rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung des Lebensmittelpunkts bei doppelter Haushaltführung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine doppelte Haushaltsführung ist nicht gegeben, wenn der Beschäftigungsort der Lebensmittelpunkt ist.
2. Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer ist entscheidend, dass er sich in dem Haushalt – dem Erst- oder Haupthaushalt – im Wesentlichen nur unterbrochen durch die arbeits- und urlaubsbedingte Abwesenheit, aufhält.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Nr. 5
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Führen eines zweiten Haushalts als Werbungskosten abzugsfähig sind und ob die Kosten für den Kauf verschiedener Apothekenprodukte als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können.
1. Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2008 im Wesentlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei der Firma F AG in N. Von 24.02. bis 30.09. des Streitjahres bezog sie Krankengeld. Sie unterhielt eine angemietete Wohnung in München, Str. Außerdem bewohnt sie Räume im Erdgeschoß eines ihrem Bruder gehörenden Hauses in X.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten die streitgegenständlichen Aufwendungen aus doppelter Haushaltführung (DHH) in Höhe von insgesamt 11.331,15 EUR, die sich aus folgenden Posten zusammensetzten:
- 25 Fahrten zu (einfach 200 km) × 0,30 EUR
- Wohnung in München (Miete incl. Nebenkostenvorauszahlung 9.295,32 EUR, Nebenkostenabrechnung 2007 in 2008 353,77 EUR, Stromkosten 182,06 EUR).
Das beklagte Finanzamt (FA) ließ den Betrag nicht zum Abzug zu, da es die hierfür vorgelegten Nachweise für nicht ausreichend erachtete (Einkommensteuer-[ESt-]bescheid vom 07.07.2010).
2. Im Einspruchsverfahren beantragte die Klägerin über die bis dahin streitigen Aufwendungen aus DHH hinaus u.a. die Berücksichtigung eines Betrages von 867,83 EUR, der für den Kauf von Apothekenprodukten und Praxisgebühren angefallen war, als außergewöhnliche Belastung. In der Einspruchsentscheidung (EE) vom 20.12.2012 blieb das FA hinsichtlich der Aufwendungen aus DHH bei seiner Ablehnung. Von dem als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Betrag ließ es nur 50 EUR (Praxisgebühren) zum Abzug zu. Für die darüber hinaus geltend gemachten Aufwendungen erachtete es den Nachweis der Zwangsläufigkeit, Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen für nicht erbracht, da keine Verordnungen eines Arztes oder Heilpraktikers vorgelegt waren.
3. Im Klageverfahren trägt die Klägerin – teils unter Verweis auf die bereits im vorangegangenen Verfahren vor dem Finanzamt vorgelegten Belege und Darlegungen – zur DHH Folgendes vor:
Die Wohnung in X sei seit Geburt ihr Lebensmittelpunkt.
Seit Aufnahme einer Beschäftigung bei der F AG im Jahr 1987 unterhalte sie einen zweiten Wohnsitz in München. Die im Streitjahr bewohnte ca. 54 qm große Wohnung in München bestehe aus zwei Zimmern, Küche, Bad (auf den vorgelegten Grundriss und die Innenraumaufnahmen wird verwiesen). Ihr Bruder habe gelegentlich bei ihr in München übernachtet. Der vorgelegte Mietvertrag datiert vom März 1991 und weist eine Monatsmiete von 1.000 DM zuzüglich Garage (70 DM) und Nebenkostenabschlag (140 DM) aus. In X bewohne sie im Haus ihres Bruders eine abgeschlossene Wohnung im Erdgeschoss (auf die vorgelegten Innenaufnahmen und den Grundriss wird verwiesen). Sie müsse hierfür keine Miete zahlen, sondern nur die Nebenkosten tragen. Als Beleg für die Barzahlung der Nebenkosten in Höhe von 1.300 EUR hat die Klägerin eine schriftliche Bestätigung des Bruders vorgelegt (Bl. 51 der ESt-Akte). Hintergrund der unentgeltlichen Überlassung sei, dass dies der Wunsch der Eltern gewesen sei, die das Haus errichtet und später an den Bruder übertragen haben. Die Mutter der Klägerin habe zwei Zimmer im ersten Stock bewohnt und die im Wohnhaus sich befindenden Sanitäreinrichtungen und die vorhandenen Küchen mitbenutzt.
Die Klägerin führt aus, dass sich ihr Lebensmittelpunkt in X befinde. Sie habe diesen seit Geburt niemals aufgegeben. Dass nicht ab 1987 eine DHH geltend gemacht worden sei, sondern erstmals im Streitjahr, beruhe auf fehlerhafter Beratung durch den vorherigen Steuerberater.
Sie trägt weiter vor, sie habe 25 Fahrten (13.800 km) zu ihrem Lebensmittelpunkt durchgeführt – teils mit dem PKW, teils als Mitfahrer, teils mit der Bahn. Auf die vorgelegten 23 Fahrkarten werde verwiesen; ebenso auf die Bestätigung des Bruders, die Klägerin sei 7 mal im Streitjahr mit ihm gemeinsam im Privat-PKW nach München und zurück gefahren. Es sei nicht verständlich, warum das FA nur die weiteren 19 Fahrten nach München während der Krankheitszeit anerkannt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen in der ESt-Akte, dem Vorverfahren und dem Klageverfahren verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 07.07.2010 in Gestalt der Einspruch...