rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine europarechtswidrige Diskriminierung von ausländischen Kapitalgesellschaften, die nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 3 EStG (heutige Gesetzesfassung) beschränkt steuerpflichtig sind, soweit ihnen die Bildung einer Rücklage nach §§ 6b, 6c EStG mangels einer inländischen Betriebsstätte versagt wird

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach dem Recht Luxemburgs (Sàrl), die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland hat, eine inländische Immobilie kauft und nach Abriss der vorhandenen Gebäude sowie Neubau langfristig vermieten will, erzielt aus dieser vermögensverwaltenden Tätigkeit keine gewerblichen Einkünfte gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a oder Buchst. f Satz 1 EStG (i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG). Sie ist aber eine mit Kapitalgesellschaften i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG vergleichbare beschränkt steuerpflichtige Körperschaft und erzielt gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 2 EStG a.F. (ab 2017: Satz 3) gewerbliche Einkünfte. Durch diese Fiktion gewerblicher Einkünfte wird keine inländische Betriebsstätte fingiert, so dass die Luxemburger Gesellschaft bei Verkauf der inländischen Immobilie keine Rücklage nach §§ 6b, 6c EStG bilden darf. Diese Rechtslage ist mit Unionsrecht vereinbar, führt im Vergleich mit unbeschränkt Steuerpflichtigen nicht zu einer unzulässigen Diskriminierung und verstößt nicht gegen Art. 49 AEUV.

 

Normenkette

EStG 2016 § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f S. 2; EStG 2017 § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, f S. 1, § 49 Ab S. 3, § 6b Abs. 1, § 6c Abs. 1; KStG § 8 Abs. 1-2; AEUV Art. 49, 54

 

Tenor

1. In Abänderung des Körperschaftsteuerbescheids 2016 vom 5. März 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. März 2018 wird dem Finanzamt aufgegeben, die Körperschaftsteuer aus um … EUR niedrigeren Einkünften aus Gewerbebetrieb zu berechnen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach dem Recht Luxemburg (Sàrl), die im Jahr 2008 gegründet wurde. Zweck der Klägerin ist

„der Erwerb von Beteiligungen jeder Art an in- und ausländischen Gesellschaften und sonstige Vermögensanlagen jeder Art, der Erwerb von Wertpapieren jeder Art durch Kauf, Zeichnung oder auf andere Weise, die Übertragung von Wertpapieren durch Verkauf, Tausch oder auf andere Weise sowie die Verwaltung, Kontrolle und Entwicklung ihrer Beteiligungen. Die Gesellschaft kann ferner Gesellschaften und sonstige Personen, welche der gleichen Gruppe angehören wie die Gesellschaft, Garantien geben, Kredite gewähren oder sie auf andere Weise unterstützen, soweit diese im Gesellschaftsinteresse sind. Die Gesellschaft kann für sich selbst oder für Dritte alle Tätigkeiten vornehmen, die ihr zur Erreichung ihrer Zwecke förderlich erscheinen oder indirekt mit diesen in Verbindung stehen.”

Im Fragebogen zur Anmeldung einer ausländischen Kapitalgesellschaft gab die Klägerin als Gegenstand des Unternehmens „Beteiligungsverwaltung; Vermögensverwaltung” an. Nach der Auskunft des Bundeszentralamts für Steuern vom … handelt es sich bei der Gründungsanschrift um eine bekannte Massendomizilanschrift, unter der zahlreiche weitere Gesellschaften ihren Rechtssitz haben. Sonstige konkrete Erkenntnisse über die Klägerin teilte das Bundeszentralamt dem Beklagten (Finanzamt; FA) nicht mit.

Nach dem Gesellschaftsvertrag wird die Klägerin durch die gemeinsame Unterschrift von zwei Verwaltungsratsmitgliedern oder durch Einzelunterschrift jeder entsprechend von Verwaltungsrat bevollmächtigten Person verpflichtet. Verwaltungsratsmitglieder waren Personen mit Wohnsitz in Luxemburg. Ab dem 31. Mai 2013 weist das Handelsregister in Luxemburg auch Herrn AB als Verwaltungsrat aus. Jedenfalls ab dem 15. Dezember 2016 war AB nicht mehr Verwaltungsrat. Als seine Privat- oder Berufsadresse ist im luxemburgischen Handelsregister ein Ort in Luxemburg angegeben.

Mit Notarvertrag vom 17. August 2009 kaufte die Klägerin von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben insgesamt … qm Grund für einen Kaufpreis von … EUR. Der Übergang von Besitz, Gefahren und Lasten sollte am Tag der vollständigen Kaufpreiszahlung erfolgen. Am 21. Oktober 2009 teilten die tätigen Notare der Klägerin die Fälligkeit des Kaufpreises innerhalb von 14 Tagen mit.

Nach dem Grundstückskauf erteilte die Klägerin am 21. September 2009 der L KG Vollmacht und Vertretungsauftrag. Nach der Vereinbarung, auf die verwiesen wird, stand der L KG ein monatliches Honorar vom 1.900 EUR netto zu. Dafür übernahm die L KG die Vertretung der Klägerin in allen Belangen, „welche die gekaufte Immobilie sowie deren Entwicklung betreffen”. Für die L KG unterschrieb AB als Geschäftsführer.

Die L KG ist im Handelsregister des Amtsgerichts A ab März 2004 mit Sitz in A eingetragen. AB ist ab 19. August 2008 als Kommanditist mit dem Wohnsitz in Rumänien eingetragen. Dieser Wohnort geht auch aus dem Eintrag einer Erhöhu...

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