rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wechselsteuer
Tenor
1. Die Wechselsteuerbescheide vom 20.2.1989 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9.12.1992 werden aufgehoben.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob von der Klägerin (Klin) gefertigte unvollständige Eigenwechsel i. S. von § 1 Nr. 3 Wechselsteuergesetz (WStG) ausgehändigt worden sind.
Die Klin, vormals A. AG, und die …, S. (kurz:… S.A.) sind Konzernunternehmen der E. (E),….
Im Rahmen einer Kapitalverkehrsteuer- und Wechselsteueraußenprüfung im Jahre 1988 bei der Klin (vgl. Prüfungsbericht vom 2.12.1988 Bl. 47 FA-Akte) wurde festgestellt, daß die Klin in den Jahren 1983–1987 ihren Fremdkapitalbedarf zum Teil über Wechsel gedeckt hat. Bei der Wechselfinanzierung wurde die … S.A. zwischengeschaltet. Diese erstellte in der Schweiz undatierte Eigenwechsel. Zahlbar waren diese Wechsel grundsätzlich im Ausland. Diese wurden der Klin übersandt, von dieser mit dem Ausstellungs- und Fälligkeitsdatum versehen und – je nach Bedarf – zum Diskont gegeben. Die Klin zahlte der … S.A. eine Kommission in Höhe von 1 v.T. der Wechselsumme. Die diskontierenden Banken wurden ermächtigt, die Wechselsumme bei Fälligkeit der Wechsel dem Konto der Klin zu belasten. Die Ausstellerin und Bezogene … S.A. hatte damit keine Zahlungen im Zusammenhang mit der Wechselbegebung zu leisten. Für jeden Eigenwechsel der … S.A. erstellte die Klin ihrerseits einen unvollständigen Eigenwechsel mit der jeweils gleichen Wechselsumme. Neben dem Betrag waren auf jedem Wechsel der Remittent (… S.A.), der Ort der Ausstellung (M.) und die Anschrift der Klin als Ausstellerin aufgeführt. Weitere Angaben (Tag der Ausstellung und der Fälligkeit sowie der Zahlungsort) fehlten. Diese unvollständigen Wechsel wurden an die … S.A. versandt. Eine Kommission wurde nicht bezahlt. Diese Wechsel befanden sich während der gesamten Laufzeit der Eigenwechsel der … S.A. in der Schweiz. Nach Einlösung der schweizerischen Eigenwechsel durch die Klin wurden die deutschen Gegenwechsel von der … S.A. an die Klin zurückgereicht. Eine Vorlegung der Gegenwechsel zur Zahlung erfolgte nicht.
Auf den zurückgereichten Gegenwechseln war mit Bleistift und teilweise mit Kugelschreiber das Datum der Ausstellung und der Fälligkeit eingetragen. Außerdem waren sie über die ganze Formularfläche durchgestrichen.
Nach den mündlichen und schriftlichen Aussagen der Beteiligten im Prüfungsverfahren wurden die handschriftlichen Ergänzungen erst angebracht, nachdem die unvollständigen Wechsel durch Durchstreichen ungültig gemacht worden waren.
Die Wirtschaftsprüfer der … S.A., die die Ausstellung und Übersendung der Gegenwechsel der Klin gefordert hatten, wiesen die an den Bilanzstichtagen in der Schweiz vorliegenden Wechsel der Klin in den Prüfungsberichten als „Eventualforderungen an Dritte” aus, die als Ausgleich den Eventualverbindlichkeiten der … S.A. aus der Ausstellung der Eigenwechsel zugunsten der Klin gegenübergestellt wurden.
Die Gesamtsumme der von der Klin ausgestellten Eigenwechsel, die während des Prüfungszeitraums (1983 bis 1986) ausgestellt wurden, beläuft sich auf unstreitig 1.781.200.000 DM. Außerdem wurden im Jahre 1987 weitere Eigenwechsel mit einer Gesamtsumme von 399.000.000 DM in gleicher Weise ausgestellt und an die … S.A. versandt.
Aufgrund dieser Feststellungen erließ der Beklagte (Finanzamt –FA–) am 20.2.1989 zwei Wechselsteuerbescheide in Höhe von 2.671.800 DM (1,5 v.T. von 1.781.200.000 DM) und 598.500 DM (1,5 v.T. von 399.000.000 DM).
Im Einspruchsverfahren machte die Klin, wie schon im vorangegangenen Verfahren, geltend, daß die von ihr ausgestellten Wechsel nicht der Wechselsteuerpflicht unterlägen. Die Übersendung dieser Eigenwechsel, die von den Wirtschaftsprüfern der … S.A. als „Gegenwechsel” verlangt worden seien, stellten keinen wechselsteuerpflichtigen Vorgang dar, da eine Aushändigung eines mit einer Annahmeerklärung versehenen unvollständigen Wechsels i.S.d. § 4 Abs. 2 WStG nicht vorliege.
Die Weitergabe der Wechsel sei nicht erfolgt, um eine wechselrechtliche Handlung vorzunehmen oder in irgendeiner Weise den Wechselanspruch zu verwirklichen. Ein Wechselanspruch habe nicht entstehen sollen. Der alleinige Grund für die Ausstellung der Wechsel seien „bilanzoptische” Überlegungen der Schweizer Wirtschaftsprüfer der … S.A. gewesen. Diese sei vereinbarungsgemäß nicht berechtigt gewesen, die erhaltenen unvollständigen Wechsel zu vervollständigen, vielmehr sei vereinbart worden, daß eine Vervollständigung unterbleibe.
In einer von der Klin vorgelegten eidesstattlichen Versicherung ihres früheren Geschäftsführers vom 14.4.1988 (Bl. 7 FA-Akte) erklärte dieser, daß die Ausstellung der streitbefangenen Wechsel ...