Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreier Sanierungsertrag i.S. des § 3a EStG
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein unternehmensbezogene Sanierung gemäß § 3a EStG liegt vor, wenn der Stpfl. für den Zeitpunkt des Schuldenerlasses die Sanierungsbedürftigkeit, die Sanierungseignung und die Sanierungsabsicht nachweist.
2) Sanierungsbedürftig ist ein Unternehmen, wenn es ohne die Sanierung nicht fortgeführt werden kann. Die Beurteilung erfolgt auf Grundlage der Ertrags- und Finanzlage, des Verhältnisses der liquiden Mittel zur Höhe der Schuldenlast und der Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens. Jedenfalls dann, wenn ein Insolvenzantragsgrund vorliegt, liegt auch die Sanierungsbedürftigkeit vor.
3) Sanierungsfähig/Sanierungseignung ist gegeben, wenn das Überleben des Unternehmens durch den Schuldenerlass und ggf. weitere Sanierungsmaßnahmen bei objektiver Betrachtung gesichert ist.
4) Sanierungsabsicht wird vermutet, wenn der Schuldner sanierungsbedürftig ist und der Erlass geeignet war, die Sanierung herbeizuführen.
5) Der Antrag auf Anwendung des § 3a EStG stellt ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO dar.
Normenkette
InsO § 18; AO § 175 Abs. 1 Nr. 2; EStG § 3a
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Feststellungsbescheid von der Vollziehung auszusetzen ist bzw. hilfsweise eine einstweilige Anordnung zu erlassen ist.
Die Antragstellerin betreibt eine Fremdenpension mit Restauration in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Komplementärin ist die nicht am Vermögen der Antragstellerin beteiligte E Verwaltungs GmbH & Co. KG, Kommanditisten sind Herr T 1 (5%) und Frau T 2 (95%). Der Kommanditist T 1 hatte den Pensionsbetrieb im Mai 1997 von seinem Vater übernommen und zunächst als Einzelunternehmen fortgeführt. Ab dem Jahr 2005 wurde das Einzelunternehmen im Ganzen an die Antragstellerin verpachtet und seitdem im Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten T 1 bei der Antragstellerin ausgewiesen. Die Einkünfte aus diesem Betrieb werden nach § 179 Abs. 1 AO i.V.m. § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) AO gesondert und einheitlich festgestellt. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betrugen in den Jahren:
2005 |
X € (für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 31.12.2005) |
2006 |
X € |
2007 |
X € |
2008 |
X € |
2009 |
X € |
2010 |
X € |
2011 |
X € |
2012 |
X € |
Zum 31.12.2012 wies die Antragstellerin in ihrer Gesamthandsbilanz als Eigenkapital das Kommanditkapital i.H.v. X € aus und unter den Aktiva u.a. Forderungen gegen Kommanditisten i.H.v. X € sowie unter den Verbindlichkeiten u.a. solche gegenüber ihren Gesellschaftern i.H.v. insgesamt X €. Die Bilanz zum Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten T 1 ergab ein negatives Kapital i.H.v. X € (u.a. Grundstücke und andere Anlagen i.H.v. X € und Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten i.H.v. X €). Die Zinsaufwendungen 2012 im Bereich des Sonderbetriebsvermögens beliefen sich auf knapp X €.
Mit Schreiben vom 30.11.2012 nahm die Bank 1 ein Vergleichsangebot an, wonach die Bank 1 gegen Zahlung eines Einmalbetrages i.H.v. X € auf ihre weitergehenden Forderungen verzichtete. Wegen der weiteren Einzelheiten, einschließlich des vorhergehenden Schriftwechsels mit der Bank 1, wird auf die insoweit vom Antragsteller zu den Steuerakten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Die Antragstellerin reichte ihre Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2013 am 26.02.2015 beim Antragsgegner ein. Mit der Abgabe der Erklärung beantragte sie, einen in der übermittelten Gewinnermittlung enthaltenen Gewinn in Höhe von X € als Sanierungsgewinn aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht zu berücksichtigen und den Gewinn bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung gem. § 163 AO entsprechend niedriger festzustellen. Spätestens seit dem Jahr 2001 hätten im Einzelunternehmen „Pension E” Liquiditätsprobleme bestanden, der Betrieb habe nur durch bankseitige Überbrückungskredite und den Einsatz von Lebensversicherungen aufrechterhalten werden können. Im Jahr 2005 seien jedoch sämtliche Mittel erschöpft gewesen. Das Einzelunternehmen sei an die Antragstellerin verpachtet worden und die Bank 1 habe das gesamte Engagement im Oktober 2005 gekündigt. Durch eine getroffene Zahlungsvereinbarung mit der Bank 1 sei die sonst drohende Zwangsversteigerung der Betriebsimmobilie zunächst abgewendet worden. Im Jahr 2010 habe sich die Situation jedoch zugespitzt, weil ein direkter Wettbewerber der Antragstellerin, dessen Betrieb direkt an das Grundstück der Antragstellerin angrenze, einen erheblichen Erweiterungs- und Erneuerungsbau durchgeführt habe. Hierdurch sei der tatsächlich schlechte Zustand der Betriebsimmobilie der Antragstellerin noch offensichtlicher ins Auge gefallen. Im April 2011 hätten neue Verhandlungen mit Banken begonnen, um die scheinbar ausweglose Situation des Betriebes der Antragstellerin zu verändern. Ergebnis sei gewesen, dass die Bank 1 gegen eine Vergleichszahlung in Höhe von X € Euro auf die in Höhe von etwa X € valutierenden Darlehen verzichtet habe. Z...