Entscheidungsstichwort (Thema)

Befangenheitsantrag, Fortsetzungsfeststellungsklage

 

Leitsatz (redaktionell)

1.) Die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten unzulässig. Der ansonsten vor der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch erforderlichen Stellungnahme der betroffenen Richter bedarf es in einem solchen Fall nicht. Über einen rechtsmissbräuchlichen Antrag kann ohne vorherigen gesonderten Beschluss im Urteil mitentschieden werden.

2.) Das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse ist bei einem bloßen Hinweis auf einen möglichen Schadensersatzprozess nicht gegeben.

3.) Ist ein Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen und erlangt die Finanzverwaltung unabhängig von dem streitgegenständlichen Auskunftsersuchen Kenntnis von den steuerrelevanten Tatsachen, kann nur ein sog. qualifiziertes materielles Verwertungsverbot ein Feststellungsinteresse begründen.

 

Normenkette

AO § 97; FGO § 51 Abs. 1, § 100 Abs. 1 S. 4; ZPO § 42 Abs. 2, § 44 Abs. 3; GG Art. 101 Abs. 1 S. 2; AO § 93

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 16.02.2009; Aktenzeichen VII B 175/08)

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit von fünf Auskunftsersuchen, die der Beklagte an verschiedene Banken gerichtet hat.

Mit Bescheid vom 10.05.1999 ordnete der Beklagte beim Kläger eine Außenprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 an. Der Kläger, der in diesen Jahren als Rechtsanwalt, Steuerberater und Notar tätig war, wandte sich hiergegen mit Hinweis auf seine Verschwiegenheitspflicht. Die Klage gegen die Prüfungsanordnung wies der Senat mit Urteil vom 11.08.2000 (11 K 5685/99 AO) ab und die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BFH mit Beschluss vom 06.07.2001 als unzulässig zurückgewiesen (Aktenzeichen IV B 121/00).

Im Rahmen der Betriebsprüfung hatte der Beklagte verschiedene Buchführungsunterlagen angefordert. Den Aufforderungen vom 07.06.2000, 20.09.2000 und 02.10.2001 kam der Kläger nicht nach, auch nicht nach Zwangsgeldandrohungen und Zwangsgeldfestsetzungen (u.a. vom 18.03.2002, 24.04.2002 und 29.05.2002). Er hielt daran fest, dass er die vom Beklagten geforderten Unterlagen nicht herausgeben dürfe, da er sonst gegen seine Verschwiegenheitspflicht verstoßen und sich nach § 203 StGB strafbar machen würde. Die gegen die Vorlageersuchen gerichtete Klage 11 K 3622/02 AO wies der Senat mit Urteil vom 25.07.2003 ab. Der BFH ließ die Revision zu (ursprüngliches Aktenzeichen IV R 37/05, neu VIII R 78/05), hat über diese jedoch noch nicht entschieden.

Nachdem der Kläger von sich aus keine Unterlagen herausgegeben hatte, bat der Beklagte verschiedene Banken um Auskunft, und zwar (Bl. 22-26 d.A.)

  • die …-Bank Y. mit Verfügung vom 29.04.2002 betr. Konto 00 00 001,
  • die …-Bank … in Y. mit Verfügung vom 22.05.2002 betreffend Konto 00 00 001
  • und die …-Bank Z. mit Verfügung vom 25.06.2002 betr. Konto 0000000002.

Der Text der Verfügungen lautete jeweils wie folgt:

„In dem Besteuerungsverfahren des Herrn H. X. bitte ich nach §§ 93, 97 AO um Auskunft über die im Kalenderjahr 1997 auf dem o.g. Konto erfolgten Geldbewegungen durch Übersendung der Kontoauszüge für das o.g. Geschäftskonto. Die erbetenen Auskünfte sind für die rechtmäßige Durchführung der Besteuerung Ihres o.g. Kunden erforderlich. Die Voraussetzungen des § 93 Abs. 1 S. 3 AO sind erfüllt.”

Bei Sichtung der von den Banken übersandten Unterlagen kam die Betriebsprüferin zu dem Schluss, dass Differenzen zwischen den Geldzugängen auf den betrieblichen Konten und den vom Kläger in seiner Einnahme-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) erklärten Einnahmen bestünden. Sie forderte daraufhin mit Verfügungen vom 17.07.2007 von der …-Bank … und der …-Bank Z. auch für die Jahre 1995 und 1996 für die o.g. Konten Kontoauszüge an. Der Text der Verfügungen ist mit Ausnahme der Jahreszahl mit den früheren Auskunftsersuchen identisch.

Nach Auswertung aller Kontounterlagen ermittelte die Betriebsprüferin Differenzen i.H.v. … DM (1995), … DM (1996) bzw. … DM (1997). Die anschließende Einschaltung des Finanzamts für Strafsachen und Steuerfahndung (StraFaFa) führte dazu, dass gegen den Kläger am 17.03.2003 ein Strafverfahren wegen Verdachts der Umsatz- und Einkommensteuerverkürzung für die Jahre 1996 bis 2003 (2002 und 2003 nur hinsichtlich der USt) eingeleitet wurde. Das StraFaFa erwirkte verschiedene Durchsuchungsbefehle, u.a. für die Wohn- und Geschäftsräume des Klägers und die Geschäftsräume der …-Bank … und der …-Bank Z. Alle gerichtlichen Durchsuchungsbeschlüsse ordneten ausdrücklich auch die Beschlagnahme von Kontounterlagen an. Tatsächlich wurden bei der Durchsuchung der Wohnung des Klägers auch Ordner mit Kontoauszügen betreffend die Jahre 1996 bis 2002 beschlagnahmt. Die Beschwerden des Klägers gegen die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen blieben erfolglos (Beschluss des Landgerichts Y. vom 06.09.2005 – … Qs …-…/05).

Aufzeichnungen über Betriebseinnahmen wurden bei den Durchsuchungen nicht gefunden, weshalb...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge