Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung eines GmbH-Anteils im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 2/24)
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Bewertung eines GmbH-Anteils im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens sind Zollabgaben, über die mit einem anderen europäischen Staat ein Rechtsstreit geführt wurde, als außerordentliche Aufwendungen hinzuzurechnen.
Normenkette
BewG §§ 151, 199, 11, 157 Abs. 4, §§ 201-202
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob bei der Anwendung des sog. vereinfachten Ertragswertverfahrens (§§ 200 ff. Bewertungsgesetz – BewG) Aufwendungen in Form von Zollabgaben samt darauf angefallener Zinsaufwendungen, über die im Rahmen eines Rechtsstreits mit einem Staat im europäischen Ausland entschieden wurde, als außerordentliche Aufwendungen den Ausgangswerten hinzuzurechnen sind.
Die Klägerin ist als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) zu 100% ein Tochterunternehmen der mit Beschluss vom 02.11.2023 beigeladenen D GmbH.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die (Zoll-)Spedition zwischen West- und Osteuropa. Von 19xx bis zum Beitritt Polens zur Europäischen Union (EU) in 2004 war die Klägerin in mehreren eigenen Büros an der deutsch-polnischen Grenze tätig und erstellte in dieser Funktion unter anderem Versanddokumente (Zollversandscheine) für Importeure.
In diesem Rahmen erstellte sie im Jahr 1992 Dokumente für Lieferungen nach E im europäischen Ausland. Diese Dokumente sollten an das Bestimmungszollamt E übermittelt werden. Aus ungeklärten Umständen wurden in fünf Fällen die Zolldokumente durch professionelle Personen mit betrügerischen Absichten nicht nach E übermittelt bzw. wurden zuvor von unbekannten Personen abgefangen. Teilweise verschwanden auch die Lieferungen vollständig und konnten nicht zurückverfolgt werden. Der ausländische Staat nahm die Klägerin als Schuldnerin der Zollabgaben in Anspruch. Im Rahmen eines Gerichtsverfahrens vor den ausländischen Gerichten wurde die Klägerin hinsichtlich dieser fünf Vorgänge zuletzt am xx.xx.2012 von dem ausländischen Gericht […] zur Zahlung von Zollabgaben i. H. v. 3.932.080 der ausländischen Währung zuzüglich Verzugszinsen verurteilt. Ein Rechtsmittel wurde letztinstanzlich durch das dortige oberste Gericht am xx.xx.2015 abschlägig beschieden […]. Die Zollschulden und Nebenkosten (ohne Zinsen) i. H. v. insgesamt 103.763 EUR zahlte die Klägerin in zwei Raten in den Jahren 2015 und 2016. Aufgrund eines Vergleichsvertrags vom xx.xx.2016 erstattete die Versicherung der Klägerin für die Inanspruchnahme einen Betrag von 96.000,- EUR. Die Verzugszinsen zur Hauptschuld wurden zu Lasten der Klägerin mit 142.770 EUR festgesetzt. Die Klägerin traf mit den ausländischen Behörden hinsichtlich der Verzugszinsen eine Vereinbarung über Ratenzahlungen bis zum Februar 2022.
In anderen Fällen, in denen es zur Inanspruchnahme als Abgaben- und Haftungsschuldnerin kam, konnte die Klägerin regelmäßig ihre Ansprüche gegenüber den Importeuren oder der eigens dafür abgeschlossenen Haftpflichtversicherung durchsetzen. Zu einer häufigen Inanspruchnahme kam es in dem Zeitraum von 1991 bis zum xx.xx.1994. Dort wurde die Klägerin als Spediteurin in nahezu 100 Fällen für Eingangsabgaben durch die jeweiligen Hauptzollämter in Anspruch genommen. In diesem Zuge verauslagte die Klägerin insgesamt Gebühren und Nebenleistungen i. H. v. 121.757 DM gegenüber den deutschen Hauptzollämtern. Diese Schadensfälle rechnete die Klägerin mit der Haftpflichtversicherung ab. Die direkte Inanspruchnahme der Klägerin durch die den deutschen Hauptzollämtern nachgeordneten örtlichen Zollämter in über 1000 Fällen wurde mit den jeweiligen Kunden ohne Einschaltung der Haftpflichtversicherung abgewickelt. Diese Vorfälle entstanden größtenteils aufgrund des Beitritts der DDR zur EU im Rahmen der Wiedervereinigung. Vielen Spediteuren und Lieferanten waren damals die Formalitäten der Zollabfertigung nicht bekannt, weshalb die Spediteure als Haftungsschuldner für Zollabgaben in Anspruch genommen wurden.
Weitere höhere Inanspruchnahmen im Betrachtungszeitraum von 2014 bis 2016, als auch in den Jahren 2004 bis 2014, erklärte die Klägerin nicht. Es sind keine weiteren Gerichtsverfahren vergleichbar zu dem Verfahren in dem ausländischen Staat anhängig.
Zum xx.xx.2017 schenkte der mit Beschluss vom 02.11.2023 beigeladene Herr B seine Anteile (…%) an der D GmbH dem ebenfalls mit Beschluss vom 02.11.2023 beigeladenen Herrn C.
Aufgrund einer internen Anforderung an den Zentralbearbeiter gesonderte Feststellung des Werts von Anteilen an Kapitalgesellschaften, Betriebsvermögen sowie sonstigen Vermögensgegenständen und Schulden (ZAB) stellte der Beklagte gegenüber der D GmbH und den Beigeladenen mit Bescheid über die gesonderte Feststellung des Werts von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG für Zwecke der Schenkungsteuer auf den 01.01.2017 vom 10.05.2019 den Wert des erworbenen Anteils am Betrieb...