rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszimmer einer Kindergartenleiterin. Einkommensteuer 1998
Leitsatz (redaktionell)
Das Kindergartenbüro kann im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 2 EStG einen anderen Arbeitsplatz für die Leiterin eines Kindergartens darstellen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b, § 9 Abs. 5, § 3 Nr. 26, § 3c
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als Leiterin eines Kindergartens Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich geltend machen kann.
I.
Die Kläger wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Die Klägerin (Klin) erzielt als Leiterin eines Kindergartens Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Im Kindergarten wurden im Streitjahr etwa 107 Kinder in vier Gruppen von jeweils einer Erzieherin und einer Kinderpflegerin betreut. Die Betreuungszeiten und Arbeitszeiten waren wie folgt geregelt:
|
Betreuungszeit |
Arbeitszeit Erzieherin |
1 × Kurzzeitgruppe |
7.30 – 12.30 Uhr |
7.30 – 13.00 Uhr |
1 × 14.00 Uhr-Gruppe |
7.00 – 14.00 Uhr |
7.00 – 15.30 Uhr (Klin) |
2 × Langzeitgruppe |
7.00 – 16.30 Uhr |
7.00 – 15.00 Uhr 8.00 – 16.30 Uhr |
Die Klin machte Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 2.346,15 DM geltend. Das FA lehnte die Anerkennung dieser Aufwendungen mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem ESt-Bescheid 1998 vom 11.08.2000 ohne Begründung ab. Mit nach § 164 Abs. 2 AO ergangenem Bescheid vom 10.10.2002 erfolgte eine hier nicht streitige Änderung und eine ESt-Festsetzung in Höhe von … EUR. Mit Schreiben vom 08.11.2003 erhoben die Kläger hiergegen Einspruch. Mit Bescheid vom 12.12.2002 hob das FA den Vorbehalt der Nachprüfung hinsichtlich des ESt-Bescheids 1998 auf. Mit Einspruchsentscheidung vom 30.04.2003 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die nach Aktenlage fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung tragen die Kläger vor, die Abziehbarkeit der geltend gemachten Aufwendungen ergebe sich daraus, dass das Kindergartenbüro nur während der Öffnungszeiten des Kindergartens benutzt werden könne. Daher müssten umfangreiche Tätigkeiten, insbesondere
- ⇒ Vorbereitung und Zusammenstellung der Rahmenpläne für Gruppenarbeit im Kindergarten mit Organisations- und Ablaufplanung,
- ⇒ Ausarbeitung der Themenschwerpunkte für Teamgespräche,
- ⇒ Vorbereitung der Elternabende, Elternbriefe, Öffentlichkeitsarbeit
- ⇒ Vorbereitung der Fortbildungsveranstaltungen des überregionalen Kindergartenverbandes der Caritas,
- ⇒ Vorbereitung von Festen und Gottesdiensten,
- ⇒ Pflege der Internetseite,
- ⇒ Verwaltungsorganisation und
- ⇒ Weiterbildung
am Abend bzw. an den Wochenenden im häuslichen Arbeitszimmer ausgeführt werden. Es stehe demnach insoweit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung.
Die Kläger beantragen,
den ESt-Bescheid 1998 vom 10.10.2002 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 12.12.2002 und der Einspruchsentscheidung vom 30.04.2003 dahingehend abzuändern, dass zusätzliche Werbungskosten aus nichtselbstständiger Tätigkeit der Klin in Höhe von 2.347 DM berücksichtigt und die ESt auf… EUR herabgesetzt wird.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt es aus, der Abzug von Werbungskosten für die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers scheitere am Vorhandensein eines anderen Arbeitsplatzes im Kindergartenbüro. Der Beruf einer Erzieherin sei nicht dem eines Lehrers vergleichbar, so dass die angezogenen Entscheidungsfälle nicht einschlägig seien.
Hinsichtlich des Inhalts der mündlichen Verhandlung und der dort gestellten Anträge wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 b, § 9 Abs. 5 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung grundsätzlich nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen. Dies gilt nur dann nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 2.400 DM begrenzt. Die Beschränkung auf diesen Betrag gilt nur dann nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
„Häusliches Arbeitszimmer” ist das häusliche Büro, also ein Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer bzw. -organisatorischer Arbeiten dient (Urteil vom 19. September 2002 VI R 70/01, BFHE 200, 336, BStBl II 2003, 139 und vom 26. Februar 2003 VI R 156/01, DStR 2003, 1021). Anderer Arbeitsplatz im Sinne der Abzugsbeschränkung ist jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist, wenn dieser Arbeitsplatz grundsätzlich so beschaffen ist, dass d...