Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der Besteuerungsgrundlagen betreffend Grunderwerbsteuer 1986
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Gründe
Streitig ist verfahrensrechtlich, ob wegen der Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, und materiell-rechtlich, ob hinsichtlich eines Vertrages, mit dem alle Gesellschaftsanteile an einer nur grundbesitzhaltenden Kommanditgesellschaft übertragen worden sind, ein gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 42 AO der Grunderwerbsteuer unterliegender Grundstückserwerb vorliegt.
An der Fa. U. KG (KG) in Bünde waren Frau BE als Komplementärin und Frau UH als Kommanditistin beteiligt. Durch privatschriftlichen Anteilskaufvertrag vom 11.4.1986 veräußerten die Gesellschafterinnen ihre gesamten Anteile an der KG an die Herren WG und BG die die Gesellschaftsrechte zu 75 v. H. (WG als Komplementär) und 25 v. H. (BG als Kommanditist) übernahmen. Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beschränkte sich die Tätigkeit der KG auf die Verwaltung und Nutzung des in ihrem Eigentum stehenden Grundbesitzes, der sich aus 427 Wohnungen und 121 Garagen – in B und H belegen – zusammensetzte. Der Kaufpreis für den Erwerb der Gesellschaftsanteile in Höhe von 12.600.000 DM war am Übergabestichtag (1.7.1986) fällig. Von diesem Betrag entfielen 12.500.000 DM auf den Grundbesitz und 100.000 DM auf das übrige Geschäftsvermögen.
Dem Beklagten (Bekl.) (dem Finanzamt – FA –) wurde dieser Anteilskaufvertrag von den Beteiligten nicht angezeigt. Es erfuhr durch eine Mitteilung des Finanzamts für Großbetriebsprüfung B vom 16.11.1993 von diesem Vorgang. Auf das Schreiben des Finanzamts für Großbetriebsprüfung B vom 16.11.1993 nebst Anlagen wird verwiesen. Das FA sah die Übertragung sämtlicher Anteile an der KG als verdeckte Grundstücksveräußerung an und stellte mit Bescheid vom 26.11.1993 gegenüber den Herren WG und BG in Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Besteuerungsgrundlagen gesondert fest. Den Feststellungsbescheid schickte es an Herrn WG als Empfangsbevollmächtigten der WG + BG Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Als Wert der Gegenleistung setzte es den von den Beteiligten festgelegten Kaufpreis für den Grundbesitz in Höhe von 12.500.000 DM an, wonach es dem FAB 8.750.000 DM und dem FA H 3.750.000 DM zurechnete.
Gegen diesen Feststellungsbescheid legten die Herren WG u BG mit Schreiben vom 23.12.1993 Einspruch ein. Sie beantragten, den Feststellungsbescheid aufzuheben. Sie meinten, es sei davon auszugehen, daß der Anteilskaufvertrag dem FA angezeigt worden sei. Falls der Notar eine Anzeige nicht erstattet haben sollte, könne dieses Verhalten ihnen nicht angelastet werden. Im übrigen seien sie nicht verpflichtet gewesen, daß FA über den Erwerb der Gesellschaftsanteile in Kenntnis zu setzen. Der Anteilserwerb würde im materiell-rechtlichen Sinne keinen steuerlichen Erwerbsvorgang darstellen. Art. und Umfang der Tätigkeit der KG hätten einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Diesen Geschäftsbetrieb hätten sie nach dem Erwerb der Gesellschaftsanteile unverändert fortgeführt. Werde – wie hier geschehen – bei einem Wechsel aller Gesellschafter der Gesellschaftszweck gewahrt, so komme eine Steuerpflicht gemäß dem BFH-Urteil vom 30.10.1979 BStBl II 1980, 28 nicht in Betracht. Ebensowenig könne in dem Erwerb aller Anteile an der KG ein Mißbrauch von Gestaltungsformen im Sinne von § 42 AO gesehen werden. Für die vertragliche Gestaltung seien im wesentlichen wirtschaftliche Gründe maßgebend gewesen. Steuerrechtliche Gesichtspunkte hätten hierbei nur eine untergeordnete Rolle gespielt.
Der Bescheid sei hiernach nicht mehr zulässig gewesen, weil die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO abgelaufen sei.
Der Einspruch war erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 4.3.1994).
Hiergegen richtet sich die Klageschrift, die die jetzige Prozeßbevollmächtigte (damals noch Mitglied der früheren Prozeßbevollmächtigten, nämlich der Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatungssozietät EK und Partner) unter dem Datum vom 29.3.1994 unterschrieben und an das Niedersächsische Finanzgericht gerichtet hat. Als Anschrift für das Niedersächsische Finanzgericht ist darin „am Waterlooplatz 5, 30169 Hannover” angegeben. Die zutreffende Anschrift des Niedersächsischen Finanzgerichts lautet demgegenüber „Hermann-Guthe-Str. 3, 30519 Hannover”.
Nach Angaben der Prozeßbevollmächtigten erhielt das Büro der Prozeßbevollmächtigten die Klageschrift am Freitag, den 8.4.1994 von der Post zurück mit dem Vermerk „Empfänger unbekannt verzogen”. Die Klageschrift sei am 8.4.1994 wieder umgehend auf den Postweg gebracht worden.
Die Klageschrift vom 29.3.1994 ging am 11.4.1994 beim Niedersächsischen Finanzgericht in Hannover ein; Der mit der richtigen Anschrift versehene Briefumschlag enthält einen Poststempel vom 8.4.1994. Der Klageschrift waren außerdem die ersten 3 Seiten des Bp-Berichts der Großbetriebsprüfungsstelle B vom 9.9.1988 betreffend die Fa. H KG ...