rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nur mit pauschalem Verweis auf die GDPdU begründete Aufforderung nach § 147 Abs. 6 AO zur Überlassung eines Datenträgers im Rahmen einer Betriebsprüfung unverhältnismäßig
Leitsatz (redaktionell)
1. Der generell zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es, dass die Finanzverwaltung in Ausübung ihres legitimen Interesses an einer Überlassung digitalisierter Daten im Rahmen einer Außenprüfung nicht übermäßig in Rechte des Steuerpflichtigen eingreift und deshalb ihre Befugnisse aus § 147 Abs. 6 AO nur in dem durch die Zwecke der Außenprüfung gebotenen zeitlichen und sachlichem Umfang unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Steuerpflichtigen am Schutz ihrer persönlichen Daten ausübt. So dürfen die nach § 147 Abs. 6 AO überlassenen Daten nach dem tatsächlichen Abschluss der Außenprüfung nicht weiter auf dem Laptop des Prüfers gespeichert bleiben, sondern nur noch – bis zum Abschluss eines möglicherweise stattfindenden Rechtsbehelfsverfahrens – in den Diensträumen der Finanzverwaltung.
2. Eine Aufforderung des Betriebsprüfers zur Überlassung eines Datenträgers zu Beginn einer Betriebsprüfung ist unverhältnismäßig und daher aufzuheben, wenn sie lediglich auf die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU, vgl. BMF, Schreiben v. 16.7.2001, IV D 2 – S 0316-136/01, BStBl 2001 I S. 415) verweist, nicht erkennen lässt, wo Datenzugriff und Auswertung erfolgen sollen, etwa nur bei dem zu prüfenden Unternehmen oder auch im FA, und wenn die Aufforderung auch keine Regelung darüber enthält, ob, wo, und wie lange die durch die Überlassung des angeforderten Datenträgers erhaltenen Daten gespeichert werden sollen. Der Verweis auf die GDPdU vermag die Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit hinsichtlich Verwertung und Speicherung von Daten des Unternehmens in zeitlicher und örtlicher Hinsicht nicht ausreichend zu begründen.
Normenkette
AO § 147 Abs. 6 Sätze 1-2, § 200 Abs. 1 S. 2; EStG § 4 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist eine Rechtsanwaltspartnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG). Sie besteht aus 5 Gesellschaftern, die als Rechtsanwälte bei der Rechtsanwaltskammer zugelassen sind. Gegenstand der Gesellschaft ist die Erbringung von Rechtsdienstleistungen. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung.
Der Betrieb der Klägerin war nach der Betriebsprüfungsordnung (BpO 2000) ab dem Veranlagungszeitraum 2007 als Großbetrieb eingestuft.
Das Finanzamt erließ für die Veranlagungszeiträume 2012 – 2014 eine Prüfungsanordnung für die Klägerin. Geprüft werden sollte die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung einschließlich des Gewerbesteuermessbetrages und die Umsatzsteuer 2012 bis 2014.
Zusammen mit der Prüfungsanordnung bat der für die Außenprüfung vorgesehene Prüfer um die Überlassung eines Datenträgers nach GDPdU, den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen, zu Beginn der Betriebsprüfung.
Den Einspruch der Klägerin, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass der uneingeschränkt geforderte Datenzugriff zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen rechtswidrig sei, wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung zurück.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, die Prüfungsanordnung sei schon deswegen rechtswidrig, da sie nicht die Einschränkung enthalte, dass die Herausgabe der Daten nur zur Speicherung und Auswertung auf dem Rechner des Prüfers während der Prüfung in den Geschäftsräumen der Klägerin oder zur Mitnahme durch den Prüfer für die Speicherung und Auswertung der Daten auf einem Rechner in den Diensträumen des Finanzamtes bis zum Abschluss des Besteuerungsverfahrens erfolgen werde.
Die Anforderung eines Datenträgers sei auch nicht verhältnismäßig und nehme keine zutreffende Interessenabwägung vor.
Bei den vorangegangenen Prüfungen sei auf die Vorlage eines Datenträgers verzichtet und auf eine davon in Zukunft abweichende Handhabung nicht hingewiesen worden. Es sei sogar bekräftigt worden, so weiterzumachen. In der Vergangenheit hätten die Prüfer jeweils lediglich eine Auswahl getroffen und Honorarrechnungen und Kontoauszüge für einzelne Monate der jeweiligen Jahre konkret angefordert. Hierdurch sei der Aufwand für die Klägerin zur Anonymisierung von mandatsbezogenen Daten noch in vertretbarem Rahmen gewesen. Es sei bei Datenbeständen, ob in Papierform oder elektronisch, für den Datenzugriff die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht durch geeignete Zugriffsbeschränkungen sicherzustellen. Beim elektronischen Datenzugriff sei ein Schwärzen von mandatsbezogenen, der Verschwiegenheit unterliegenden Unterlagen technisch höchst aufwendig bzw. sogar unmöglich und mit einem immensen Aufwand verbunden. Die Klägerin verwende für die Erfassung der Buchführung das Buchführungsprogramm A, welches na...