Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Offenbare Unrichtigkeit bei ungeprüfter Übernahme der Angaben aus der Steuererklärung. Wiedereinsetzung
Leitsatz (redaktionell)
1. Fehler in der Steuererklärung rechtfertigen, abgesehen von Fällen der Selbstveranlagung, für sich allein keine Berichtigung nach § 129 AO, weil diese Bestimmung nach ihrem Wortlaut und Sinn nicht für Versehen des Steuerpflichtigen gilt.
2. Eine Berichtigung des Steuerbescheides nach § 129 AO kommt nicht in Betracht, wenn das Finanzamt Angaben ohne Plausibilitätsprüfung aus der Steuererklärung übernommen hat, die Eintragungen in der Steuererklärung für das Finanzamt nicht ohne weiteres als falsch und für den Steuerpflichtigen nachteilig erkennbar waren und somit eine rein mechanische Übernahme offensichtlich unzutreffender Angaben auszuschließen ist.
3. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht zu gewähren, wenn aus Sicht des Finanzamts keine Abweichung von der Steuererklärung vorgelegen hat und demzufolge ein besonderer Hinweis unterblieben ist, jedoch angesichts der ausführlichen Darstellung der Berechnung der Besteuerungsgrundlagen im Bescheid nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein unterbliebener Hinweis ursächlich für das Versäumen der Einspruchsfrist gewesen wäre.
Normenkette
AO 1977 § 129 S. 1, § 110; FGO § 56
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob Steuerbescheide zu Gunsten der Klägerin geändert werden können.
Die Einkommensteuererklärung der Klägerin für 1999 ging am 19.9.2000 beim beklagten Finanzamt ein. Die Daten der Einkommensteuererklärung wurden elektronisch übermittelt. Auf Seite 4 des Mantelbogens ergibt sich aus den Eintragungen in Zeile 102 bis 104, dass für die Heimunterbringung zur dauernden Pflege des zwischenzeitlich verstorbenen Ehemanns der Klägerin DM 36.920 angefallen sind. In den Zeilen 116 bis 118 sind Krankheitskosten in Höhe von DM 908 sowie pauschale KFZ Kosten Gehbehinderter für 2 Personen in Höhe von DM 3.120 angegeben.
Mit Bescheid vom 6.3.01 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für 1999 fest. Es wies bei den außergewöhnlichen Belastungen DM 4.028 als anerkannte Belastungen aus, die sich jedoch auf Grund der zumutbaren Belastung steuerlich nicht auswirkten. Im Bescheid ist demgemäß ein Überlastungsbetrag von DM 0 ausgewiesen. Den Pauschalbetrag nach § 33 Abs. 3 EStG für die Beschäftigung einer Hausgehilfin erhöhte das Finanzamt auf Antrag der Klägerin vom 15.3.01 mit Bescheid vom 2.4.2001 auf DM 1.800.
Die Einkommensteuererklärung für 2000 ging am 6.8.2001 beim Finanzamt ein. Aus den Eintragungen in Zeile 102 bis 104 des Mantelbogens ergibt sich, dass für den Ehemann der Klägerin für die Zeit vom 1.1. bis zum 30.9.2000 DM 28.574 für die Unterbringung in einem Heim zur dauernden Pflege entstanden sind. Als andere außergewöhnliche Belastungen sind in Zeile 117 pauschale Kfz-Kosten Gehbehinderter für 2 Personen in Höhe von DM 3.120 erklärt. Mit Bescheid vom 8.10.01 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für 2000 fest. Es wies hierbei außergewöhnliche Belastungen von DM 3.120 aus, die wegen einer zumutbaren Eigenbelastung von DM 7.949 zu einem Überbelastungsbetrag von DM 0 führten.
Am 12.4.2002 ging beim Finanzamt der Antrag des Klägervertreters auf Änderung der Einkommensteuerbescheide gemäß § 129 AO ein. Die Veranlagungssachbearbeiterin teilte dem Klägervertreter mit Schreiben vom 30.4., 1.7. und 16.7.2002 mit, dass kein Übertragungsfehler vorgelegen habe und lehnte die beantragte Änderung ab. Am 6.8.2002 ging beim Finanzamt der Einspruch gegen den Bescheid vom 16.7.02 ein, verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung nach § 126 Abs. 3 AO. Diesen Einspruch wies das Finanzamt mit Entscheidung vom 19.11.02 als unbegründet zurück.
Zur Begründung der hiergegen gerichteten Klage wird vorgetragen, dass die fehlerhaften Eingaben im Steuererklärungsformular auf dem verwendeten Eingabeprogramm der DATEV beruhen. Dieses Programm sehe die Eingabe der Aufwendungen im Zusammenhang mit den Angaben zur Hilfe im Haushalt und Heimunterbringung vor. Um eine Doppelerklärung zu vermeiden seien die Angaben nicht nochmals in Zeile 116 ff gemacht worden.
Auf Grund der Höhe der geltend gemachten Aufwendungen und der beigefügten Belege sei für das Finanzamt eindeutig erkennbar gewesen, dass nicht der Pflegepauschbetrag von DM 7.200, sondern die tatsächlichen Kosten steuerlich berücksichtigt werden sollten. Wenn der Bearbeiter dies übersehen habe, so habe er die offenbare Unrichtigkeit der Steuererklärung übernommen. Damit lägen die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 129 AO vor. Wenn der Bearbeiter jedoch erkannt habe, dass die Berücksichtigung höherer Kosten gewollt gewesen wäre, dies aber dennoch nicht berücksichtigt habe, so hätten diese Abweichungen in den Bescheiden vom 2.4.2001 und vom 18.10.2001 erläutert werden müssen. Auf diesen fehlenden Erläuterungen beruhe die Versäu...