rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verschiedene Tätigkeitsbereiche als Teilbetriebe einer Arztpraxis
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Hinblick auf die Eigenart der selbstständigen Arbeit, insbesondere das Abstellen auf die persönliche Betätigung, kann bei Teilen einer freiberuflichen Praxis die erforderliche Selbstständigkeit nur dann angenommen werden, wenn sich die freiberufliche Arbeit entweder auf wesensmäßig verschiedene Tätigkeiten in den Teilpraxen mit zugehörigen unterschiedlichen Kunden-(Patienten-)kreisen erstreckt (1. Fallgruppe), oder bei gleichartiger Tätigkeit in den Teilpraxen in voneinander getrennten örtlich abgegrenzten Bereichen ausgeübt wird (2. Fallgruppe).
2. Ob die wesensmäßig verschiedenen ärztlichen Tätigkeitsbereiche „Praxis für Allgemeinmedizin” und „Prüf-arzttätigkeit für Medikamentenstudien” eine hinreichende organisatorische Selbstständigkeit aufweisen, so dass die Veräußerung der Praxis für Allgemeinmedizin eine tarifbegünstigte Teilbetriebsveräußerung darstellt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen.
3. Im Streitfall wurde die Selbstständigkeit verneint, weil für die beiden Tätigkeitsbereiche weder getrennte Gewinnermittlungen erstellt worden sind noch sonstige Umstände wie z.B. eine räumliche Trennung oder der Einsatz besonderen Personals die organisatorische Selbstständigkeit hinreichend verdeutlicht haben.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 3, § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der von der Klägerin im Streitjahr 2009 erzielte Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung ihrer Arztpraxis als (Teil-)Praxisveräußerung nach § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 bis 4 sowie § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Einkommensteuergesetz in der im Streitjahr 2009 geltenden Fassung (EStG) ermäßigt zu besteuern ist.
Die steuerlich vertretenen Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie waren mit jeweils eigener Arztpraxis im Rahmen einer in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit jeweils hälftiger Beteiligung betriebenen Praxisgemeinschaft (GbR 2007) selbstständig tätig, der Kläger als Facharzt für … bis zum Jahr 2008 und die Klägerin als Fachärztin für Allgemeinmedizin (Allgemeinarzttätigkeit) bis zum Streitjahr 2009; die Klägerin war zusätzlich als Prüfärztin für Medikamentenstudien (Testung von noch nicht zugelassenen Medikamenten) selbstständig tätig (Prüfarzttätigkeit). Über die GbR 2007 erfolgte der wirtschaftliche Betrieb der beiden Arztpraxen der Kläger, insbesondere die Anmietung und Einrichtung der Praxisräume sowie die Einstellung des Personals.
Der Kläger hat seine Arztpraxis für … und seinen Hälfteanteil an der GbR 2007 zum … 2008 an … (M) verkauft. Ab diesem Zeitpunkt erzielte der Kläger nur noch geringe Einkünfte aus selbstständiger Arbeit aus ärztlicher Vertretungstätigkeit und führte die Klägerin eine entsprechende Praxisgemeinschaft mit M (GbR 2008) fort. Mit Vertrag vom … 2008 (Veräußerungsvertrag 2008) veräußerte die Klägerin ihre Praxis für Allgemeinmedizin (Praxis Klägerin) und ihren Hälfteanteil an der GbR 2008 für einen Kaufpreis i.H.v. … EUR zum … 2009 (Veräußerung 2009) an … (E), …. E hatte bereits zuvor, zunächst im Rahmen ihrer Ausbildung zur Fachärztin, seit dem … als angestellte Sicherstellungsassistentin, nahezu drei Jahre in der Praxis Klägerin gearbeitet und führte die fragliche Gemeinschaftspraxis mit M fort (GbR 2009; in der Folge erweitert durch Eintritt eines dritten Arztes). Die Prüfarzttätigkeit der Klägerin war von den Regelungen des Veräußerungsvertrags 2008 ausdrücklich ausgenommen. Ab dem … 2009 erzielte die Klägerin
- • Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit als in der von E (weiter-)geführten Praxis für Allgemeinmedizin teilzeitbeschäftigt angestellte Ärztin sowie
- • Einkünfte aus selbstständiger Arbeit aus ihrer weiterhin in den Räumlichkeiten der GbR 2009 ausgeübten Prüfarzttätigkeit (ab dem Jahr 2010 nur noch eingeschränkt als freie Mitarbeiterin für die Arztpraxis von E).
In ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2009 vom … erklärten die Kläger u.a. jeweils mit Einnahmeüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelte Einkünfte der Klägerin aus