rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung bei fehlender Aufzeichnung einer USt-IdNr. des Empfängers bzw. bei deren Nichtexistenz
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine innergemeinschaftliche Lieferung kann trotz fehlender Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) des Erwerbers steuerfrei sein, wenn der Lieferer nachweist, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger (Unternehmer) gewesen ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat, und die vom Lieferer ergriffenen Maßnahmen ausreichen, um die Kontrolle der betreffenden innergemeinschaftlichen Lieferung zu ermöglichen.
2. Im Streitfall genügte die Angabe der USt-IdNr. des Inhabers des Verbrauchsteuerlagers, zu dem die Gegenstände versendet wurden und bei dem der Erwerber über ein Verbrauchsteuerlagerkonto verfügte, wodurch das FA den Erwerber zweifelsfrei als Abnehmer der streitgegenständlichen innergemeinschaftlichen Lieferungen ermitteln konnte.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1; UStDV § 17c Abs. 1 S. 1
Tenor
1. Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 17. Juli 2009 und der Einspruchsentscheidung vom 10. Juni 2010 wird die Umsatzsteuer für 2003 auf -… EUR festgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Lieferungen von Wein in das Vereinigte Königreich (UK) umsatzsteuerfrei sind.
Die Klägerin betreibt einen Groß- und Einzelhandel mit hochwertigen Weinen.
In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr vom 17. Januar 2005 behandelte die Klägerin u.a. Zahlungen auf sieben Rechnungen über Weinlieferungen vom 6.10.2003 (Nr. 19.664), 7.10.2003 (Nr. 19.702), 3.11.2003 (Nr. 19.952), 4.11.2003 (Nr. 19.984), zweimal vom 1.12.2003 (Nrn. 20.173 und 20.220) und vom 2.12.2003 (Nr. 20.319) an den F-Fonds, UK, als Anzahlungen auf steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. In den Rechnungen wird jeweils auf die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen hingewiesen. Ferner ist die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) der C genannt, die im UK ein Verbrauchsteuerlager unterhielt und bei der der F-Fonds über ein Verbrauchsteuerlagerkonto verfügte. Die in Rechnung gestellten Beträge gingen bei der Klägerin noch im Streitjahr 2003 ein. In den Büchern der Klägerin wurden die eingegangenen Beträge als Zahlungen des F-Fonds im Konto Nr. … unter Bezugnahme auf die jeweilige Rechnungsnummer verbucht.
Der F-Fonds war eine nach dem Recht der Cayman Islands gegründete und in das dortige Handelsregister eingetragene GmbH. Gegenstand des F-Fonds war die Geldanlage in hochwertige Weine. Die Entscheidung über den An- und Verkauf der Weine war auf die O übertragen, die durch D und B vertreten wurde.
Die Lieferung der Weine erfolgte nach den vorgelegten Belegen im April 2004 zu einem Steuerlager der L im UK, von wo sie zu einem Steuerlager der C verbracht wurden. Dazu sind neben den Rechnungen ein CMR-Frachtbrief, eine weiße Spediteursbescheinigung sowie ein vom Zollamt X für Verbrauchsteuerzwecke ausgestelltes begleitendes Verwaltungsdokument vorhanden, in denen als Empfänger der F-Fonds und als Ort der Lieferung L angegeben ist. Im begleitenden Verwaltungsdokument (Ex. Nr. 3) ist auf die sieben Rechnungen Bezug genommen und der Empfang der Ware von L (als Steuerbehörde) bestätigt worden.
Nachdem die Finanzverwaltung des UK der deutschen Finanzverwaltung im Jahr 2007 mitgeteilt hatte, dass die Klägerin innergemeinschaftliche Lieferungen an C angemeldet habe und dies nicht korrekt sei, weil es sich bei C um ein Zoll- bzw. Verbrauchsteuerlager handele, führte der Beklagte (das Finanzamt) bei der Klägerin eine Überprüfung der Weinlieferungen in das UK durch. Dabei wurde festgestellt, dass auf den Rechnungen jeweils nicht eine UStIdNr. des F-Fonds, sondern die USt-IdNr. der C angegeben ist (vgl. Bericht vom 1. Juli 2009 über die bei der Klägerin vorgenommene Umsatzsteuer-Sonderprüfung).
Das Finanzamt sah aufgrund dieser Erkenntnisse im Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Streitjahr vom 17. Juli 2009 die o.g. Weinlieferungen als steuerpflichtig an, weil Abnehmer der Weine der F-Fonds gewesen und eine gültige USt-IdNr. des F-Fonds nicht nachgewiesen sei.
Die nach erfolglosem Einspruch hiergegen erhobene Klage wies das Gericht im I. Rechtsgang mit Urteil vom 18. Dezember 2012 – 2 K 2283/10 (EFG 2013, 649) ab.
Im Urteil wurde festgestellt, dass die Weine zwar in das UK versendet worden seien und der F-Fonds als Abnehmer der Weinlieferungen Unternehmer gewesen sei. Die Klägerin habe aber den Buch- und Belegnachweis nicht richtig und vollständig erbracht, weil sie auf den zu den streitgegenständlichen Weinlieferungen ausgestellten Rechnungen und in ihren Büchern nicht die USt-Id...