rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlende Anhörung zu Wiedereinsetzungsgründen. keine Wiedereinsetzung bei Rechtsirrtum des Anwalts
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Finanzbehörde begeht einen Verfahrensfehler, wenn sie bei Eingang eines Einspruchs nach Ablauf der Einspruchsfrist den Rechtsbehelf durch eine Einspruchsentscheidung als unzulässig abweist, ohne vorher den Einspruchsführer auf den verspäteten Eingang seines Einspruchsschreibens hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben zu haben, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen und die Tatsachen glaubhaft zu machen, die den Antrag begründen sollen. Dieser Verfahrensfehler ist aber nach § 127 AO unerheblich, wenn den Prozessbevollmächtigten des Steuerpflichtigen ein Verschulden an der Versäumung der Frist trifft.
2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht, wenn der vom Steuerpflichtigen nach Bekanntgabe des angefochtenen Steuerbescheids, aber vor Ablauf der Einspruchsfrist beauftragte Rechtsanwalt nur deswegen nicht fristgerecht Einspruch eingelegt hat, weil er rechtsirrtüm der Auffassung war, der Steuerbescheid sei nicht ordnungsgemäß ihm, dem Bevollmächtigten, bekannt gegeben worden und könne daher keine Fristen in Lauf setzen.
Normenkette
AO § 122 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 S. 1, §§ 127, 355 Abs. 1 S. 1, § 91 Abs. 1, § 356 Abs. 1, § 110 Abs. 1 Sätze 1-2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Kläger zu Recht auf Zahlung von Einfuhrumsatzsteuer iHv. 11.698,73 EUR in Anspruch genommen wurde.
Nach den Ermittlungen des LKA nahm der Kläger Gemälde, die in den Jahren 1999 und 2000 ohne Gestellung und Anmeldung aus der Tschechischen Republik nach Deutschland eingeführt worden waren, zur weiteren Vermittlung in Empfang.
Mit Steuerbescheid vom 12. November 2003 forderte der Beklagte (Hauptzollamt – HZA –) daher vom Kläger Einfuhrumsatzsteuer iHv. 11.698,73 EUR an. Das HZA schickte den Steuerbescheid am 14. November 2003 mit einfachem Brief an den Kläger persönlich an seine damalige Adresse in Deutschland in der JVA X. Der im entsprechenden Strafverfahren ermittelnde Beamte des BLKA teilte dem zuständigen Sachbearbeiter des Zollfahndungsamtes in einer e-mail vom 26. November 2003 mit, dass ihm der Kläger am Tag zuvor den Steuerbescheid gezeigt habe.
Am 4. Dezember 2003 zeigte Rechtsanwalt B dem HZA unter Vorlage einer Vollmacht eine Vertretung des Klägers im hier streitigen Besteuerungsverfahren an. Dieses Mandat endete nach dem Schreiben des Rechtsanwalts B vom 26. November 2004 an das HZA am 2. August 2004.
Am 14. April 2004 mahnte das HZA die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer iHv. 11.698,73 EUR an und forderte den Kläger zugleich zur Zahlung von Säumniszuschlägen iHv. 582,50 EUR auf. Der zu zahlende Gesamtbetrag belief sich auf 12.281,23 EUR.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 26. April 2004 und einem Nachtrag dazu am 27. April 2004, eingegangen beim HZA am 4. Mai 2004, Einspruch ein, den das HZA mit Einspruchsentscheidung vom 31. August 2004 unter Hinweis auf die abgelaufene Einspruchsfrist als unzulässig verwarf.
Hiergegen erhob der Kläger Klage, mit der er im Wesentlichen vorbringt, dass er mit dem Transport der Bilder nach Deutschland nichts zu tun und niemanden dazu beauftragt habe. Eines der Bilder habe er zwar an ein Münchener Auktionshaus weitergegeben, es sei aber in New York verkauft worden, weshalb keine Einfuhrabgaben in Deutschland entstanden seien.
Drei weitere Bilder seien von einer tschechischen an eine deutsche Firma verkauft worden, mit denen er nichts zu tun habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Steuerbescheid vom 12. November 2003 und die Einspruchsentscheidung vom 31. August 2004 sowie den Änderungsbescheid vom 20. Juli 2006 aufzuheben.
Das HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es trägt vor, dass der Einspruch verfristet gewesen sei. Der Steuerbescheid vom 12. November 2003 sei an den Kläger persönlich adressiert worden, weil zu diesem Zeitpunkt für Rechtsanwalt B noch keine Vertretungsmacht im Besteuerungsverfahren bestanden habe. Es weist ferner darauf hin, dass der Kläger keine Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgetragen habe und auch keine ersichtlich seien.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Hauptzollamtsakte und die im Verfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Auf die Nachfrage des Gerichts vom 28. Februar 2005 gab Rechtsanwalt B an, dass ihm der Steuerbescheid vom 12. November 2003 nicht zugestellt worden sei, so dass er auch keinen Einspruch einzulegen hatte.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Das HZA hat den Einspruch im Ergebnis zu Recht als unzulässig verworfen.
1. Der Kläger hat den Einspruch nicht innerhalb der Einspruchsfrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheides i.S.d. § 355 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung 1977 (AO) eingelegt.
Der Steuerbescheid vom 12. November 2003 galt gem. § 122 Abs. 2 Nummer 1 AO am...