Entscheidungsstichwort (Thema)
Genussrechtserträge, Veranlassungszusammenhang
Leitsatz (redaktionell)
Genussrechtserträge, die nur leitende Angestellte vom Arbeitgeber erhalten, sind nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst und damit kein Arbeitslohn, sondern als Kapitaleinkünfte zu behandeln, wenn der Arbeitnehmer das Genussrechtskapital aus seinem eigenen Vermögen erbracht und ein effektives Verlustrisiko getragen hat.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die einkommensteuerliche Qualifikation von Genussrechtserträgen (Arbeitslohn oder Einkünfte aus Kapitalvermögen).
Der Kläger, der mit der Klägerin zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wird, ist als Arbeitnehmer für die A.-Service GmbH & Co. KG (im Folgenden A-KG) tätig, in den Jahren 2010 bis 2014 als Marketingleiter. Seit Mitte 2014 leitet der Kläger die Bereiche Business Development und Unternehmenskommunikation. Die A-KG beschäftigte in den Streitjahren – 2013 und 2014 – ca. 100 Mitarbeiter.
Der Kläger erhielt in den Streitjahren arbeitsvertraglich geschuldete Vergütungen in Höhe von xxxxx EUR (2013) und xxxxx EUR (2014). Diese setzten sich aus einer festen und einer erfolgsabhängigen Vergütung zusammen. Daneben schloss der Kläger mit derA-KG verschiedene Genussrechtsvereinbarungen ab: Vereinbarung vom 28.02.2011 über ein Genussrechtskapital von 10.000 EUR (fällig zum 31.03.2012, eingezahlt am 23.03.2012), vom 28.02.2012 über ein weiteres Genussrechtskapital von 5.000 EUR (fällig zum 31.03.2013, eingezahlt am 11.03.2013 oder am 21.03.2013), vom 03.12.2013 über ein weiteres Genussrechtskapital von 10.000 EUR (fällig zum 31.03.2014, eingezahlt am 10.02.2014) und vom 02.01.2015 über ein weiteres Genussrechtskapital von 5.000 EUR.
Den einzelnen Genussrechtsvereinbarungen lagen im Wesentlichen identische Vertragsbedingungen zugrunde: Der Kläger erhielt pro 1.000 EUR Genussrechtskapital 0,03 % des handelsrechtlichen Jahresüberschusses im Sinne des § 275 Abs. 2 Nr. 20 des Handelsgesetzbuchs (HGB). Die Gewinnbeteiligung wurde auf 18 % des Nennwertes der Einlage pro Wirtschaftsjahr begrenzt (§ 4 Abs. 1 und Abs. 2 der Genussrechtsvereinbarungen). Die Genussrechtsvereinbarungen verhalten sich nicht zu der Frage, in welchem Jahr der Kläger erstmals die Genussrechtsvergütung erhalten soll. § 4 Abs. 3 der Genussrechtsvereinbarung regelt lediglich die Auszahlung und zwar wie folgt: „Der Gewinnanteil des Genussrechtsinhabers ist jährlich für das vorausgegangene Wirtschaftsjahr fällig mit dem Gesellschafterbeschluss über die Verwendung des Jahresergebnisses, spätestens zum 30.6. des Folgejahres.” Für den Fall, dass das Haftkapital der A-KG durch Verluste unter dem im Handelsregister eingetragenen Nennbetrag gemindert ist und keine Rücklagen in entsprechender Höhe zum Ausgleich des Differenzbetrages vorhanden sind, war die Fälligkeit des Gewinnanspruchs bis zur Beseitigung dieser Unterdeckung hinausgeschoben (§ 4 Abs. 4 der Genussrechtsvereinbarungen). Gemäß § 5 der Genussrechtsvereinbarungen nahm der Kläger während der Dauer der Laufzeit der Vereinbarung an Verlusten der Gesellschaft teil, allerdings pro Wirtschaftsjahr begrenzt auf 50 % des Nennwertes seiner Einlage. Die Einlagengewährung erfolgte unbefristet und unter Ausschluss eines ordentlichen Kündigungsrechts (§ 6 der Genussrechtsvereinbarungen). Als Beendigungsgründe waren der Tod des Klägers und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der A-KG (gleich aus welchem Grund) vereinbart. Das Genussrecht durfte nur an die A-KG oder einen anderen Genussrechtsinhaber übertragen werden und dies auch nur mit Zustimmung der A-KG. In den jeweiligen Präambel heißt es schließlich: „Die [A-KG] und [der Kläger] schließen in der beiderseitigen Absicht, die Verbundenheit zwischen dem Genussrechtsinhaber und der Gesellschaft zu fördern und daher dem Mitarbeiter die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Beteiligung am Ergebnis der Gesellschaft zu eröffnen, den folgenden Genussrechtsvertrag. […]”. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die einzelnen Genussrechtsvereinbarungen in den Verwaltungsvorgängen Bezug genommen.
Anlass für die Genussrechtsvereinbarungen war ein Investitionsvorhaben der A-KG. Die Nettoinvestition hat 2.700.000 EUR betragen. Davon hat die A-KG 2.150.000 EUR bei Kreditinstituten zu Zinssätzen zwischen 4,26 % und 4,67 % fremdfinanziert. Die verbleibenden 550.000 EUR mussten aus Eigenmitteln erbracht werden; dies entsprach vorallem auch der Erwartung der Kreditinstitute. Als Eigenmittel in diesem Sinne wurden u. a. die Genussrechte angesehen. Die A-KG bot daher ihren leitenden Mitarbeitern und damit u. a. dem Kläger den Abschluss einer Genussrechtsvereinbarung an. Neben dem Kläger hat nur noch eine weitere Person eine solche Vereinbarung mit der A-KG abgeschlossen. Die Arbeitnehmereigenschaft bei der A-KG war Grundvoraussetzung für den Abschluss der Vereinbarung.
Im Zeitpunkt des Abschlusses des ersten Genussrechtsvertrages (28.02.2011) lage...