Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuerlicher Verlustübergang bei Unternehmer- und Unternehmensidentität
Leitsatz (redaktionell)
1. Wenn der Gewerbebetrieb einer GmbH durch eine aus dieser GmbH und einem oder mehreren atypisch stillen Gesellschaftern bestehenden Mitunternehmerschaft („GmbH & Still”), die auch die Gesellschafter der GmbH sind, die sich ausnahmslos am Handelsgewerbe der GmbH beteiligen, fortgesetzt wird, liegt kein Betriebsübergang im Ganzen vor.
2. Die Einbringung des Gewerbebetriebs einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft bzw. in eine atypische stille Gesellschaft führt nicht zu einem vollständigen Unternehmerwechsel, weil Personengesellschaften zwar selbst Gewerbesteuerschuldner sind, aber als Unternehmer sind ihre Gesellschafter anzusehen.
3. Ein vortragsfähiger Gewerbeverlust der GmbH ist dann im Rahmen der Mitunternehmerschaft zu berücksichtigen.
Normenkette
GewStG § 5 Abs. 1 S. 3, § 10a; UmwStG § 24 Abs. 1; GewStG § 2 Abs. 5
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein bei einer Kapitalgesellschaft festgestellter vortragsfähiger Gewerbeverlust anteilig auf eine aus dieser Kapitalgesellschaft und zwei atypisch stillen Gesellschaftern bestehende Mitunternehmerschaft übergeht.
Die (als „Inhaberin des Handelsgewerbes mit einem oder mehreren still beteiligten Gesellschaftern” klagende) X-GmbH (im Folgenden: GmbH) betreibt ein Bauunternehmen in N-Stadt. Ihre Gesellschafter waren in den Streitjahren 2010 bis 2015 Frau H. X. zu 26 Prozent und Herr G. X. zu 74 Prozent. Ihr Geschäftsführer war Herr X..
Mit Verträgen vom 08.12.2009 beteiligten sich zum einen Frau X. und zum anderen Herr X. jeweils als atypisch stille Gesellschafter an der GmbH. Die Verträge waren mit „X-GmbH & Still – GX (atypisch stille Gesellschaft)” und „X-GmbH & Still – HX (atypisch stille Gesellschaft)” überschrieben. Es war jeweils eine Beteiligung „an dem Handelsgewerbe der GmbH” vorgesehen (§ 1 Ziff. 1 der Verträge). In beiden Verträgen war festgelegt, dass das erste Geschäftsjahr der stillen Gesellschaft am 01.01.2010 beginnt und am 31.12.2010 endet (§ 4 Ziff. 3 der Verträge). Die stille Gesellschaft war jeweils bis zum 31.12.2014 fest vereinbart und verlängerte sich um jeweils drei Jahre, wenn sie nicht spätestens ein Jahr zuvor gekündigt wurde (§ 4 Ziff. 1 der Verträge). Als Einlage war in beiden Verträgen ein bisher als Darlehen an die GmbH gewährter Betrag von 16.500 Euro vereinbart, welcher nunmehr in Eigenkapital umgewandelt werden sollte. Laut den Verträgen war der jeweilige stille Gesellschafter am Gewinn und Verlust der GmbH beteiligt, am Verlust jedoch nur bis zur Höhe seiner Einlage (§ 7 Ziff. 1 der Verträge). Für die Beteiligung an Verlusten war ein gesondertes Verlustkonto zu führen (§ 2 Ziff. 4 der Verträge). Für die Ermittlung der Gewinn- und Verlustbeteiligung war das Verhältnis der Einlage des jeweiligen stillen Gesellschafters zum Stammkapital der GmbH und der Zurechnung weiterer Einlagen von (anderen) stillen Gesellschaftern entscheidend (§ 7 Ziff. 3 der Verträge). Laut den Verträgen war der jeweilige stille Gesellschafter außer am Ergebnis der GmbH auch an deren Vermögen und Geschäftswert beteiligt (§ 1 Ziff. 2 der Verträge). Für eine Beendigung der jeweiligen Gesellschaft war in den Verträgen geregelt, dass in diesem Falle der stille Gesellschafter abgefunden werden muss und der Abfindungsanspruch sich aus der Höhe des Saldos der Gesellschafterkonten des stillen Gesellschafters zuzüglich eines entsprechenden Anteils an den stillen Reserven und Lasten der GmbH und an ihrem Geschäftswert ergibt (§ 10 Ziff. 1 und 2 der Verträge). Zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft war allein die GmbH berechtigt und verpflichtet (§ 5 der Verträge). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beiden Verträge vom 08.12.2009 Bezug genommen.
Für die GmbH war auf den 31.12.2009 ein vortragsfähiger Gewerbeverlust nach § 10a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.H.v. 494.675 Euro festgestellt.
Diese Feststellung erhöhte der Beklagte entsprechend dem von ihm für die aus der GmbH und Frau und Herrn X. bestehende Mitunternehmerschaft für 2010 festgestellten Verlust i.H.v. 64.307 Euro auf den 31.12.2010 zunächst auf 558.982 Euro, um ihn sodann entsprechend der von ihm für die Mitunternehmerschaft für 2011 und 2012 festgestellten Gewinne auf den 31.12.2011 um 307.989 Euro auf 250.993 Euro und auf den 31.12.2012 um 81.719 Euro auf 169.274 Euro zu verringern.
In den Jahren 2014 und 2015 fand jeweils eine Betriebsprüfung bei der GmbH und bei der aus dieser und den beiden atypisch stillen Gesellschaftern bestehenden Mitunternehmerschaft für die Jahre 2010 bis 2012 statt. Die mit der Betriebsprüfung beauftragte Prüferin ging davon aus, dass trotz des Umstands, dass Frau und Herr X. sich jeweils einzeln als stille Gesellschafter an der GmbH beteiligt hatten, lediglich eine Mitunternehmerschaft vorliege, an deren Gewinn und Verlust Frau und H...