Entscheidungsstichwort (Thema)

Überlassung von Standplätzen zum Anbieten von Kraftfahrzeugen auf Automärkten keine umsatzsteuerbefreite Vermietungsleistung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Leistungen aus der Vermietung von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge anlässlich von Automärkten sind (passive) Vermietungsleistungen an die Kunden (potenzielle Verkäufer der Kraftfahrzeuge) im Sinne von § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG, wenn die neben der Zurverfügungstellung der Standplätze erbrachten weiteren Leistungen an die potenziellen Fahrzeugverkäufer nicht leistungsbestimmend, sondern nur unwesentlich sind (im Streitfall: Sicherstellung der Abläufe bei den Automärkten durch Kassen- und Ordnungspersonal sowie die Möglichkeit, ein Geldscheinprüfgerät zu nutzen; Verkauf von Essen und Trinken an Snackbars gegen gesondertes Entgelt).

2. § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG ist richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von zum Verkauf bestimmten Fahrzeugen jedenfalls dann nicht von der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG ausgenommen ist, wenn sie mit der steuerfreien Vermietung von für einen anderen Gebrauch bestimmten Grundstücksflächen eng verbunden ist.

3. § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG muss nicht aufgrund der unterschiedlichen Sprachfassungen von Art. 135 Abs. 2 Buchst. b MwStSystRL einschränkend dahingehend ausgelegt werden, dass er nicht die alleinige Vermietung von Flächen zum Abstellen von zum Verkauf bestimmten Fahrzeuge umfasst.

4. Rückausnahmen von Steuerbefreiungen sind nicht eng auszulegen.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a, S. 2; MwStSystRL Art. 135 Abs. 1 Buchst. l, Abs. 2 Buchst. b

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Überlassung von Standplätzen zum Anbieten von Kraftfahrzeugen auf Automärkten eine umsatzsteuerbefreite Vermietungsleistung darstellt.

Satzungsgemäßer Gegenstand des Unternehmens der mit Gesellschaftsvertrag vom … gegründeten Klägerin sind die Verwaltung von Vermögen, insbesondere das Halten von Unternehmensbeteiligungen sowie Vermietung und Verpachtung von eigenem und fremdem Grundbesitz. Sie ist unter der Nummer HRB in das Handelsregister des Amtsgerichts A eingetragen und hat ihren Sitz in S.

Die Klägerin veranstaltete in den Streitjahren 2013 bis 2017 an den Standorten B, E, F, K, M und S sogenannte „Automärkte”, die mit Ausnahme des Standortes B auf dem Gelände von Autokinos stattfanden. Die Zurverfügungstellung der Pkw-Verkaufsplätze erfolgte an private und gewerbliche Verkaufsinteressenten. Zum schriftlichen Nachweis des von der Klägerin so bezeichneten „Mietvertrags” erhielten die Verkaufsinteressenten mit Entrichtung des von der Klägerin geforderten Entgelts ein Verkaufsschild, welches während des Automarktes als Nachweis für das entrichtete Entgelt diente und den Verkäufer berechtigte, innerhalb der Verkaufsfläche seinen Pkw anzubieten und ihm ferner gestattete, am Tag des Automarktes das Gelände zum Zweck von Probefahrten zu verlassen, wieder zu befahren und an seinen zuvor zugewiesenen Stellplatz zurückzukehren. Mitarbeiter der Klägerin waren bei den Automärkten zugegen, diese leisteten aber keine Unterstützung bei den Verkaufsprozessen, weder durch Unterstützung bei der Preisfindung noch durch konkrete verkaufsfördernde Maßnahmen. Bei diesen Mitarbeitern handelte es sich lediglich um Kassen- und Ordnungspersonal, das die Abläufe organisierte und kontrollierte. Bei den Automärkten stand dem Kassenpersonal ein Geldscheinprüfgerät zur Prüfung des Entgelts zur Verfügung, das auch Verkäufer benutzen durften. Bei den Automärkten, die an den Standorten betrieben wurden, wo auch Autokinos betrieben wurden, gab es sogenannte Snackbars, an denen Verkäufer und Besucher einkaufen konnten; die Verkäufer hatten die gleichen Preise wie alle anderen zu bezahlen. Bei diesen Standorten (E, F, K, M und S) handelte es sich um Einrichtungen, bei denen sich aufgrund der regelmäßigen und häufigen Filmvorführungen sogenannte Snackbars in feststehenden Gebäuden befanden. Am Standort des Automarktes B, bei dem es sich nicht um ein Autokino handelte, gab es keine entsprechende Möglichkeit des Essens und Getränkekauf. Jedenfalls an dem Standort E wurde zudem zeitweise ein Zulassungsdienst von einem Drittanbieter zur Verfügung gestellt, auf welchen die Klägerin keinen Einfluss bzw. Zugriff hatte und der an die Klägerin Miete bezahlen musste. Teilweise boten Drittanbieter die Erstellung von Autokennzeichen gegen Entgelt an; die Flächen mieteten sie von der Klägerin.

In ihrer Umsatzsteuererklärung für 2013 vom 2. April 2015 errechnete die Klägerin eine Umsatzsteuer in Höhe von … EUR. Mit Umsatzsteuerbescheid vom 9. Dezember 2016 setzte der Beklagte (das Finanzamt; im Folgenden: FA) die Umsatzsteuer für 2013 unter Aufrechterhaltung des Vorbehalts der Nachprüfung auf den Betrag von … EUR fest.

In ihrer Umsatzsteuererklärung für 2014 vom 2. Februar 2016 errechnete...

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