rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Pfändungsschutz für Miet- und Pachtzinsen
Leitsatz (redaktionell)
1) Beruft sich der Vollstreckungsschuldner auf antragsgebundene Schutzvorschriften - vorliegend den Pfändungsschutz für Miet- und Pachtzinsen nach § 319 AO i.V.m. § 851b ZPO - ist der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung die statthafte Antragsart.
2) Der Erlaß einer einstweiligen Anordnung erfordert die Darlegung und Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes. Der lediglich pauschale Vortrag, dass infolge der Pfändung die persönliche wirtschaftliche Existenz des Steuerpflichtigen zerstört werde, reicht weder zur Darlegung noch zur Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes aus.
Normenkette
FGO §§ 114, 114 Abs. 1, 1 S. 2, Abs. 3; ZPO §§ 851b, 920; AO § 319
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Antragstellerin (Astin.) per einstweiliger Anordnung Pfändungsschutz gemäß § 319 Abgabenordnung (AO) i. V. m. § 851 b Zivilprozessordnung (ZPO) zu gewähren ist.
Die Astin. schuldet dem Ag. Steuern und Nebenleistungen in Höhe von rund 685.000 Euro. Am 08.09.2003 erließ der Antragsgegner (Ag.) eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung wegen Mietforderungen der Astin. gegen die Mieter, die Eheleute A (Wohnung: X). Am 16.09.2003 erging eine weitere Pfändungs- und Einziehungsverfügung wegen Mietforderungen der Astin. gegen die Mieterin B (Wohnung Y).
Am 01.03.2004 beantragte die Astin. beim Ag. die Aufhebung dieser Mietpfändungen gemäß § 851 b ZPO, da die Einnahmen dringend zur Unterhaltung des Grundstücks und für notwendige Instandhaltungsarbeiten benötigt würden. Es handele sich um Zahlungen an das Wasserwerk, die Stadt (Grundbesitzabgaben) und die C Versicherung (Gebäudeversicherung). Des Weiteren seien Außenanstriche der Holzfenster nötig; die Kosten beliefen sich auf mindestens 4.500 Euro. Außerdem teilte die Astin. mit, dass der Mietvertrag B zum 10.03.2004 fristlos gekündigt worden sei. Dem Antrag beigefügt war ein Bescheid über Grundbesitzabgaben betreffend die Besitzung Wohnung Y, Mahnungen der Stadt D betreffend Wassergeld und Abwassergebühren und ein Zahlschein für eine Zahlung an die C Versicherung. Der Ag. lehnte den Antrag mit Schreiben vom 14.04.2004 ab, da nach seiner Ansicht die Vorschrift des § 851 b ZPO nicht zur Anwendung komme, da der Astin. andere Einkunftsquellen zur Bestreitung der Ausgaben zur Verfügung stünden; außerdem sei nur die Kaltmiete gepfändet worden, so dass die nicht gepfändeten Umlagen ebenfalls zur Verfügung ständen.
Am 13.04.2004 hat die Astin. den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet auf Aufhebung der Pfändungen gemäß § 851 b ZPO beantragt.
Zur Begründung trägt sie vor, dass die Aufhebung der Pfändung bei der Mieterin B erforderlich sei, um einer Räumungsklage zum Erfolg zu verhelfen. Die Mieter A zahlten monatlich 452,60 Euro an das Finanzamt, welches die Begleichung der Nebenkosten abgelehnt habe. Als weitere Einkunftsquellen stünde ihr lediglich eine Rente in Höhe von 624,23 Euro zur Verfügung, welche für ihren bescheidenen Lebensunterhalt erforderlich sei. Auch eine Unterstützung durch den Ehemann komme nicht in Betracht, da dieser nur eine Rente in Höhe von 637,92 DM erhalte, die allerdings dringend zur Bezahlung von Krankheitskosten benötigt würde. Die vom Ag. behaupteten Grundschuldbriefe über 100.000 Euro und 200.000 Euro existierten nicht und würden ihr zudem auch nicht zur Kreditaufnahme zur Verfügung stehen, da sie auf Grund der wiederholten Pfändungen kreditunwürdig sei. Von den Mietern A erhalte sie eine monatliche Umlage in Höhe von 50 Euro. Von diesem Betrag könne weder das Gebäude unterhalten noch die notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt werden. Zu beachten sei außerdem, dass das vermietete Grundstück zu Gunsten der Sparkasse E mit 300.000 DM erstrangig belastet sei und auf Grund der Pfändungen Zins- und Tilgungsleistungen nicht mehr erfolgen könnten. Wegen der rückständigen Abgaben- und Versicherungsbeiträge sei mit einer baldigen Aufhebung des Versicherungsschutzes für das Gebäude sowie mit Kontenpfändungen durch die Stadt D zu rechnen. Durch die Pfändung der Mieten würde sowohl ihre persönliche als auch ihre wirtschaftliche Existenz zerstört. Würden die dringend benötigten Reparaturarbeiten nicht ausgeführt werden, würden erhebliche Kosten für Ersetzungen anfallen.
Die Astin. beantragt,
die vom Finanzamt F vorgenommene Pfändung der Mieten bei den Mietern A und B insoweit aufzuheben, als die Einkünfte der Mieter A zur laufenden Unterhaltung des Grundstücks und zur Vornahme dringend notwendiger Instandsetzungsarbeiten gemäß § 851 b ZPO unentbehrlich sind.
Der Ag. beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Er vertritt die Ansicht, dass vorläufiger Rechtsschutz gegen die Pfändungsmaßnahmen im Wege der Aussetzung der Vollziehung geltend zu machen sei, so dass der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung gemäß § 114 Abs. 5 Finanzgerichtsordnung (FGO) ausscheide. Soweit der Antrag auf Vollstreckungsaufschub wegen Unbilligkeit der Zwa...