Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld für in den USA zur Schule gehendes Kind
Leitsatz (redaktionell)
Für ein Kind, das für mehrere Jahre im Ausland einer Ausbildung nachgeht, verlangt die Rechtsprechung für einen inländischen Aufenthalt grundsätzlich besuchsweise Aufenthalte in allen unterrichtsfreien Zeiten, also den Schulferien, mindestens aber für drei Monate pro Kalenderjahr.
Normenkette
EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 3; AO §§ 8-9
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist die Mutter von D., geb. am 04.09.1990. Mit Schreiben vom 14.08.2006 teilte sie der Beklagten (der Familienkasse) mit, dass D. am 13.08.2006 in die USA geflogen sei, um bis auf weiteres in Nevada die High School zu besuchen. Ergänzend erläuterte sie nach Rückfrage durch die Familienkasse, dass D. dort bis voraussichtlich 30.06.2009 bei seinem Vater leben werde.
Die Familienkasse hob mit Bescheid von 25.10.2006 die Festsetzung von Kindergeld mit Wirkung ab September 2006 auf. Nach § 63 Einkommensteuergesetz (EStG) bestehe für Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung finde, hätten, kein Anspruch auf Kindergeld. D. habe aufgrund der geplanten Zeitdauer und dem Zusammenleben mit seinem Vater seinen Wohnsitz in Deutschland aufgegeben.
Am 27.11.2006 teilte die Klägerin der Familienkasse mit, dass sie umgezogen sei.
Zur Begründung der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen folgendes vor:
Sie begehre weiterhin Kindergeld für D. ab September 2006. Er sei mit Wohnsitz bei ihr beim zuständigen Einwohnermeldeamt in A. gemeldet und habe einen Wohnsitz in ihrer Wohnung (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 23.11.2000 VI R 107/99, BStBl II 2001, 294). In dem von ihr bewohnten Anwesen sei ein Zimmer für D. vollständig eingerichtet und befinde sich noch in dem Zustand, als er noch keine Schulausbildung in den USA aufgenommen habe. Die gesamte Wohnung stehe ihm jederzeit und voll zur Verfügung. In den Schulferien kehre er regelmäßig nach Deutschland zurück. Er sei in der Zeit der Sommerferien vom 29.06.2007 bis 23.08.2007, sowie in den Weihnachtsferien vom 21.12.2007 bis 05.01.2008 bei ihr gewesen. Nach der dreijährigen Schulausbildung werde er nach Deutschland zurückkehren und bei ihr wohnen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß
den Bescheid vom 25.10.2006 und die Einspruchsentscheidung vom 15.03.2007 aufzuheben.
Die Familienkasse beantragt
Klageabweisung.
Bezugnehmend auf die Einspruchsentscheidung weist sie ergänzend darauf hin, dass D. durch die Aufnahme in den Haushalt des Vaters die Eingliederung in die Lebensverhältnisse in den USA erheblich erleichtert worden sei im Vergleich zu einem Kind, das im Ausland lediglich in einem Internat untergebracht sei. Dies spreche auch dafür, dass sich der Lebensmittelpunkt von D. ins Ausland verlagert habe. Die (beabsichtigten) Ferienaufenthalte sprechen nicht für die Beibehaltung eines Wohnsitzes bzw. für einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Der Bestätigung des Sohnes der Klägerin sei nicht zu entnehmen, dass er seinen Lebensmittelpunkt noch in Deutschland habe. Weshalb die Wohnung der Klägerin in Deutschland im Gegensatz zur Wohnung des Vaters in den USA den Lebensmittelpunkt darstellen solle, sei nicht ersichtlich. Nachweise für den behaupteten Lebensmittelpunkt in Deutschland seien nicht erbracht worden.
Zur Ergänzung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Einspruchsentscheidung vom 15.03.2007, die Aufklärungsanordnungen vom 21.08.2007 sowie und vom 19.12.2007 und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis erklärt, dass ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kindergeld. D. hat ab September 2006 keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt mehr in Deutschland.
Gemäß §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 3 EStG besteht nur für diejenigen Kinder ein Anspruch auf Kindergeld, die ebenfalls im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt innehaben.
Was unter Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt i.S. des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 3 EStG zu verstehen ist, beurteilt sich nach den §§ 8, 9 Abgabenordnung (AO). Melderechtliche Normen sowie bürgerlich-rechtliche Vorschriften zur Begründung, Beibehaltung und Aufgabe eines Wohnsitzes sind für die Auslegung dieser Vorschriften unmaßgeblich (BFH-Urteil vom 19.03.2002 VIII R 52/01, BFH/NV 2002, 1148 m.w.N.).
Der Wohnsitzbegriff i.S. von § 8 AO setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumlichkeiten das Innehab...