Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlungen von Jugendämtern an eine Tagesmutter nicht steuerfrei nach § 3 Nr. 11 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Zahlungen von Jugendämtern an eine Tagesmutter sind nicht ausschließlich für Zwecke der Erziehung bestimmt und damit auch nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 11
Tatbestand
Streitig ist, ob die an die Klägerin geleisteten Zahlungen der Stadt U, des Kreises E und der Stadt H für die Tagespflege von Kindern nach § 3 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei sind.
Die Kläger sind Ehegatten, die in den Streitjahren zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Die Klägerin hat eine Pflegeerlaubnis für Kindertagespflege nach § 43 des Sozialgesetzbuches (SGB) – Achtes Buch (VIII) und erzielte als Tagespflegeperson (sog. Tagesmutter) Einnahmen von Jugendämtern für ihre Leistungen im Rahmen der Kindertagespflege nach §§ 22 Abs. 1 Satz 2, 23 SGB VIII. Darüber hinaus erhielt die Klägerin in den Streitjahren von den Eltern der betreuten Kinder Zahlungen für die Verpflegung der Kinder (sog. Essensgeld). Die Eltern der betreuten Kinder konnten den Betreuungsumfang innerhalb der vorgegebenen Stundenkontingente selbst bestimmen. Ausweislich des Antragsformulars des Kreises E für die Eltern (für Kinder ab dem 1. Lebensjahr) muss bei einer beantragten Betreuung von 35 bzw. 45 Stunden je Woche ein Grund für den Bedarf der beantragten Betreuung angegeben und zwingend nachgewiesen werden. Wird der Nachweis nicht vorgelegt, kann danach die beantragte Förderung nicht gewährt werden. Als Gründe werden im Formular „Erwerbstätigkeit”, „Ausbildung”, „Teilnahme an einer Eingliederungshilfe in Arbeit (Hartz IV)” der Mutter und des Vaters sowie „sonstige Gründe” aufgeführt. Dabei sind Angaben zur Tätigkeit (Name und Anschrift der Arbeitsstelle, der Ausbildungsstelle, des Studienortes, Beginn der Erwerbstätigkeit bzw. Ausbildung bzw. Maßnahme, voraussichtliches Ende sowie der Umfang in Wochenstunden) zu machen. In den Richtlinien zur Kindertagespflege des Kreises E wird unter dem Punkt „Kinder unter drei Jahren” darauf hingewiesen, dass ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege im Umfang von maximal 25 Stunden wöchentlich ohne Nachweise über eine Beschäftigung der Eltern habe. Für einen Antrag auf Förderung im Umfang von mehr als 25 Stunden wöchentlich sind danach besondere Gründe (z.B. Erwerbstätigkeit beider Elternteile) darzulegen und nachzuweisen.
Die Klägerin betreute im Streitjahr 2014 in der Zeit von Januar bis Juli insgesamt sieben Kinder, davon ein Kind im Umfang von bis zu 40 Wochenstunden, ein Kind im Umfang von bis zu 35 Wochenstunden und fünf Kinder im Umfang von bis zu 15 Wochenstunden. Die Betreuungszeiten waren über die Woche jeweils so verteilt, dass stets nicht mehr als fünf Kinder gleichzeitig betreut wurden. Die Kinder, für die die Eltern 15 Betreuungsstunden je Woche gebucht hatten, betreute die Klägerin vormittags (von 8:00 Uhr bis 12:00 bzw. bis 13:00 Uhr sowie von 7:30 Uhr bis 12:30 Uhr). In der Zeit von August bis Dezember 2014 betreute die Klägerin ein Kind im Umfang von bis zu 40 Wochenstunden, ein Kind im Umfang von bis zu 35 Wochenstunden, ein Kind im Umfang von bis zu 20 Wochenstunden und ein Kind im Umfang von bis zu 15 Wochenstunden. Im Januar 2014 betreute die Klägerin in Vertretung darüber hinaus an zwei Tagen ein weiteres Kind aus dem Bereich der Stadt H.
In den Jahren 2015 und 2016 betreute die Klägerin jeweils insgesamt bis zu vier Kinder am Tag innerhalb des Zeitraumes von 7:30 Uhr bis 15:00 Uhr. Im Jahr 2015 betreute die Klägerin ein Kind im Umfang von bis zu 40 Wochenstunden, ein Kind im Umfang von bis zu 35 Wochenstunden, ein Kind im Umfang von bis zu 25 Wochenstunden und ein Kind im Umfang von bis zu 20 Wochenstunden. Im Jahr 2016 betreute die Klägerin ein Kind im Umfang von bis zu 35 Wochenstunden, zwei Kinder im Umfang von bis zu 25 Wochenstunden und ein Kind im Umfang von bis zu 20 Wochenstunden.
In der Zeit von Januar 2014 bis Dezember 2016 betreute die Klägerin über den gesamten Zeitraum verteilt insgesamt 12 verschiedene Kinder. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der mit Schreiben der Klägerin vom 30.09.2019 vorgelegten Übersichten zu den Betreuungszeiten Bezug genommen.
Die Zahlungen des Jugendamtes U, die für jedes Kind je Betreuungsstunde direkt an die Klägerin gezahlt wurden, setzten sich wie folgt zusammen: 3,57 € als Anerkennungsbeitrag für die Förderungsleistungen nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2a SGB VIII und 1,70 € als Erstattung angemessener Kosten über Sachaufwand nach § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII (Gesamtsumme: 5,27 € je Kind je Betreuungsstunde). Die Zahlungen des Jugendamtes E, die für jedes Kind je Betreuungsstunde gezahlt wurden, setzten sich wie folgt zusammen: 3,60 € als Anerkennungsbeitrag für die Förderungsleistungen nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2a SGB VIII un...