Entscheidungsstichwort (Thema)
Unselbstständiges Warenlager im Inland keine inländische Betriebsstätte. Keine notwendige Beiladung des Rechnungsausstellers zum Rechtsstreit über den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers
Leitsatz (redaktionell)
1. Da die (umsatzsteuerrechtliche) Regelung zum Betriebsstättenbegriff auf Gemeinschaftsrecht beruht und die dort verwendeten Begriffe solche des Gemeinschaftsrechts sind, ist die Auslegung am Gemeinschaftsrecht auszurichten.
2. Ein Warenlager ist keine inländische Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens, wenn dort nur Hilfstätigkeiten und Tätigkeiten vorbereitender Art durchgeführt werden und die einzige dort beschäftigte Angestellte nicht befugt ist, für das Unternehmen Verträge abzuschließen.
3. Obwohl der Rechtsstreit über die Umsatzsteuerbarkeit und Umsatzsteuerpflicht von Leistungen, für die der Vorsteuerabzug beansprucht wird, auch die rechtlichen Interessen des Leistenden berührt, ist der Rechnungsaussteller nicht notwendig beizuladen.
Normenkette
UStG 2005 § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 3a Abs. 3 S. 2; EWGRL 388/77 Art. 9 Abs. 1 Buchst. e; FGO § 60 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Klägerin über eine Betriebsstätte in Deutschland verfügt hat.
Die Klägerin, die mit pharmazeutischen Produkten handelt, unterhielt im Streitjahr bei der Firma W in A ein unselbständiges Warenlager ohne eigene Angestellte, in welches sie Waren aus Italien einlagerte, um sie in Deutschland durch Spediteure distributieren zu lassen. Außerdem beschäftigte die Klägerin in Deutschland eine Angestellte, die von ihrem Wohnort aus bestimmte Koordinationsarbeiten zwischen der Klägerin und dem deutschen Markt und das Controlling der Vertragsbeziehungen und der Vertragsabwicklung erledigte. Der Angestellten war es nicht gestattet, im Namen und im Auftrag der Klägerin Verträge abzuschließen (vgl. Arbeitsvertrag vom 30. März 2005, Bl. 6-10 der Steuerakte).
Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung stellte das Finanzamt (FA) fest, dass die Klägerin einen Vorsteuerabzug für verschiedene Eingangsleistungen, wie Telefon, Werbung, Beratung und Gutachten geltend gemacht hat. Das FA erkannte den Vorsteuerabzug nicht an, weil die Leistungen dort steuerbar seien, wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibe. Dies sei in Italien und nicht in Deutschland. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Klägerin in Deutschland ein Warenlager habe.
Das FA verweigerte der Klägerin daher geltend gemachte Vorsteuern für die Monate Oktober bis Dezember 2005 in Höhe von insgesamt 14.981,94 EUR. Der gegen die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide Oktober bis Dezember 2005 vom 9. August 2006 eingelegte Einspruch der Klägerin blieb erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2006). Im Klageverfahren erließ das FA am 11. Juli 2007 einen Jahressteuerbescheid und setzte die Umsatzsteuer für 2005 auf einen negativen Betrag von 7.191,55 EUR fest.
Mit ihrer nunmehr erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen Folgendes geltend:
Die Auffassung des FA berücksichtige nicht § 3a Abs. 3 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes in der hier maßgebenden Fassung (UStG), wonach der Ort der Leistung dann nicht in Italien liege, wenn die Leistungen für eine inländische Betriebsstätte des ausländischen Unternehmens erbracht worden sei. Dies sei vorliegend der Fall, da sämtliche Leistungen unstreitig für das in A befindliche Lager der Klägerin erbracht worden seien. Da sich die Klägerin nicht auf das EG-Recht und die Mehrwertsteuerrichtlinie berufe, könne nur das deutsche Umsatzsteuerrecht bzw. die Abgabenordnung (AO) angewandt werden, wonach auch ein Warenlager als inländische Betriebsstätte anzuerkennen sei. Die EG-Richtlinie binde den jeweiligen Staat, der Steuerpflichtige könne sich zu seinem Vorteil hierauf berufen. Dem deutschen Gesetzgeber bliebe es unbenommen, das Umsatzsteuergesetz im Sinne der EG-Richtlinie zu ändern. Nach derzeitiger Rechtslage sei der Begriff der Betriebsstätte jedoch nach den Vorgaben der Abgabenordnung auszulegen.
Die Klägerin beantragt, unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 11. Juli 2007 für 2005 eine negative Umsatzsteuer von 22.173,49 EUR festzusetzen. Außerdem hat sie beantragt, die Rechnungsaussteller zum Verfahren beizuladen.
Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.
Es verweist in seiner Erwiderung auf die Begründung der Einspruchsentscheidung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Das FA ist zu Recht davon ausgegangen, dass die der Klägerin erbrachten Dienstleistungen (sonstige Leistungen) in Italien zu versteuern sind, so dass die Klägerin die in Rechnung gestellten deutschen Vorsteuern nicht nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG abziehen kann. Denn der Abzug umfasst nur die Vorsteuerbeträge, die der leistende Unternehmer für im Inland bewirkte oder als im Inland ausgeführt geltende Lieferungen oder sonstige Leistungen gesondert ausgewiese...