Entscheidungsstichwort (Thema)
Ergänzungsurteil wegen Kosten des Beigeladenen
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Verschulden – und damit keine Wiedereinsetzung – liegt vor, wenn der Beigeladene es versäumt hat, sich selbst von der, sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden, Rechtslage zu überzeugen.
2. Ein Prozessbevollmächtigter darf sich bei klarer Rechtslage nicht auf eine falsche Auskunft des Gerichts verlassen.
Normenkette
FGO §§ 56, 109 Abs. 2 S. 1, § 139 Abs. 4
Tatbestand
I.
Mit – rechtskräftigem – Urteil vom 27. April 2004 – an diesem Tag auch verkündet – wurde die Klage im vorliegenden Verfahren abgewiesen, die Kosten wurden dem Kläger auferlegt. Dieses Urteil wurde dem Bevollmächtigten des beigeladenen AB (Beigeladenen) lt. Empfangsbekenntnis am 12. Mai 2004 zugestellt. Weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen finden sich Ausführungen über die Kosten des Beigeladenen. In der mündlichen Verhandlung vom 27. April 2004 beantragte der Beigeladene, die Klage abzuweisen, einen Kostenantrag hat er in diesem Termin nicht gestellt.
Mit Schriftsatz vom 29. April 2004 beantragte der Beigeladene den Streitwert für das Verfahren festzusetzen. Mit Beschluss vom 18. Mai 2004 wurde der Streitwert des Verfahrens auf 3.676,00 EUR festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2004, eingegangen am 28. Mai 2004, beantragte der Beigeladene Kosten in Höhe von insgesamt 1.022,89 EUR gegen den Kläger festzusetzen. Mit Schreiben vom 2. Juni 2004 teilte die Geschäftsstelle des 6. Senats dem Beigeladenen mit, dass eine Kostenfestsetzung der Kosten des Beigeladenen durch das Finanzgericht mangels entsprechender Kostenentscheidung nicht möglich sei.
Mit Schriftsatz vom 16. Juni 2004 stellte der Beigeladene Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und beantragte die Kostenentscheidung im Urteil gem. § 139 Finanzgerichtsordnung (FGO) dahingehend zu ergänzen, dass der Kläger auch die Kosten des Beigeladenen zu tragen habe.
Wiedereinsetzung sei zu gewähren, da die Geschäftstelle des erkennenden Senats aufgrund der Beantragung der Festsetzung des Streitwertes vom 29. April 2004 vom Betreiben des Kostenfestsetzungsverfahrens Kenntnis erlangt habe. Die Geschäftstelle hätte auf die Bedenken umgehend hinweisen müssen, dann hätte die Urteilsergänzung innerhalb der gesetzlichen Frist von 2 Wochen beantragt werden können.
Einer Mitarbeiterin des Bevollmächtigten des Beigeladenen sei auch bereits vor Zustellung des Urteils telefonisch mitgeteilt worden, dass sämtliche Kosten des Rechtsstreits, also auch die des Beigeladenen von der Kostenentscheidung erfasst seien. Dazu wurden eidesstattliche Versicherungen des Bevollmächtigten und seiner Mitarbeiterin vorgelegt.
Dagegen wendet sich der Kläger. Im Urteil vom 27. April 2004 sei ausdrücklich keine gem. § 139 Abs. 4 FGO zwingend notwendige Entscheidung zu den Kosten des Beigeladenen getroffen worden. Dem Beigeladenen sei spätestens mit Vorlage der schriftlichen Ausfertigung des Urteils bekannt gewesen, dass das Gericht eine entsprechende Kostenentscheidung nicht erklärt habe und dass diese Entscheidung allenfalls im Wege der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Hauptsache (§ 145 FGO) angegriffen werden könne. Eine Urteilsergänzung scheide aus, weil zum einen der Kostenpunkt nicht übergangen worden sei und zum anderen, die zweiwöchige Frist zur Antragstellung ungenutzt verstrichen sei. Eine Verpflichtung des Gerichts oder der Geschäftsstelle den Beigeladenen auf die Rechtslage hinzuweisen, gebe es nicht. Auch impliziere der Antrag auf Streitwertfestsetzung nicht, dass auch ein Kostenfestsetzungsverfahren geführt werde, denn dabei handle es sich um ein übliches Vorgehen auf anwaltlicher Seite, um eine offizielle Basis für die Honorarabrechnung dem Mandanten gegenüber zu erhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten und insbesondere auf die Schriftsätze des Beigeladenen vom 16. Juni 2004, 21. Juni 2004 und 8. Juli 2004 und den Schriftsatz des Klägers vom 29. Juni 2004 verwiesen.
Der Beigeladene AB beantragt, die Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten dem Kläger aufzuerlegen.
Der Kläger beantragt, dem Antrag des Beigeladenen AB abzulehnen.
Das Finanzamt hat keine Stellungnahme abgegeben.
Am 28. September 2004 fand der Termin zur mündlichen Verhandlung statt; auf die Niederschrift wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag des Beigeladenen auf Ergänzung des Urteils des Senats vom 27. April 2004 ist unzulässig.
Gemäß § 109 Abs. 2 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) ist ein Antrag, das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils zu stellen. Das Urteil vom 27. April 2004 wurde dem Beigeladenen lt. Empfangsbekenntnis am 12. Mai 2004 zugestellt. Der mit Schriftsatz vom 16. Juni 2004, eingegangen am selben Tag, gestellte Antrag ging nach Ablauf dieser Frist bei Gericht ein.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) wurde zwar fristgerecht beantragt, ist aber unbegründet. Der Beigeladene war nicht ohne Verschulden an der ...