Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Einordnung der Kryokonservierung von Ei- und Samenzellen als steuerbefreite Heilbehandlung
Leitsatz (redaktionell)
Für die Fälle der sog. Kryokonservierung ist eine steuerfreie Heilbehandlung dann anzunehmen, wenn eine organisch bedingte Sterilität vorliegt, d.h. eine Krankheit zu deren Linderung die Lagerung von befruchteten Eizellen medizinisch möglich und geboten ist. Im Streitfall ist der Senat aufgrund der vorgelegten Patientenunterlagen davon überzeugt, dass die Kryokonservierung nur in solchen Fällen einer organisch bedingten Sterilität erfolgte und keine Fälle eines sog. „social freezing” gegeben sind.
Normenkette
MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. c; UStG § 4 Nr. 14 Buchst. a S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kryokonservierung von Ei- und Samenzellen durch eine eigenständige GbR eine umsatzsteuerfreie Heilbehandlung darstellt.
Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der X GbR (im Folgenden: GbR), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die Ärzte E, O und H waren. Die GbR ist am 00.00.2018 in die Klägerin eingebracht worden. Die ehemaligen Gesellschafter der GbR sind Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und betrieben im Streitjahr zugleich ein … (im Folgenden: N) in F in der Rechtsform einer Partnerschaftsgesellschaft.
Die GbR war im Bereich der Kryokonservierung tätig. Nach § 1 des Gesellschaftsvertrages bestand der Gesellschaftszweck im tiefgekühlten Einlagern von Samen- und Eizellen.
Wurde im Rahmen der Kinderwunschbehandlung von den Patienten die Entscheidung über eine Kryokonservierung getroffen, so schlossen die Patienten mit dem N einen Vertrag über die Kryokonservierung der Eizellen/Embryonen ab (vgl. Muster Bl. 21R ff. der Gerichtsakte). Zudem schlossen die Patienten mit der GbR einen Vertrag über die Lagerung der Eizellen/Embryonen ab (vgl. Muster Bl. 24R ff. der Gerichtsakte).
Für das Streitjahr 2014 stimmte der Beklagte der am 10.03.2016 eingegangenen Umsatzsteuerjahreserklärung der GbR (Bl. 4 ff. der Umsatzsteuerakte) zu. Die entsprechende Mitteilung über die Zustimmung erging am 31.03.2016, es wurde eine Umsatzsteuer in Höhe von xxx € festgesetzt und es ergab sich aufgrund von Vorauszahlungen in Höhe von xxx € eine Zuvielzahlung in Höhe von xxx € (Bl. 12 der Gerichtsakte).
Hiergegen legte die GbR am 20.04.2016 Einspruch ein. Zur Begründung trug sie unter Verweis auf das BFH-Urteil vom 29.07.2015 (XI R 23/13) vor, dass es sich bei der Kryokonservierung um eine steuerfreie Heilbehandlung nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG a.F. handele.
Mit Einspruchsentscheidung vom 13.12.2016 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Nach der Rechtsprechung des BFH sei eine Steuerfreiheit nur dann anzunehmen, wenn eine Lagerung erfolgte, weil eine organisch bedingte Sterilität bei einem der beiden fortpflanzungswilligen Partner vorlag. Nicht steuerfrei sei hingegen die Lagerung von Eizellen oder Spermien ohne medizinischen Anlass (sog. social freezing). Der Internetauftritt des N weise auch auf die Möglichkeit der Fertilitätsreserve hin. Die Feststellungslast in Bezug auf die Steuerfreiheit trage für jeden einzelnen Umsatz die GbR.
Mit der von der GbR am 13.01.2017 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin das Begehren weiter. Die Leistungen der GbR seien Teil der Gesamtleistung der vom N erbrachten, nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreien Heilbehandlungsleistungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft gewesen. Soweit bei der Entnahme der Eizellen und anschließender Aufbereitung mehr als drei Eizellen im Vorkernstadium entstanden seien, könnten diese kryokonserviert werden, um sie bei einem späteren Behandlungszyklus einsetzen zu können. Die Kryokonservierung erspare der Patientin eine erneute hormonelle Stimulation und Punktion und die damit verbundene Narkotisierung. Da sowohl die hormonelle Stimulation als auch die Punktion psychische und physische Nebenwirkungen haben könnten, sei die Verwendung der kryokonservierten Eizellen im Vorkernstadium für die Patienten eine erhebliche Erleichterung im Behandlungsablauf. Dies sei aber nur eine Form der Unfruchtbarkeitsbehandlung. Je nach Ausbildung des Krankheitsbildes könne eine Kryokonservierung von Eizellen im Vorkernstadium als auch von Sperma und/oder Hodengewebe auch notwendig sein, um später überhaupt noch eine Kinderwunschbehandlung durchführen zu können. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist die Klägerin auf die im Internet abrufbare Informationsbroschüre des N. Da die Kosten der Behandlungsschritte zur Kryokonservierung und das anschließende Einsetzen sowie weitere Teile der Fruchtbarkeitsbehandlung nicht von den Krankenkassen übernommen worden seien, sei eine gesonderte Abrechnung mit den Patienten erfolgt, wozu ein Vertrag zwischen dem N und der GbR und den Patienten geschlossen worden sei. Die GbR habe keine Einlagerungen ohne eine vorhergehende Heilbehandlung durchgeführt, ein sog. „social f...