Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertfestsetzung
Leitsatz (redaktionell)
Betreffen Haupt- und Hilfsanspruch denselben Gegenstand oder ist das finanzielle Interesse von Haupt- und Hilfsantrag identisch, bestimmt sich der Wert nur nach einem dieser Ansprüche, und zwar nach dem weitergehenden. Somit ist der Wert des Hilfsantrags maßgebend. Beide Anträge resultieren aus demselben steuerlichen Vorgang, nämlich der Rechnungsberichtigung gem. §§ 14c, 17 UStG. Der Hilfsantrag umfasst den Hauptantrag mit. Der Hauptantrag hat keinen eigenen materiell-rechtlichen Gehalt und verfolgt prozessual keinen eigenen Zweck, bis auf den Versuch der Kostenminimierung.
Normenkette
UStG § 17; GKG § 52 Abs. 1; UStG § 14c
Tatbestand
I.
Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die Höhe des in einer geänderten Gerichtskostenrechnung vom 07.05.2021 im Verfahren 5 K 3133/19 U angesetzten Streitwerts.
Streitig ist im Verfahren 5 K 3133/19 U, ob ein eklatant zu hoher Umsatzsteuerausweis nach späterer Rechnungsberichtigung zu einem Vergütungsanspruch des Rechnungsausstellers führt.
Der Erinnerungsführer ist selbstständiger Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Am 18.04.2016 stellte das damals für ihn zuständige Finanzamt N einen Insolvenzantrag gegen ihn.
Am 26.09.2016 stellte er eine Rechnung an Steuerberater S, mit dem er eine Bürogemeinschaft unterhielt. Die Rechnung lautete wie folgt:
„Liquidation
Für meine Leistungen im Zusammenhang mit der Sache „G” (Begleitung Durchsuchung vor Ort) im Leistungszeitraum 2/2016 erlaube ich mir wie folgt zu liquidieren:
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Euro |
Leistungen: |
125.000.000,00 |
Umsatzsteuer: |
19% 23.750.000,00 |
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148.750.000,00 |
Ich bitte um Überweisung des Betrags auf mein oben angegebenes Konto. Der Betrag ist sofort fällig.” Der Rechnungsempfänger, Steuerberater S, hat den Betrag nicht gezahlt.
Der Erinnerungsführer gab am 04.10.2016 seine Umsatzsteuervoranmeldung für September 2016 ab und erklärte eine Umsatzsteuer i. H. v. 23.751.782,95 €. Gleichzeitig legte er dagegen Einspruch ein. Im Einspruchsschreiben teilte er mit, dass er die Rechnung mit einem überhöhten Umsatzsteuerausweis i. H. v. 23.750.000,00 € ausgestellt habe und dass der tatsächliche Steuerausweis nur 237,50 € hätte betragen dürfen. Mit Bescheid des Finanzamts N vom 09.12.2016 wurde die Umsatzsteuervorauszahlung für September 2016 geändert und die Vorauszahlung auf 1.782,96 € herabgesetzt. Die Steuer gemäß § 14c UStG wurde darin nicht berücksichtigt.
Mit Beschluss vom 16.01.2017 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Erinnerungsführers eröffnet und mit Beschluss vom 30.07.2018 wurde nach Bestätigung eines Insolvenzplans das Insolvenzverfahren aufgehoben.
Am 04.10.2018 berichtigte der Erinnerungsführer gegenüber Steuerberater S die Rechnung vom 26.09.2016. Der Netto-Rechnungsbetrag lautete danach nur noch 1.250,00 € und die offen ausgewiesene Umsatzsteuer 237,50 €. Am 01.11.2018 gab der Erinnerungsführer seine Umsatzsteuervoranmeldung für 10/2018 ab und erklärte darin einen verbleibenden Überschuss (=Erstattungsbetrag) i. H. v. 23.740.016,91 €. Darin enthalten waren -23.749.762,50 € aus der Rechnungsberichtigung. Der Beklagte erkannte den Erstattungsbetrag aus der Rechnungsberichtigung nicht an. Dagegen legte der Erinnerungsführer Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens erging am 01.03.2019 ein Umsatzsteuerjahresbescheid gegen den Erinnerungsführer, in dem der von ihm geltend gemachte Betrag aus der Rechnungsberichtigung ebenfalls nicht berücksichtigt wurde. Mit Einspruchsentscheidung vom 16.10.2019 wurde der Einspruch des Erinnerungsführers als unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Erinnerungsführer Klage. In seiner Klageschrift vom 18.10.2019 kündigte er folgende Anträge an:
- „den Umsatzsteuerbescheid 2018 vom 01.03.2018 dahingehend zu ändern, dass der im Hinblick auf das Klagebegehren aus §§ 14c/17 UStG resultierende Steueranspruch in Höhe von EUR 23.749.762,50 lediglich in Höhe von EUR 5.000,00 steuermindernd berücksichtigt und die Umsatzsteuer 2018 mithin in Höhe von EUR 17.388,09 festgesetzt wird (Teilklage).
- Hilfsweise unter der innerprozessualen Bedingung des Obsiegens hinsichtlich des Hauptantrages zu 1.) den Umsatzsteuerbescheid 2018 vom 01.03.2019 dahingehend zu ändern, dass der im Hinblick auf das Klagebegehren aus §§ 14c/17 UStG resultierende Steueranspruch in Höhe von EUR 23.749.762,50 steuermindernd berücksichtigt und die Umsatzsteuer 2018 mithin in Höhe von ./. EUR 23.727.374,40 festgesetzt wird (uneigentliche Eventualklagenhäufung zweier Teilklagen) …”
Mit Gerichtskostenrechnung vom 28.10.2019 wurde ausgehend von einem Streitwert von 5.000 € zunächst eine Verfahrensgebühr i. H. v. 584,00 € angesetzt. Mit Gerichtskostenrechnung vom 25.02.2020 wurde der Rechnungsbetrag um 10,00 € Dokumentenpauschale wegen Akteneinsicht erhöht. Mit weiterer Gerichtskostenrechnung vom 07.05.2021 wurde die Verfahrensgebühr nunmehr ausgehend von einem Streitwert von 23.749.762,50 € auf 348.944,00 € angesetzt. Die Dokumentenpauschale blieb unverändert.
Gegen ...