Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein ermäßigter Steuersatz für Auftragsforschung eines Betriebs gewerblicher Art einer Hochschule außerhalb wohltätiger Zwecke oder der sozialen Sicherheit

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine privatrechtlich vereinbarte wirtschaftliche Tätigkeit einer Hochschule, die aus Werkvertragsaufträgen für Krankenkassenverbände resultiert und keine medizinischen Erkenntnisse erbringt, ist keine Tätigkeit der Hochschule als Trägerin, sondern eine gewerbliche des Zweckbetriebs, der seinerseits begünstigte Zwecke erfüllen müsste. Im Klagefall schied eine Tätigkeit für wohltätige Zwecke oder im Bereich der sozialen Sicherheit (Anhang III MwStSystRL) aus.

 

Normenkette

AO § 68 Nr. 9; UStG § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Umsätze, welche die Klägerin im Rahmen ihres Betriebs gewerblicher Art „Auftragsforschung” erbracht hat, gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen.

Die Klägerin ist eine Hochschule und als solche eine juristische Person des öffentlichen Rechts. Am 15.02.2001 schloss die Klägerin einen Werkvertrag mit Y, in welchem sie sich zur Durchführung und Erstellung einer wissenschaftlichen Studie über … verpflichtete. Gemäß § 1 des Werkvertrages diente die Studie der wissenschaftlichen Begleitung eines Modellvorhabens im Sinne der §§ 63 ff. SGB V.

Diesem Werkvertrag schlossen sich der …, sowie … durch Beitrittsvertrag vom 14.05.2001 und … durch Beitrittsvertrag vom 15.05.2001 an.

In Durchführung des Werkvertrages erstattete die Klägerin im Februar 2002, Juli 2002, Juni 2003 und Juli 2004 jeweils einen Zwischenbericht. Im Oktober 2006 erstattete die Klägerin den Abschlussbericht. Mit Schreiben vom 28.11.2006 erklärte Y die Abnahme des Abschlussberichts.

In Durchführung des Werkvertrages erteilte die Klägerin folgende Rechnungen an Y:

Re.-Datum

Re.-betrag brutto

Re.-betrag netto

USt

USt-Satz

19.03.2001

xxx

xxx

xxx

16%

25.06.2001

xxx

xxx

xxx

16%

25.06.2001

xxx

xxx

xxx

16%

12.06.2002

xxx

xxx

xxx

16%

21.02.2003

xxx

xxx

xxx

7%

21.02.2003

xxx

xxx

xxx

7%

21.07.2003

xxx

xxx

xxx

7%

16.06.2003

xxx

xxx

xxx

7%

06.08.2003

xxx

xxx

xxx

7%

13.11.2003

xxx

xxx

xxx

7%

13.01.2004

xxx

xxx

xxx

7%

09.01.2004

xxx

xxx

xxx

7%

13.01.2004

xxx

xxx

xxx

7%

01.07.2004

xxx

xxx

xxx

7%

24.06.2004

xxx

xxx

xxx

7%

12.11.2004

xxx

xxx

xxx

7%

29.11.2004

xxx

xxx

xxx

7%

19.11.2004

xxx

xxx

xxx

7%

Die Zahlungen auf die von der Klägerin zuletzt im November 2004 erteilten Rechnungen gingen bei ihr im Jahr 2005 ein. Die vorher berechneten Entgelte wurden zeitnah bezahlt.

Mit Verfassung vom 23.12.2002 errichtete die Klägerin einen Betrieb gewerblicher Art mit der Bezeichnung „…” (nachfolgend „BgA Auftragsforschung” bzw. „BgA”). § 2 der Errichtungsurkunde, welche durch den Kanzler in Vertretung des Universitätsrektors unterzeichnet ist, hat folgenden Wortlaut: …

Im Rahmen des Verfahrens zur Überprüfung des Gemeinnützigkeitstatus des BgA erteilte der Beklagte der Klägerin mit den Schreiben vom 21.11.2006 die Auskunft, dass der Gemeinnützigkeitsstatus zu versagen sei. Daraufhin wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 12.12.2006, auf das Bezug genommen wird, an Y und bat um Begleichung der Differenz zwischen der in Rechnung gestellten Umsatzsteuer von 7% zur regulären Umsatzsteuer von 16%. Der Y lehnte die Begleichung dieses Differenzbetrages mit Schreiben vom 19.12.2006 ab.

Im März 2007 führte der Beklagte eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin für den Voranmeldungszeitraum Dezember 2006 durch. Gegenstand der Umsatzsteuer-Sonderprüfung war die Versteuerung der Umsätze aus dem Werkvertrag mit der Y. Im Prüfungsbericht vom 14.03.2007 war der Prüfer der Auffassung, dass die von der Klägerin ermittelte Mehrsteuer im Veranlagungsjahr 2006 umsatzsteuererhöhend zu berücksichtigen sei. Zur Begründung wird im Prüfungsbericht vom 14.03.2007 ausgeführt, dass die durch den BgA erbrachten Leistungen entgegen der Auffassung der Klägerin nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterlägen, da der BgA nicht die Voraussetzungen des § 68 Nr. 9 AO erfülle. Der BgA bestehe in erster Linie aus der vorliegend streitigen Studie. Dabei stehe nicht die Erzielung wissenschaftlicher Ergebnisse im Vordergrund; vielmehr diente die Studie in mindestens gleichwertiger Weise der Erstellung einer Kosten-/Nutzen-Analyse unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Die …-Studie habe kein medizinisches Ergebnis hervorgebracht, das bisher wissenschaftlich nicht gesichert gewesen sei. Der BgA sei zudem eher projektleitend tätig gewesen. Weiterhin sei durch die Tätigkeit nicht die Allgemeinheit unmittelbar gefördert worden. Auftraggeber seien die Träger von Krankenversicherungen gewesen, die wirtschaftlich von den Arbeitsergebnissen profitiert hätten. Es gelte daher der reguläre Steuersatz gem. § 12 Abs. 1 UStG. Die Umsatzsteuer entstehe mit Ablauf des Voranmeldungszeitraum Dezember 2006, in welchem die Leistung ausgeführt worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht der Umsatzsteuer-Sonderprüfung vo...

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