Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitlicher Schenkungswille bei der Übertragung von Anteilen an drei Kapitalgesellschaften am selben Tag
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine einheitliche Schenkung kann in zwei Akten vollzogen werden, wenn ein einheitlicher Schenkungswille vorliegt. Ob ein einheitlicher Schenkungswille vorlag, ist Gegenstand tatrichterlicher Feststellungen.
2) Die Übertragung von Anteilen an drei Kapitalgesellschaften am selben Tag in direkt aufeinanderfolgenden Urkunden rechtfertigt die Annahme eines einheitlichen Schenkungswillens nicht, wenn weder ein rechtlicher noch ein wirtschaftlicher Zwang bestanden hat, die Anteile an einem bestimmten Stichtag zu übertragen, im Übrigen keine Einheitlichkeit der Verträge besteht (unterschiedliche Personenkreise, Zustimmung unterschiedlicher Gesellschafter erforderlich, mal Nießbrauchsvorbehalt, mal keiner) und die Beteiligten subjektiv von getrennten Zuwendungen mit unterschiedlichen Zuwendungsgegenständen ausgegangen sind.
Normenkette
ErbStG §§ 9, 7 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob einheitlicher Schenkungswillen gegeben ist, mit der Folge, dass nur eine einheitliche Schenkung vorliegt.
Mit Verträgen vom 16.10.2015 sind dem Kläger von seinem Vater Gesellschaftsanteile an der A GmbH, … (im Folgenden: A GmbH), der B GmbH, … (im Folgenden: B GmbH) und der C GmbH …, … (im Folgenden: C GmbH) geschenkt worden. Die Verträge haben aufeinander folgende Urkundennummern, nämlich die URNr. 170/2015 für die A GmbH, URNr. 171/2015 für die B GmbH und die URNr. 172/2015 für die C GmbH.
A GmbH: Der Vater des Klägers war alleiniger Gesellschafter der A GmbH. Er hielt von dem voll eingezahlten Stammkapital von 275.000 Euro zwei Geschäftsanteile von 33.000 Euro und 242.000 Euro. Von seinem Geschäftsanteil von nominal 242.000 Euro hielt der Vater des Klägers einen Teilgesellschaftsanteil von nominal 33.000 Euro treuhänderisch für die X GmbH & Co. KG und einen weiteren Teilgeschäftsanteil von nominal 33.000 Euro treuhänderisch für E. Den Geschäftsanteil von 242.000 Euro teilte er auf in einen Geschäftsanteil von 176.000 Euro und zwei weitere Geschäftsanteile von je 33.000 Euro. Den durch die Teilung entstandenen Geschäftsanteil von 176.000 Euro übertrug er seinem Sohn, dem Kläger, mit Wirkung zum 31.10.2015 unter Einräumung eines lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauchs an dem geschenkten Geschäftsanteil. In dem Vertrag sind unter Teil D verschiedene Widerrufs- und Rückforderungsrechte vereinbart, u. a. das Recht, die Schenkung zu widerrufen, wenn das zuständige Finanzamt für die vertragsgegenständlichen Zuwendungen Schenkungsteuer von mehr als 50.000 Euro festsetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 16.10.2015 (URNr. 170/2015 des Notars F als amtlich bestelltem Vertreter des Notars G mit Amtssitz in …) Bezug genommen.
B GmbH: An der B GmbH waren H mit zwei Geschäftsanteilen von jeweils 200.000 Euro und I mit einem Geschäftsanteil von 100.000 Euro beteiligt. Einen der Geschäftsanteile von 200.000 Euro hielt H treuhänderisch für den Vater des Klägers. Den für ihn treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteil von 200.000 Euro schenkte und übertrug er dem Kläger. Die Schenkung wird laut Vertrag dadurch vollzogen, dass die Treugeberstellung vom Vater des Klägers auf den Kläger übertragen wird. Die Schenkung und Übertragung erfolgte mit Wirkung zum 31.10.2015. Auch in diesem Vertrag sind unter Teil D Widerrufs- und Rückforderungsrechte vereinbart u. a. für den Fall, dass das zuständige Finanzamt für die vertragsgegenständlichen Zuwendungen Schenkungsteuer von mehr als 25.000 Euro festsetzt. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Vertrag vom 16.10.2016 (URNr. 171/2015 des Notars F als amtlich bestelltem Vertreter des Notars G in …).
C GmbH: An der C-GmbH waren als Gesellschafter J C mit einem Geschäftsanteil von 50.000 DM, K mit einem Geschäftsanteil von 50.000 DM und der Vater des Klägers ebenfalls mit einem Geschäftsanteil von 50.000 DM beteiligt. Der Vater des Klägers schenkte seinem Sohn seinen von ihm gehaltenen Geschäftsanteil von 50.000 DM mit Wirkung zum 31.10.2015. Unter Teil D des Vertrags sind wiederum Widerrufs- und Rückforderungsrechte vereinbart, u. a. für den Fall, dass das zuständige Finanzamt für die vertragsgegenständlichen Zuwendungen Schenkungsteuer von mehr als 25.000 Euro festsetzt.
Die A GmbH ist eine reine Handelsgesellschaft, in der Vater des Klägers aktiv unternehmerisch tätig war und dessen Nachfolge auch in unternehmerischer Hinsicht der Kläger mit der Übertragung der Anteile angetreten hat. Die A GmbH vertreibt Bauelemente für Dächer und Fassaden. Ihr Kerngeschäft spielt sich in Deutschland ab (ca. 90 %), es gibt aber auch Kunden innerhalb von Europa. Die C GmbH produziert Förderbandabdeckungen und ist weltweit tätig und sehr stark exportorientiert. Die B GmbH baut Hochregallager und erbringt dort hauptsächlich die Montageleistungen. In geringem Umfang bezieht sie bei der A GmbH Materialien. Die A GmbH wird von den anderen beiden Ge...