Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit illegaler Kartenspielumsätze
Leitsatz (redaktionell)
Illegale Kartenspielumsätze sind - wie legale - umsatzsteuer-frei, da erlaubtes und unerlaubtes Glücksspiel nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes umsatzsteuerlich unter denselben Bedingungen stattfinden müssen. Der Veranstalter unerlaubter Kartenspiele kann sich unmittelbar auf die Steuerbefreiung in Art. 13 Teil B lit. f) der 6. USt-Richtlinie berufen.
Normenkette
UStG § 4 Nrn. 9, 9 Buchst. a J: 1993; EWGRL 388/77 Art. 13, 13 Teil B, Art. 13 Teil B f)
Nachgehend
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob – entsprechend der Rechtsprechung des EuGH zu illegalen Rouletteumsätzen – illegale Kartenspielumsätze umsatzsteuerfrei sind.
Der Kläger (Kl.) betrieb seit September 1987 bis 1991 in H. das Spielcasino „M.”. Da er wegen unerlaubten Veranstaltens von Glücksspielen verurteilt worden war, waren die Konzessionen und Unbedenklichkeitsbescheinigungen von einem seiner Söhne, M. , beantragt worden. Der Kl. veranstaltete zunächst überwiegend Roulette. Spätestens ab Oktober 1989 wurden auch Kartenspiele ausgerichtet. Sämtliche Spiele durften gemäß der gewerberechtlichen Erlaubnis (§ 33 ff Gewerbeordnung – GewerbeO) nur nach bestimmten Regeln lt. Unbedenklichkeitsbescheinigung des Bundeskriminalamtes (BKA) gespielt werden. Vom BKA wurden u. a. Karten-Memory-Spiele für unbedenklich erklärt, die neben dem Spieltisch über eine sog. Kartentafel verfügen. In diese müssen 42 Karten eines 52er Kartenspiels mit der Rückseite nach oben gelegt werden. Anschließend wird die Kartentafel für eine Minute offengelegt. In dieser Einsichtszeit müssen die Spieler versuchen, sich die Lage derjenigen Karten zu merken, die sie für das Spiel verwenden wollen. In maximal 5 Ziehungsdurchgängen teilen die Spieler dem Croupier durch Ansagen der jeweiligen Kartenfachnummer mit, welche Karte sie für ihr Handblatt benötigen. Ziel des Spiels ist es, mit mindestens 2 und höchstens 5 Karten eine möglichst hohe Kartenkombination mit maximal 21 Punkten zu erreichen. Der Einsatz ist auf maximal 45 DM pro Spieler beschränkt. Beim genehmigten Glücksspiel erhält der Veranstalter eine Spielabgabe in Höhe von 10 % des Einsatzes.
Der Kl. veranstaltete in den Streitjahren (1989 bis 1991) neben dem nicht der Unbedenklichkeitsbescheinigung des BKA entsprechenden Roulettespiel unstreitig auch Kartenglücksspiele, die ebenfalls nicht den Vorgaben der Unbedenklichkeitsbescheinigung des BKA entsprachen. Es wurden insbesondere die Kartentafel nicht benutzt und die Einsätze überschritten. Es wird wegen der Einzelheiten auf das Strafurteil des Landgerichts … vom 08.11.1995, 10 Kls 47 Js 111/93, und den Steufa-Bericht vom 14.07.1995 Bezug genommen. Der Kl. führte über die Spielumsätze keine Aufzeichnungen.
Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung … (Steufa) führte beim Kl. eine Betriebsprüfung (Bp) für die Jahre 1987 bis 1991 durch. Der Beklagte (Bekl.) setzte entsprechend dem Bp-Bericht vom 14.07.1995 die USt für die Streitjahre gegen den Kl. fest (USt-Bescheide 1989 bis 1991, jeweils vom 01.04.1996). In den Bescheiden waren jeweils die Roulette- und Kartenspielumsätze berücksichtigt. Die Bemessungsgrundlage wurde, ausgehend von den Betriebskosten des Casinos, geschätzt. Es wird wegen der Einzelheiten auf Tz. 8.2.2 ff des o. g. Prüfungsberichts Bezug genommen. Der Kl. legte gegen die USt-Festsetzungen am 29.04.1996 Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens erging das EuGH-Urteil vom 11.06.1998 – Rs. C 283/95 – Fischer –, UR 1998, 384. Der Bekl. folgte in seiner Einspruchsentscheidung (EE) vom 04.09.2000, auf die Bezug genommen wird, dem EuGH-Urteil im Hinblick auf die USt-Freiheit der Rouletteumsätze. Er behandelte die illegal betriebenen Kartenspielumsätze jedoch weiterhin als steuerpflichtig. Der Anteil der Kartenspielumsätze an den Gesamtumsätzen des Kl. wurde vom Bekl. geschätzt.
Dagegen richtet sich die Klage.
Der Kl. meint, die Rechtsgrundsätze des oben genannten EuGH-Urteils seien auch auf illegale Kartenspielumsätze anzuwenden. Hilfsweise macht er geltend, daß – für den Fall der Steuerpflicht – nur der Betrag der USt unterliegen könne, der ihm nach Abzug der ausgezahlten Spielgewinne verblieben sei.
Der Kl. beantragt,
die USt-Bescheide 1989 bis 1991, jeweils vom 01.04.1996, in Gestalt der EE vom 04.09.2000 aufzuheben.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen, und hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
Er nimmt Bezug auf seine EE.
Entscheidungsgründe
II.
Der Senat sieht es als zweckmäßig an, gemäß § 90 a FGO durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.
Die Klage ist begründet.
Die illegalen Kartenspielumsätze des Kl. sind steuerbar, sie sind aber steuerfrei.
Auch verbotene Glücksspiele sind steuerbar. Der EuGH hat zwar für den verbotenen Handel mit Betäubungsmitteln und Falschgeld (EuGH-Urteile vom 05. Juli 1988 Rs. 269/86 – Mol – EuG...