Entscheidungsstichwort (Thema)
Unberechtigter Ausweis der Umsatzsteuer für im Ausland steuerbare Leistungen: Keine rückwirkende Berichtigung der im Inland nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldeten Umsatzsteuer
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat der Unternehmer für im Ausland steuerbare und damit im Inland nicht steuerbare Leistungen in Rechnungen Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen, schuldet er diese Umsatzsteuer infolge des unrichtigen Steuerausweises nach § 14c Abs. 1 UStG.
2. In den Fällen des § 14c Abs. 1 UStG wirkt eine Rechnungsberichtigung erst für den Besteuerungszeitraum der Berichtigung ohne Rückwirkung auf den Besteuerungszeitraum der Rechnungserteilung (Anschluss an BFH-Rechtsprechung; Abgrenzung zur EuGH-Rechtsprechung). Die umsatzsteuerlichen Rechtsfolgen aus einer solchen Rechnungsberichtigung können daher erst im Besteuerungszeitraum der Durchführung der Berichtigung – und nicht schon in dem früheren Zeitpunkt der Ausführung der abgerechneten Leistungen und der Erstellung der ursprünglichen Rechnungen – geltend gemacht werden.
3. Eine Berichtigung des Steuerbetrags nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 UStG setzt neben der Berichtigung des unrichtigen Steuerausweises grundsätzlich voraus, dass der Unternehmer die vereinnahmte Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat (vgl. BFH, Urteil v. 12.10.2016, XI R 43/14, MwStR 2017 S. 283 sowie FG München, Urteil v. 27.5.2020, 3 K 654/18, EFG 2020 S. 1451).
Normenkette
UStG § 14c Abs. 1 Sätze 1-2, § 17 Abs. 1, § 14 Abs. 6 Nr. 5; MwStSystRL Art. 203, 219
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist dem Grunde nach, ob der Kläger einheitliche sonstige Leistungen an nicht in der Europäischen Union ansässige ausländische Unternehmer erbracht hat, welche wegen deren Ansässigkeit im Ausland in Deutschland nicht steuerbar sind oder ob der Kläger mehrere, umsatzsteuerrechtlich selbständig zu würdigende Leistungen erbrachte, die zu einem Teil in Deutschland steuerbar sind. Streitig ist weiter, ob der Kläger die nach seiner Auffassung mit unrichtigem Steuerausweis erstellten Rechnungen in den Streitjahren zutreffend berichtigt hat und in welchem Besteuerungszeitraum eine Erstattung der nach Auffassung des Klägers zu hoch angemeldeten und erklärten Umsatzsteuern möglich ist.
Der Kläger erbrachte in den Streitjahren im Rahmen seines Unternehmens Leistungen an ausländische Abnehmer – die durchweg in A ansässig waren –, welche ihre Arbeitnehmer zu Messen in Deutschland entsendeten. Diese Leistungen werden vom Kläger und dem Beklagten (dem Finanzamt Starnberg; im Folgenden: FA) als „Rund um Sorglos-Pakete” bezeichnet.
Der Kläger erbrachte seine Leistungen im Wesentlichen wie folgt:
Der Kläger war selbst kein Veranstalter von Messen, sondern organisierte speziell nach Kundenwunsch abgestimmte Messebesuche sowie die Teilnahme Unternehmen aus A an Fachmessen beispielsweise mit eigenem Firmenstand. Bei den Leistungsempfängern, die diese Leistungen des Klägers nachfragten, handelte es sich ausschließlich um Unternehmen aus A, die wiederum ausgewählte Mitarbeiter zu Informations- und Fortbildungszwecken bzw. als Aussteller zu Fachmessen in Deutschland entsendeten. Je nach Wunsch des jeweiligen Unternehmens konnten diese zur Ermöglichung eines Messebesuchs in Deutschland ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Leistungen wie Transfer vom und zum Flughafen, Hotelübernachtungen, Bewirtungen während der Messe bzw. anschließend in Restaurants durch Reservierungen beim Kläger buchen. Ein zentrales Leistungselement des Klägers war dabei, die von den Unternehmen entsandten Mitarbeiter, welche selbst weder über Deutsch- noch Englischkenntnisse in Wort und Schrift verfügten, während der Fachmessen insbesondere mit Übersetzungsleistungen aktiv zu begleiten. Sobald die Unternehmen dem Kläger mitteilten, wie viele Mitarbeiter an der jeweiligen Messe teilnehmen sollten, kaufte dieser entsprechende Hotelkontingente ein. Auch die Eintrittsberechtigungen zu den Fachmessen kaufte der Kläger vorab und organisierte die Beförderungen der Messeteilnehmer während ihres Aufenthalts in Deutschland. Dafür beauftragte der Kläger auf eigene Rechnung Omnibusunternehmen als Subunterunternehmer, die je nach Anzahl der zu befördernden Personen entsprechende Fahrzeuge wie Kleinbusse oder größere Reisebusse jeweils mit Fahrer bereitstellten. Die Leistung des Klägers begann am jeweiligen Ankunftsflughafen in Deutschland, wo er die Messeteilnehmer in Empfang nahm. Die Teilnehmer wurden dann mit Bussen zur Messe, ins Hotel und – je nach Kundenwunsch – abends in ein Restaurant gefahren. Weiterhin kümmerte sich der Kläger um die Verpflegung der Kunden, was während der Messe durch den Einkauf eines Caterings oder mit Lunchpaketen erfolgte. Die Verpflegung wurde dabei jeweils durch einen beauftragten Subunternehmer erbracht. Am Ende eines Messetags fand die Verpflegung zumeist in einem Restaurant statt, was der Kläger bereits im Vorfe...