Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Begrenzung des Verlustvortrags nach § 10a Satz 2 GewStG
Leitsatz (redaktionell)
1) An der Begrenzung des Verlustvortrags nach § 10a Satz 2 GewStG bestehen bei Vorliegen sog. „Definitiveffekte” verfassungsrechtliche Zweifel.
2) Ein solcher Definitiveffekt liegt vor, wenn durch Umstrukturierung Verluste aus einer atypisch stillen Beteiligung nicht mehr geltend gemacht werden können.
Normenkette
GG Art 3 Abs. 1; KStG § 8 Abs. 1; EStG § 10d; GewStG § 10a S. 2
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Hauptsacheverfahren darüber, ob die Mindestbesteuerung nach § 10a des Gewerbesteuergesetzes – GewStG -im Rahmen der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags gegenüber der Antragstellerin als Inhaberin eines Handelsgewerbes mit atypisch still beteiligten Gesellschaftern im Streitjahr 2013 anzuwenden ist.
Die Antragstellerin ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts D. unter HRB … eingetragene GmbH, deren Unternehmensgegenstand die Vermietung, Verwaltung, der An- und Verkauf sowie die Vermittlung von Immobilien im In- und Ausland ist. Durch Beschluss des Amtsgerichts N. vom 21.5.2010 (Az. …) wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. Zur Insolvenzverwalterin wurde Frau Rechtsanwältin L. bestellt. Durch weiteren Beschluss des Amtsgerichts N. vom 19.4.2013 wurde das Insolvenzverfahren eingestellt. Als Liquidator der Antragstellerin wurde Herr B. eingetragen. Nach einer Eintragung im Handelsregister vom 26.6.2013 wurde die Gesellschaft fortgesetzt. Herr B. war nun Geschäftsführer.
Alleinige Gesellschafterin der Antragstellerin war seit dem Jahr 2005 die Firma M. mit Sitz in X. / Belgien. Die Anteile wurden im Jahr 2013 an die Firma Q. GmbH, T., übertragen.
Bereits mit Vertrag vom 1.11.2005 beteiligte sich die Firma C.GmbH, T., als stille Gesellschafterin an der Antragstellerin. Die Beteiligung erstreckte sich auf 40 % des Gewinns und Verlustes aus bestimmten im Vertrag namentlich benannten Bau- und Grundstücksentwicklungsprojekten. Hinsichtlich zweier dieser Projekte bezog sich die Beteiligung auch auf die daraus entstehenden stillen Reserven. Als Gegenleistung bzw. „Einlage” hatte die C. GmbH ihre „Kompetenz und ihre Arbeitsleistung sowie umfassende Baumanagementtätigkeiten sowie die vor Ort-Ansprache in C1. zur Verfügung” zu stellen.
Mit weiterem Vertrag vom 10.6.2006 beteiligten sich die Firma Y., J. / Niederlande, und die Firma M1., X. / Belgien, als stille Gesellschafter an der Antragstellerin. Nach den Vorbemerkungen des Vertrags war es dessen Ziel, „das Risiko der Projektentwicklungen sowie die Chancen der Projektentwicklungen so zu verteilen, dass die S. GmbH an den Risiken und Chancen aller Geschäfte der S. GmbH noch mit 0 % beteiligt ist, die C.GmbH noch mit 40 % beteiligt ist, die … Y. zu 40 % und die M1., Belgien, zu 20 %.” Hierzu sollten die Y. und die M1. durch ihre Geschäftsführer die Projekte der Antragstellerin unterstützen und fördern. Sie erhielten nach dem Vertrag einen Gewinn- und Verlustanteil sowie eine Beteiligung an den stillen Reserven der Antragstellerin nach der vorgenannten Quote. Weiterhin trugen sie alle Risiken der Projektentwicklung mit ihrer Quote, etwa durch Bürgschaften und Garantien oder durch die Aufnahme von Finanzierungen.
Mit notariellem Vertrag vom 26.2.2013 (UR-Nr. …/2013 des Notars N1. in B1.) hoben die Antragstellerin und die stillen Gesellschafter die „Unterbeteiligungen” auf (§ 2 des Vertrags). Diese Regelung stand unter bestimmten aufschiebenden Bedingungen, u.a. der Einstellung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragstellerin mit Zustimmung aller Gläubiger nach § 213 der Insolvenzordnung und des dinglichen Erwerbs sämtlicher Geschäftsanteile an der Antragstellerin durch die Q. GmbH. Unter § 1 (Vorbemerkung) des Vertrags war weiter ausgeführt, dass zwischen den „Unterbeteiligten” einerseits und der Insolvenzverwalterin als Vertreterin der Antragstellerin andererseits verschiedene gegenseitige Forderungen streitig waren. Weiterer Gegenstand des Vertrags waren vor diesem Hintergrund wechselseitige Forderungsverzichte, die in § 2 des Vertrags ebenfalls unter bestimmten aufschiebenden Bedingungen ausgesprochen wurden. Nach § 3 des Vertrags erhielten die Y. und die M1. für die Aufhebung der „Unterbeteiligungen” keine Gegenleistung, die C.GmbH erhielt hingegen 350.000 €. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verträge vom 1.11.2005, 10.6.2006 und 26.2.2013 verwiesen.
Die Forderungsverzichte lösten, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, einen steuerlichen Gewinn der Antragstellerin i.H.v. 1.874.718 € aus.
Mit Bescheid vom 7.12.2017 setzte der Antragsgegner den Gewerbesteuermessbetrag für 2013 auf 11.179 € fest. Nachdem der Antragsgegner einen früheren Bescheid vom 18.12.2015 nicht an den richtigen Adressaten gerichtet und im Rahmen eines gerichtlichen Verfahren die Unwirksamkeit des Bescheids festgestellt hatte (Az. 13 K 1096/17 G,F und 13 V 3005/17 G,F), adressierte er den Bescheid vom...