Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis des niedrigeren Grundbesitzwertes
Leitsatz (redaktionell)
Ein gem. § 138 Abs. 4 BewG niedrigerer Grundbesitzwert kann nicht mittels eines im Rahmen einer Auflösungsvereinbarung zur Beendigung einer GbR gezahlten Entgelts (Wertausgleich) nachgewiesen werden. Dieses gilt selbst dann, wenn der Grundbesitz das alleinige Vermögen der GbR bildet.
Normenkette
BewG § 145 Abs. 3, § 138 Abs. 4, § 151 Abs. 5
Tatbestand
Streitig ist der festzustellende Grundbesitzwert.
Der Kläger gründete zusammen mit U und C 1997 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der Bezeichnung „S-GbR mit beschränkter Haftung” (im Folgenden: GbR). Der Kläger hielt einen Gesellschaftsanteil von 4/6, die beiden anderen Gesellschafter jeweils einen Gesellschaftsanteil von 1/6.
Die GbR war Eigentümerin von beim Amtsgericht H verzeichnetem Grundbesitz der Gemarkung L Flur 26, im Einzelnen:
Grundbuchblatt |
Flur |
Flurstück |
Größe/qm |
Anteil |
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2/10 |
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1/1 |
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1/1 |
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1/1 |
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1/1 |
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1/1 |
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gesamt |
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Die Gesellschafter U und C traten ihre Geschäftsanteile von jeweils 1/6 an der GbR zum Ablauf des 30.06.2012 an den Kläger ab. Die Abtretung erfolgte gegen Zahlung eines Abfindungsbetrags von jeweils X Euro. Zu dem verpflichtete sich der Kläger zur Freistellung der GbR von allen Verbindlichkeiten gegenüber der Bank 1, die sich zum 29.06.2012 auf insgesamt X Euro beliefen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 29.06.2012 (UR-Nr. des Notars R in A) Bezug genommen (Bedarfsbewertungsakte).
Der Beklagte sah in der Übertragung der Gesellschaftsanteile einen grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage, für den als Bemessungsgrundlage ein Grundbesitzwert im Wege der gesonderten Feststellung zu ermitteln sei. Der Beklagte stellte dementsprechend bei der dafür zuständigen Stelle im Finanzamt eine Anfrage zur Feststellung von Grundbesitzwerten für Grunderwerbsteuerzwecke.
Auf Aufforderung des Beklagten reichte der Kläger am 01.10.2012 eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts auf den 30.06.2012 ein. Den Bodenrichtwert gab der Kläger dabei mit 140 Euro an. Er beantragte den Ansatz eines niedrigeren gemeinen Werts in Höhe von X Euro. Der gemeine Wert des Grundstücks setze sich zusammen aus den gezahlten Abfindungen in Höhe von X Euro und der Schuldübernahme von X Euro (2/6 von X Euro).
Mit Schreiben vom 31.10.2012 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er dem Vortrag nicht folgen wolle. Er wies u. a. darauf hin, dass sich nach dem vom Kläger errechneten Verkehrswert von X Euro (X Euro × 3) nur ein Wert von X Euro je qm ergebe. Er beabsichtige, den Bodenrichtwert von 140 Euro zu Grunde zu legen.
Der Kläger erwiderte daraufhin, die GbR habe eine Vielzahl von Grundstücken in L erworben und vermarktet. Zu Beginn der Tätigkeit seien die besten Grundstücke zu 140 Euro/qm veräußert worden. Der festgesetzte Bodenrichtwert berücksichtige genau diese Kaufpreise. Nach Veräußerung dieser „Sahnegrundstücke” seien weitere gute Grundstücke zu einem Preis von 120 Euro/qm verkauft worden. Die jetzt noch verbliebenen Grundstücke seien aber nahezu unverkäuflich, was auch dadurch zum Ausdruck komme, dass seit rund 2 Jahren keine Veräußerungen mehr statt fänden.
Die jetzt durch die Auflösung der Gesellschaft erfolgte Veräußerung der verbleibenden Grundstücke an den Steuerpflichtigen sei ohne Zeitdruck oder irgendwelche Sonderinteressen der Beteiligten zu unter Fremden ausgehandelten Preisen erfolgt. Die ausgeschiedenen Gesellschafter hätten offensichtlich auch keine Möglichkeit gesehen – wohl auch vor dem Hintergrund der wachsenden „Landflucht” – die Grundstücke zu höheren Preisen zu vermarkten. Ein Wertansatz in Höhe von 140 Euro/qm sei nicht sachgerecht. Der tatsächliche Verkehrswert für die verbleibenden schwerverkäuflichen Grundstücke sei wesentlich niedriger.
Der Beklagte fragte beim Gutachterausschuss des Kreises A an, ob der Bodenrichtwert mit 140 Euro pro qm für die zu bewertenden Grundstücke zutreffend ermittelt worden sei. Der Gutachterausschuss antwortete daraufhin, dass der Bodenrichtwert zum Stichtag 01.01.2012 für die o. g. Flurstücke 140 Euro pro qm betrage. Der Beklagte stellte den Grundbesitzwert für die von der Übertragung der Gesellschaftsanteile betroffenen Grundstücke auf den 30.06.2012 auf insgesamt X Euro fest, sodass auf den Kläger ein Anteil von 2/6 = X Euro entfiel.
Für die Berechnung legte der Beklagte den Bodenrichtwert von 140 Euro abzüglich des Abschlags von 20 % nach § 145 Abs. 3 Satz 1 Bewertungsgesetz (BewG) in Höhe von 28 Euro zugrunde, der Bodenwert beträgt danach 112 Euro. Bei einer Fläche von X qm ergibt sich danach der Grundbesitzwert von abgerundet X Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 18.01.2013 über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 30.06.2012 für Zwecke der Grunderwerbsteuer Bezug genommen.
Der Bescheid ist nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Abgabenordnung (AO) vorläufig hinsichtlich der Frage, ob die Heranziehung des Grundbesitzwertes als Bemessungsgrundla...