysator nachgerüstet (Bl. 33/34 FG) und antragsgemäß die Feststellung als schadstoffarm im Kfz-Schein geändert und ein neuer entsprechender Kfz-Schein erstellt und der alte Kfz-Schein eingezogen.

Mit der Klage trägt der Kl nunmehr vor, daß der auf § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO gestützte Bescheid, der zu einer Erhöhung der Steuer geführt habe, rechtwidrig sei. Abgesehen davon sei § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht anwendbar, weil der Änderungsgrund nicht auf einer nachträglich bekanntgewordenen Tatsache oder einem entsprechenden Beweismittel beruhe. Die Tatsache, daß der Pkw nur bedingt schadstoffarm gewesen war, sei bereits von Anfang an bekannt gewesen. Möglicherweise sei dieser Umstand durch die Zulassungsstelle dem FA nicht richtig mitgeteilt worden. In diesem Fall hätte jedoch das FA die Pflicht gehabt, den Sachverhalt zu überprüfen. Bei ordnungsgemäßer Überprüfung wäre es auf den Fehler gestoßen; da es dies Jedoch nicht getan habe, müsse es ihn gegen sich gelten lassen. Außerdem sei die Feststellung der Zulassungsbehörde, wonach das Fahrzeug bedingt Schadstoffarm ist, ein Grund lagenbescheid und damit für das FA bindend, solange diese Entscheidung nicht geändert worden sei. Diese Feststellungen seien gemäß § 23 Abs. 7 StVZO im Fahrzeugschein und im Fahrzeugbrief vermerkt und bis zum 21. Juni 1992 auch nicht geändert worden. Damit entfalle die Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendung des § 175 AO infolge einer Änderung des Grundlagenbescheids. Die Feststellung, die die Zulassungsstelle am 14. Juli 1986 derart getroffen habe, daß sie dem FA das Fahrzeug als Schadstoffarm „bescheinigte”, sei ebenfalls bis heute nicht geändert worden. Aus den Ausführungen des FA ergebe sich lediglich, daß die Feststellungen der Verkehrsbehörde falsch in den Antrag übertragen worden seien. Da dadurch ein Grundlagenbescheid entstanden sei, könne die Finanzbehörde den Übertragungsfehler nicht von sich aus aufgrund eigener Fachkenntnis, sondern nur aufgrund einer geänderten Feststellung seitens der Kraftfahrzeugzulassungsstelle korrigieren. Außerdem könne nicht davon ausgegangen werden, daß dem Kl von Anfang an Kfz-Brief und Kfz-Schein mit der Eintragung „bedingt Schadstoffarm” vorgelegen hätten, da auf dem Kfz-Brief die ursprüngliche Eintragung, so wie sie gegen den Steuerpflichtigen wirksam wurde, wegen der späteren Änderung der Eintragung (Nachrüstung mit einem Dreiwegekatalysator) nicht mehr eindeutig erkennbar sei und der ursprüngliche Kfz-Schein (nach erfolgter Kat-Nachrüstung) eingezogen worden sei. Die von der Finanzbehörde vorgelegte Originalkarte 1 karte der Zulassungsstelle könne nicht den ursprünglichen, dem Steuerpflichtigen ausgehändigten Kfz-Schein, ersetzen. Nur dieser komme ...

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